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Theater Naumburg Theater Naumburg: Aus kantigem Holz

Von Jana Kainz 03.12.2018, 14:59
Haben sich, nachdem der Sohn ausgerissen war, wiedergefunden: Pinocchio (Antonio Gerolamo Fancellu, r.) und sein Papa, der Holzschnitzer Geppetto (Markus Sulzbacher).
Haben sich, nachdem der Sohn ausgerissen war, wiedergefunden: Pinocchio (Antonio Gerolamo Fancellu, r.) und sein Papa, der Holzschnitzer Geppetto (Markus Sulzbacher). Biel

Naumburg - Der gebrechliche Holzschnitzer Geppetto sehnt sich nach Ruhe. Doch als er der Arbeit den Rücken kehren will, hört er eine Stimme. Und tatsächlich, sie ertönt aus einem zappelnden Stück Pinienholz. Gep-petto greift zu Hammer und Meißel, und im Handumdrehen steht ein Junge aus Holz vor ihm - quirlig, frech und anarchisch. Neugierig auf die Welt, stürzt sich der Junge aus Holz in viele Abenteuer - seit Sonnabend nun auch auf der Bühne des Theater Naumburg, auf der Alexander Flaches „Pinocchio“-Inszenierung Premiere hatte. Allerdings fegt nicht jener Pinocchio über die Bühne und durch den Zuschauerraum, den das ältere Publikum aus Carlo Collodis Feder kennt, sondern in einer Bearbeitung für zwei Darsteller von Erpho Bell.

In dem knapp 60-minütigen Stück schlüpft Markus Sulzbacher in sieben Rollen, agiert eben nicht nur als Geppetto, sondern auch als Grille in Form einer Handpuppe, als listige Fuchskatze, als Fee, Docht, Zirkusdirektor und schließlich als ein halb verdauter Thunfisch. Er meistert Umzüge in kurzer Zeit, verstellt seine Stimme, robbt durch die Bühnenunterkonstruktion und führt erstmals eine Handpuppe, die, gebaut von Kristine Stahl, leider so gut wie das einzige märchenhafte Moment sein wird. Antonio Gerolamo Fancellu indes purzelt als Pinocchio aus dem Pinienklotz und gibt einen quirligen, naiven, freiheitsliebenden Jungen, der seinem Papa über den Kopf gewachsen ist.

Originell setzt Flache die Puppenwerdung Pinocchios in Szene und den von Lügen ausgelösten, für Pinocchio so typischen Nasenwachstum. Doch der fantastische Zauber, den man sich von einem Weihnachtsmärchen verspricht, will sich einfach nicht entfalten. Getrieben von der Inszenierung fällt Pinocchio von einem Abenteuer ins nächste. Insgesamt erscheint die Geschichte nicht ganz schlüssig und fließt trotz aktionsreicher Szenen eher lau dahin. Pinocchio reist auf dem Weg zur Schule aus. Er trifft auf die Grille, die ihm weise Ratschläge erteilt, auf die Fuchskatze, die es auf seinen Ranzen abgesehen hat, auf eine Fee, die ihn vor dem Holzwurm rettet, den ihm die Fuchskatze eingeflößt hat, er amüsiert sich, ohne Luft zu holen, mit Docht im Spielzeugland, verwandelt sich ganz nach seinem Wunsch in einen Esel und muss daraufhin in einem Zirkus parieren. Letztlich landet er im Bauch eines Riesenhais. In diesem trifft er auch auf Geppetto, wobei offen bleibt, wie und vor allem warum sein Papa ebenfalls von dem Hai verschluckt wurde.

Eingebaut sind einige gesellschafts- und wirtschaftskritische Pointen, womit, weil nur sie diese verstehen können, die erwachsenen Zuschauer in dem Kinderstück bedacht werden. Für die Jüngsten, willkommen sind immerhin Kinder ab fünf Jahren, kommt das Schauspiel eher nüchtern daher. Vielleicht liegt es an der von Nora Bräuer entworfenen Ausstattung. Irritierend ist nicht, dass das Bühnenbild auf das Wesentliche reduziert, sondern, dass nicht erkennbar ist, was die Holzkonstruktion, die verschiedene Orte in sich vereint, letztlich darstellen soll. Die Kostüme der „Randfiguren“ lassen kaum Rückschluss auf ihre Figur zu. Kindliche Fantasie hin oder her - gerade das junge Publikum braucht im Theater etwas fürs Auge. So fehlt es der Inszenierung letztlich am magischen, märchenhaften Funke.

Die Ratschläge der sprechenden Grille (geführt von Markus Sulzbacher) schlägt die Holzpuppe Pinocchio (Antonio Gerolamo Fancellu) in den Wind.
Die Ratschläge der sprechenden Grille (geführt von Markus Sulzbacher) schlägt die Holzpuppe Pinocchio (Antonio Gerolamo Fancellu) in den Wind.
Biel
Originell umgesetzt ist die Entstehung Pinocchios aus einem Stück Holz.
Originell umgesetzt ist die Entstehung Pinocchios aus einem Stück Holz.
Biel