Speerwurf Speerwurf: Olympia war greifbar nahe
Wetterzeube/MZ. - "In der Kategorie der 16- bis 17-Jährigen warf ich den Speer einmal 70 Meter weit", erinnert sich Matthias Hold, "das war eine meiner weitesten Distanzen und nur haarscharf vorbei am damaligen DDR-Rekord in dieser Altersklasse." Sogar den Meistertitel holte der heute 39-jährige Wetterzeuber damals einmal. Nach der Wende hatte er es schwer, kämpfte sich zurück und stand kurz vor einer Teilnahme bei den Olympischen Spielen 1996 in Atlanta. Erst eine schwere Verletzung beendete seine sportliche Karriere als Speerwerfer. Heute gibt Hold dem Nachwuchs seine Erfahrungen weiter - als Leichtathletik-Trainer bei Chemie Zeitz.
Ein hartes Brot
Mit acht Jahren stieg Hold in die Leichtathletik-Abteilung von "Stahl Wetterzeube" ein. Der kleine Ort südwestlich von Zeitz war zu dieser Zeit eine richtige Hochburg in sämtlichen Bereichen der Leichtathletik. "Bis 1985 war die Norm für die Teilnahme an der Bezirksmeisterschaft sehr hoch", weiß er, "regelmäßig fanden Sichtungswettkämpfe statt, wo die jungen Sportler nach ihren körperlichen Voraussetzungen eingeteilt wurden." Hold hatte schon auf Kreisebene beim Ballwurf auf sich aufmerksam machen können und wurde daher automatisch in diese Sparte gelenkt - womit er jedoch nie unglücklich war.
Als großes Talent kam er auf die Kinder- und Jugendsportschule in Halle und wohnte zusammen mit anderen Werfern in Kröllwitz im Internat. "Es war ein wirklich hartes Brot damals", berichtet er. "Als 13-Jähriger bereits das traute Zuhause verlassen zu müssen und die Eltern nur noch an den Wochenenden sehen zu können, fiel mir nicht leicht." Das Trainingspensum sei überaus hart gewesen. "Nicht zu vergleichen mit den Übungseinheiten in Wetterzeube", so Hold. Von Jahr zu Jahr fand eine deutliche Steigerung in den Anforderungen statt. Des Weiteren besuchten die jungen Athleten natürlich ganz normal weiterhin die Schule. Der normale Unterricht wechselte sich dabei mit dem täglichen Training ab. "Ich hatte oft bis 18 Uhr zu tun. Freizeit blieb da kaum", sagt der frühere Olympia-Aspirant. Dieser Druck war für viele seiner Mitstreiter wohl zu hoch gewesen. Bis zur 10. Klasse waren von allen Sportschülern, die mit ihm zusammen nach Halle delegiert worden waren, nur er übrig geblieben.
Steiler Aufstieg
"Mit 14 kam bei mir ein richtiger Schub", sagt Hold. Mit dem 800-Gramm-Speer schaffte er es auf gute 56 Meter und mit 16 errang er bei der letzten DDR-Meisterschaft den 1. Platz. "Schon das Jahr davor hätte ich gute Aussichten auf den Titel gehabt, jedoch konnte ich verletzungsbedingt nicht am Wettbewerb teilnehmen", erklärt der 39-Jährige. Durch die strukturellen Veränderungen nach der Wende wurde der Aufwärtstrend zunächst gebremst. Hold wechselte über Jena nach Karlsruhe, wo er unter dem damaligen Bundestrainer Georg Baur trainierte. Boris Henry, der heute die Männer des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) trainiert, wurde Solds härtester nationaler Konkurrent im Kampf um Medaillen. "Lange Zeit war es ein Wettstreit auf Augenhöhe", erinnert sich Hold, "doch nach der Deutschen Meisterschaft in Erfurt 1994 - bei der ich nur Siebter und Henry Dritter wurde - verlor ich den Anschluss."
1996 versuchte sich der damals 24-Jährige noch einmal als Vollprofi. Die Vorbereitung sei gut verlaufen, bei der beabsichtigten Teilnahme in Atlanta wäre sicherlich eine gute Platzierung möglich gewesen. "Doch kurz vor den Olympischen Spielen riss ich mir sämtliche Bänder im linken Fuß", sagt er mit leicht wehmütigem Blick. "Ich verlor den Mut weiterzumachen und zog einen Schlussstrich!" Hold holte sein Abitur nach und studierte. Er wurde Bauingenieur und gründete eine Familie - seine Profikarriere war Geschichte.
Wichtiger als eigener Erfolg
Seit 2005 ist er Leichtathletiktrainer im Bereich Wurf bei SG Chemie Zeitz: "Wie viele andere Vereine und Sportbereiche auch, haben wir große Nachwuchssorgen. Und das, obwohl zwei meiner Schützlinge es schon weit gebracht haben." Fritzi Devant wurde Mitteldeutsche Meisterin im Speerwerfen in der Altersklasse 14 - Steven Selzer Zweiter. "Das macht mich stolz und bedeutet mir noch mehr als meine eigenen sportlichen Erfolge", so Hold. Während Devant, genau wie er damals, auf die Sportschule in Halle geht, hat Selzer seine sportliche Laufbahn aus familiären Gründen bereits wieder beendet. "Es ist schade um den Jungen. Er hätte es weit bringen können", meint der Trainer. Auch sein eigener Sohn Tizian (12) war bis letztes Jahr in der Leichtathletikgruppe seines Vaters - als Speerwerfer, wie sollte es anders sein. Er zog es aber vor, zum Basketball zu wechseln. Im Team verbleiben noch seine beiden Töchter, Emily und Clara (beide 7). "Natürlich bin ich traurig, dass mein Sohn nicht mehr dabei ist. Aber das ist schon in Ordnung so. Er hat nun mal seinen eigenen Kopf", sagt der Familienvater lächelnd und wirft dem eben um die Ecke biegenden Sohnemann einen Basketball zu.