Pfingsten Pfingsten: Übermächtige Weinmeile

Mertendorf - Am Wochenende werden wieder Zehntausende von nah und fern zur Saale-Weinmeile pilgern. Sie bekommen ein positives Bild von unserer Region und bringen den Tourismus-Unternehmen guten Umsatz. Doch wo es so viele Gewinner gibt, findet man auch Verlierer - und das sind die Pfingstgesellschaften. Vor 20 oder 30 Jahren waren sie an diesem langen Wochenende noch die „Party-Könige“. Gegen die Anziehungskraft der Weinmeile sehen sie nun jedoch kaum einen Stich. „Wir haben das bei der Terminüberlegung vor der ersten Weinmeile durchaus im Blick gehabt und wollten niemandem schaden. Doch nachdem es im ersten Jahr so gut lief, gab es keinen Weg mehr zurück“, erinnert sich der Roßbacher Winzer Stephan Herzer.
Mitgliederzahl sinkt
Eine der Pfingstgesellschaften, die von dem Problem betroffen sind, ist die aus Mertendorf. Zwar gibt man sich weiter alle Mühe, doch die Hochzeiten sind vorbei. Mit 24 Mitgliedern hat man nun deutlich weniger als einst. Und auch die früheren Besucherzahlen zum Tanz werden nicht mehr erreicht. „Früher war es ein Highlight, als 17-Jähriger bei den Pfingstburschen mitmachen zu können. Doch das ist heute leider nicht mehr so“, erzählt Vereinsmitglied Kevin Wagner. Warum? Dafür hat sein Vereinskamerad Stephan Seidel eine Erklärung, die nur am Rande mit der Weinmeile zu tun hat: „Bei uns geht es eben nicht nur ums Saufen. Sondern es müssen Dinge organisiert und auf- und abgebaut werden. Zudem werden Unpünktlichkeit und Abwesenheit mit einem Strafenkatalog sanktioniert.“ Da sei es eben einfacher, irgendwo hinzugehen und sich nur bespaßen zu lassen.
Doch die Konkurrenz wirkt sich natürlich nicht nur aufs Vereinsleben, sondern auch auf die Kasse aus. Weniger Gäste gleich weniger Einnahmen. In Mertendorf musste schon das Eierbetteln, das es einst nach Pfingsten gab, dran glauben. Auch Maien, also Birken, werden seit etlichen Jahren nicht mehr vor den 320 Haushalten gesetzt, dafür aber nun Rosen verteilt.
Doch klein beigeben will man in Mertendorf nicht. „Unser Kindertanz, den nun Erzieherin Samira Deckert organisiert, ist nach einer Durststrecke wieder sehr beliebt“, erzählt Kevin Wagner. Für den Samstagabend habe man mittlerweile mit „Spätsünder“ eine Band engagieren können, die sehr gut ankommt. Und der Frühschoppen am Pfingstmontag sei mit Blasmusik und Tombola eh immer ein Highlight. Denn dann gibt es für die Mitglieder mit dem größten Strafenregister auch gleich mal eine öffentliche Dusche mit einem Eimer kaltem Wasser. Stets ein großer Spaß für alle Zuschauer.
Aufgabe für Heimatentdecker
Stephan Seidel und Kevin Wagner nehmen übrigens als „Heimat-Entdecker“ auch an der diesjährigen Leser-Aktion unserer Zeitung teil. Und dort ist die Aufgabe 39, mit der wir den Dörfern wenigstens ein bisschen unter die Arme greifen wollen, für sie natürlich ein Kinderspiel. Denn diese lautet nämlich: „Besuch einer Veranstaltung einer Pfingstgesellschaft (Weinmeile zählt natürlich nicht)“.
