Töpferei Pintz Töpferei Pintz: Tage am Dom sind gezählt

Naumburg - Etwas Außergewöhnliches hat sich Eva-Maria Pintz im vergangenen Oktober zu ihrem 65. Geburtstag von Freunden, Bekannten und Verwandten gewünscht: Zeit. „Ich habe eine Woche zusammenbekommen“, erzählt die Töpferin mit einem Lächeln. Verwendung hat sie dafür allemal. Im Sommer können sie und Ehemann Christian Wolff jede helfende Hand gebrauchen. Dann steht ihnen ein Umzug ins Haus. Für eben jenes am Domplatz 1, welches in den vergangenen knapp 14 Jahren ihr Zuhause mit integrierter Töpferei gewesen ist, hat der Vermieter - das ist kein geringerer als die Vereinigten Domstifter zu Merseburg und Naumburg und des Kollegiatstifts Zeitz - inzwischen größere Pläne. Geschmiedet worden waren diese, nachdem der Dom in die Unesco-Welterbe-Liste aufgenommen worden war. In der ehemaligen Bischofskurie soll demnach nicht länger irdene Ware geschaffen und feilgeboten werden, sondern ein Welterbezentrum Einzug halten.
Die Kunde, dass ihr Mietvertrag voraussichtlich Ende 2019 beendet werde, erhielten sie voriges Jahr. „Die Domstifter haben uns seither verschiedene Angebote unterbreitet und bei der Suche nach einem neuen Zuhause sehr unterstützt“, erzählt Eva-Maria Pintz. So sind sie für das private Heim bereits fündig geworden. „Wir werden weiterhin ganz in Dom-Nähe wohnen“, verrät, wenn auch etwas geheimnisvoll, Wolff. Gewiss vorbei ist ab Sommer die Zeit, in der Eva-Maria Pintz unter einem Dach wohnen, arbeiten und verkaufen konnte. Nun ist das Ehepaar auf der Suche nach einem Objekt in Stadtnähe, in dem sie die Töpferei samt ihrem Keramikmuseum unterbringen können.
Auch wenn sich die Töpferin im Juli zur Ruhe setzen könnte, wolle sie weiterhin an der Drehscheibe arbeiten und das Geschaffene - dann zu verkürzten Öffnungszeiten - feilbieten. „Für die nächsten drei bis fünf Jahre ist das okay und vorstellbar“, sagt die anerkannte Kunsthandwerkerin. Und auch Töpfermeister Wolff, der viele Jahre als Berufsschullehrer angehende Keramiker ausgebildet hat - bis 2016 dieser Zweig eingestampft wurde - und nun in anderen Fächern unterrichtet, würde in der Freizeit wie bisher seine Frau an der Drehscheibe tatkräftig unterstützen. Das Töpfern ist für beide Berufung. „Es geht nicht ohne, da haben wir zu viel Freude daran - eine glückliche Lage, die wir da haben“, betont Eva-Maria Pintz.
Zu ihrer beruflichen Bestimmung fand sie als 30-Jährige. Als Chemielaborantin war sie nicht glücklich geworden. Sie wollte mit den Händen etwas formen. Kurzum begab sie sich damals auf die Suche nach einer Töpfer-Ausbildung, die sich als langwierig und Ausdauer abverlangendes Unterfangen entpuppte. In Berlin traf sie auf eine Porzellandesignerin, die Eva-Maria Pintz in die Lehre nahm. Bevor sie vor allem der Liebe wegen 2005 nach Naumburg kam, hatte sie von 1985 an in Berlin Mitte ihre eigene Werkstatt samt Geschäft. Weil das Objekt saniert werden sollte und damit die Miete unerschwinglich werden würde, schaute sie sich damals nach einer neuen Werkstatt um. Hinter Wolff, einem gebürtigen Hallenser, liegen ebenfalls verschiedene Stationen. Unter anderem führte es den Töpfermeister nach seiner Ausbildung in Naumburg Anfang der 1970er-Jahre für eine Gesellentätigkeit in die privat betriebene Töpferei von Bettina und Günter Reichmann in Friedland bei Beeskow und von dort zur Lehrtätigkeit erst nach Eisenberg und später nach Naumburg. Seither hat der 63-Jährige der Domstadt nicht mehr den Rücken gekehrt.
„Wir sind hier angekommen und leben gern hier. Die Landschaft ist faszinierend, Naumburg eine kleine behagliche Stadt und,“, so Eva-Maria Pintz, „das Wichtigste, die Menschen sind sehr herzlich.“ Auf diese Herzlichkeit trafen sie oft auch in ihrer Töpferei, die sie zum Ort der Begegnung gemacht hatten, indem sie bei „Weihnachtliches in den Höfen“ oder beim Tag der offenen Töpferei stets mit von der Partie waren. Vielleicht waren sie das nun jeweils ein letztes Mal - falls es die künftige Werkstatt räumlich nicht hergibt. Finden sie für ihre Töpferei kein neues Domizil, müsste Plan B greifen. Den gibt es aber nicht. Doch „Naumburg“, so kommt es wie aus einem Mund, „wollen wir nicht verlassen.“

