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Straßenbahn Naumburg  Straßenbahn Naumburg : Wilde Zicke auf 120 Seiten

Von Constanze Matthes 15.10.2019, 07:51
Mit der Unterstützung seines Onkels hat Straßenbahn-Mitarbeiter Mike Ewald ein Buch über die Naumburger Ille verfasst.
Mit der Unterstützung seines Onkels hat Straßenbahn-Mitarbeiter Mike Ewald ein Buch über die Naumburger Ille verfasst. Torsten Biel

Naumburg - Einen Lieblingswagen hat er nicht. Wenn Mike Ewald über die Naumburger Straßenbahn erzählt, darf jene Anekdote nicht fehlen: „Mich fragen ab und an Touristen an der Haltestelle, wann denn die richtige Linienbahn kommt. Dann sage ich immer: Das ist sie!“ Der gebürtige Naumburger ist seit der Jugend eng mit der Ille verbunden. Heute ist er dort Mitarbeiter: Er fährt die historischen Wagen, kümmert sich um Fahrpläne und legt in der Werkstatt Hand an. Sein Arbeitsalltag ist abwechslungsreich. „Mir gefällt vor allem der direkte Kontakt zu den Fahrgästen“, sagt Ewald. Nun hat der gelernte Industriemechaniker, der seine Ausbildung im Zement-Werk in Karsdorf und die spätere Straßenbahn-Schule in Erfurt absolviert hat, ein Buch über die Geschichte und Gegenwart der Tram geschrieben.

Geschichte und Gegenwart auf 120 Seiten

Anfang November erscheint der reich bebilderte, rund 120-seitige Band im Sutton-Verlag mit Sitz in der thüringischen Landeshauptstadt. Am 12. November soll es dann auch eine Vorstellung des Buches in der Naumburger Gutenberg-Buchhandlung geben, das darüber hinaus an weiteren Stellen in der Innenstadt zu erwerben sein wird. Der Titel: „Die Naumburger Straßenbahn. Mit der Wilden Zicke durch die Domstadt“. „Das Buch beginnt mit dem Bau der Ille 1892 und geht bis zum August dieses Jahres, als der Vertrag mit der Stadt verlängert wurde und damit die Weichen für die nächsten Jahre gestellt wurden“, erzählt Ewald, der bereits seit 20 Jahren ehrenamtlich als stellvertretender Vorsitzender des Vereins der Nahverkehrsfreunde Naumburg-Jena ist.

Onkel als Journalist tätig

Für das Buch-Projekt weiß der Domstädter seinen Onkel Jürgen Seidel an der Seite, der als Journalist in Mecklenburg-Vorpommern tätig ist. Er bemerkte am Stand des Sutton-Verlags auf der Leipziger Buchmesse im vergangenen Jahr, dass es zwar eine Auswahl an Straßenbahn-Büchern gibt, aber eben noch keines zur Naumburger Ille. Diese Lücke musste geschlossen werden.

Während der Recherche und auf der Suche nach Material, Informationen wie Bildern, wurde Ewald an mehreren Stellen fündig: im Naumburger Stadtarchiv, in der Sammlung des Verbandes Deutscher Verkehrs-Amateure, im Straßenbahnmuseum im dänischen Skjoldenæsholm und natürlich im Archiv der Naumburger Straßenbahn. Außerdem erwiesen sich die Mitglieder des Vereins der Nahverkehrsfreunde als nützlich. Der ehemalige Fahrer Helmut Reich machte ihn mit einem „einmaligen Vorfall“ vertraut - mit dem von der Geisterbahn, einem Wagen, der 1985 kurzzeitig ohne Fahrer auf den Schienen unterwegs war.

Ille beförderte einst auch Post

Obwohl der Band in Kürze erscheinen wird, gibt es noch offene Fragen. So soll einst im Lindenring an der Ecke zur Herrenstraße ein Stop-Schild für Pkw gestanden haben. „Ich suche nach Fotos des Schildes, das es in Form eines beleuchteten Kastens gegeben hat“, sagt Ewald. Interessant auch die Geschichte, dass die Ille in den 40er-Jahren zwischen Hauptbahnhof und Stephanplatz die Post beförderte. Aber auch über die Zukunft lässt sich in einem, in den kommenden Jahren erscheinenden Buch sicherlich einiges berichten. Ein neuer Beiwagen wird in einer Fachwerkstatt in Halle hergerichtet. Eine Studie, vom Burgenlandkreis beauftragt, soll Varianten für die Rückkehr der Ringbahn herausarbeiten. Und 2021 wird die Arbeitsgemeinschaft historischer Nahverkehr in Naumburg tagen.