Stadtmuseum Stadtmuseum : Ein Künstler gibt Rätsel auf

Naumburg - Bilder in Öl, Tempera oder Aquarell wie „Niobe“, „Der Bäcker“ oder „Der kranke Bauer“ beeindrucken den Besucher der neuen Ausstellung in der Galerie im Schlösschen Naumburg. Grafiken und teils eher unscheinbare Landschaftsbilder hingegen irritieren. Was nach der Handschrift wenigstens zweier Künstler aussieht, stammt allein von einem in Reichenberg (heute Liberec, Tschechien) geborenen und in Naumburg gestorbenen Maler und Grafiker. „Erwin Müller (1893 - 1978). Die Wiederentdeckung eines vergessenen Malers.“ heißt denn auch die Ausstellung, die Sonnabend von Oberbürgermeister Bernward Küper eröffnet wurde und bis zum 12. November zu sehen ist.
Als Museumsdirektor Siegfried Wagner ihm einst voller Begeisterung erzählte, dass er die 2014 in Liberec gezeigte Erwin Müller-Ausstellung nach Naumburg holen könnte, habe sich das Stadtoberhaupt gewundert, dass er von dem Künstler noch nie etwas gehört hatte, erzählte er zur Vernissage. Als Müller Ende der 1970er Jahre in Naumburg starb, habe es weder einen Nachruf gegeben, noch tauchten Werke von ihm in der Öffentlichkeit auf. Er war spurlos von dieser Welt gegangen - zumindest in Naumburg.
Dass in der Domstadt das interessante, vielschichtige Werk eines Künstlers gezeigt werden kann, der in seinen frühen produktiven Jahren ein Vertreter der Neuen Sachlichkeit gewesen ist, dessen Werke von Sozialkritik geprägt sind und dessen Vita von einem unvergleichlichen Bruch gekennzeichnet ist, ist neben glücklichen Umständen, durch die ein Teil des Schaffens in Liberec erhalten geblieben ist, sowie drei tschechischen Privatsammlungen vor allem Kuratorin Anna Habánová zu verdanken. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin der Regionalgalerie Liberec, die Deutsch sprechen kann, wurde ihr die Aufgabe zuteil, deutschsprachige Maler zu bearbeiten. So traf sie auf Erwin Müller.
In einer mehrjähriger Forschungsarbeit trug sie teils mühsam interessante Fakten zu dessem Leben und Schaffen zusammen, von denen sie den Naumburgen Vernissagegästen erzählte. Trotz vieler Bemühungen habe sie aber bisher nicht herausfinden können, warum sich Müller nach dem Zweiten Weltkrieg in Naumburg niedergelassen hat. Künstlerisch fasste er hier als „ausgesiedelter“ Sudetendeutscher nie wieder Fuß. Warum - auch darauf fehlt die Antwort. Wagner vermag lediglich aus den wenigen, in dieser Zeit entstandenen Landschaftsbildern und Grafiken zu erkennen, dass Müller vermutlich die Liebe und Leidenschaft an der Malerei abhanden gekommen sei könnte.
„Das Rätsel, wie er nach Naumburg gekommen ist, werden wir noch lösen“, versprach die Kuratorin, die ihren achtjährigen Sohn Eduard und Ehemann Ivo mitgebracht hatte, der hin und wieder fotografierte. Die Bilder wird er zum Thema „Erwin Müller“ ins Internet stellen. Gestern reiste die Familie wieder gen Heimat - nicht nur, um weitere Müller-Rätsel zu lösen, sondern um Sohn Oliver (10) vom Ski-Trainingslager abzuholen.