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Schloss Goseck Schloss Goseck: Einst größer als der Dom

Von Sebastian Krziwanie 29.06.2016, 12:59
Nahe Naumburg, hoch über dem Saaletal, erhebt sich das Schloss Goseck, das früher Burg und Kloster war.
Nahe Naumburg, hoch über dem Saaletal, erhebt sich das Schloss Goseck, das früher Burg und Kloster war. dpa

Goseck - Goseck - Kenner der Tourismusroute Himmelswege wissen mit dem Ort nahe Naumburg selbstverständlich etwas anzufangen. 1991 entdeckten Archäologen vor den Toren der Ortschaft die Überreste des ältesten Sonnenobservatoriums der Welt.

Der Nachbau der Kreisgrabenanlage zählt mittlerweile zu den touristischen Höhepunkten im Land. Doch Goseck ist um mindestens eine weitere Attraktion reicher. Befindet sich hier doch ein Schloss mit einer ganz wechselvollen Geschichte. Es ist jedoch eine Anlage, die fast im Verborgenen blüht.

Kommt man die Straße durch Goseck entlang, macht sich schon Erstaunen breit, wenn am Dorfende plötzlich das große Eingangsportal des Schlosses erscheint. Ein Eindruck, der sich beim Betreten des Schlosshofes noch einmal verstärkt. Alte Gemäuer, links und rechts. Ein Schloss aber?

Umso imposanter ist der Eindruck, wenn man einen anderen Weg wählt und sich vom Sonnenobservatorium aus zu Fuß durch den angrenzenden Wald dem Ensemble nähert.

Am Ende eines Pfades, der immer wieder den Blick auf das Saaletal freigibt, steht hoch aufgerichtet und weithin sichtbar das jahrhundertealte Schloss. Schon der Dichter Novalis erfreute sich an dem landschaftlich beeindruckenden Anblick.

Monumentaler Kirchenbau

890 wird Goseck erstmals im Hersfelder Zehntverzeichnis, einem Abgabenverzeichnis der Reichsabtei Hersfeld, erwähnt. Doch über die einstige Burg ist heute so gut wie nichts bekannt.

Einen Namen macht sich Goseck in den folgenden Jahrhunderten als Benediktinerabtei. 1041 gegründet, war die Klosteranlage geprägt von einer beeindruckenden Kirche, deren Ausmaße sich heute nur noch erahnen lassen.

„Vorbild für diesen einstigen Monumentalbau ist der Kaiserdom zu Speyer gewesen, und im Mittelalter war die Kirche zu Goseck lange Zeit größer als der Dom in Naumburg“, weiß Robert Weinkauf, Vorstand des Schloss Goseck e.V., zu berichten.

Jedoch nur im Ostteil der heutigen Schlosskirche sind Teile des Baus im Kern erhalten geblieben: die Außenwände bis unterhalb der Traufgesimse, die Krypta und die großen Vierungsbögen. Grund dafür war, dass im Zuge der Reformation um 1540 das Kloster aufgelöst wurde.

Das Ende der kirchlichen Nutzung markiert zugleich den Beginn der Schlossgeschichte. Denn nachdem die Mönche die Anlage verlassen mussten, nahmen verschiedene Besitzer, die allesamt im sächsischen Staatsdienst standen, das ehemalige Kloster zu ihrem Wohnsitz.

So erfolgte die grundlegende Neugestaltung hin zum Schloss zwischen 1609 und 1635 unter Bernhard von Plönitz. Dieser ließ die Klausur und den Großteil der Klosterkirche abreißen und einen Renaissancebau errichten.

Eine weitere einschneidende Zeit erlebte die Anlage ab 1840. In diesem Jahr kam Goseck in den Besitz der Grafen von Zech-Burkersroda. Noch heute zeugt davon das Wahrzeichen des Schlosses – ein Ginkgo-Baum. Dieser wurde im Hof gepflanzt, als die Familie das Schloss in Besitz nahm.

Nach der Enteignung der Grafen 1945 diente das Schloss als Schule beziehungsweise als Jugendherberge. Die Kirche jedoch blieb ungenutzt und wurde vor allem in den 1970er Jahren in Mitleidenschaft gezogen.

Die wertvollen Epitaphien, die Familiengruft und die Orgel wurden schwer beschädigt oder zerstört. „Als man mit der Wiederherstellung der Kirche begann, musste man erst einmal Berge von Müll rausräumen“, erzählt Weinkauf.

Ansprechende Ausstellung

Umso erfreulicher gestaltet sich heute ein Besuch. In einer ganzen Reihe von aufwendigen Baumaßnahmen bildete die Sanierung des ehemaligen Gotteshauses von 2011 bis 2013 den vorläufigen Höhepunkt.

Chor, Altarraum, südliches wie nördliches Querhaus sowie die Krypta laden Gäste ein, in die Geschichte des Schlosses einzutauchen. Ein ansprechendes Ausstellungskonzept mit Hörstationen und Touchscreen-Monitoren ist für Laien ebenso verständlich erklärt wie für Architektur- und Geschichtsinteressierte.

Noch eindrucksvoller kann da nur eine Führung durch die Ausstellung mit „Burgherr“ Weinkauf werden. Denn je nach Stimmung lässt er schon mal mittelalterliche Lieder in dem Gemäuer erklingen.

Dass er dies macht, kommt nicht von ungefähr. Denn Weinkauf fungiert gleich in mehreren Rollen. Unter anderem ist er auch Mitglied im „montalbâne“-Ensemble. Dies ist eine einzigartige Zusammenarbeit von Musikern, die sich auf mittelalterliche und traditionelle Musik spezialisiert haben und Goseck als ihren „Stammsitz“ nutzen.

Und überhaupt werden Musik und Kultur auf dem Schloss großgeschrieben. So gehören die monatlich stattfindenden „Schenken-Konzerte“ zu den Grundfesten des vielfältigen Veranstaltungsprogramms. Darüber hinaus sorgt nicht zuletzt die alljährliche Novalis-Nacht am 5. Oktober dafür, dass sich Goseck zu einem Obelisken in der regionalen Kulturlandschaft gemausert hat. (mz)

Der Altarraum der Schlosskirche mit Kruzifix und Plönitz-Epitaph.
Der Altarraum der Schlosskirche mit Kruzifix und Plönitz-Epitaph.
Krziwanie