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Ohne Schlüssel zum Erfolg Ohne Schlüssel zum Erfolg: Schließtechnik aus Kleinhelmsdorf punktet auf dem Weltmarkt

Von Iris Richter 03.04.2018, 05:00
Christian Becker montiert einen digitalen Schließzylinder. Der 39-Jährige arbeitet seit zwanzig Jahren im Unternehmen SimonsVoss , das voll auf Handarbeit setzt. Weil die Geschäfte gut laufen, wird das Firmenareal nun um einen Neubau erweitert.
Christian Becker montiert einen digitalen Schließzylinder. Der 39-Jährige arbeitet seit zwanzig Jahren im Unternehmen SimonsVoss , das voll auf Handarbeit setzt. Weil die Geschäfte gut laufen, wird das Firmenareal nun um einen Neubau erweitert. Iris Richter

Kleinhelmsdorf - Was haben Paris und der Osterfelder Ortsteil Kleinhelmsdorf gemeinsam? Die Antwort ist ganz einfach: Schlösser. Natürlich nicht solche historischen Kostbarkeiten wie das weltberühmte Schloss Versaille. Sondern ganz gewöhnliche Türschlösser. Wobei das Adjektiv gewöhnlich eher fehl am Platz ist. Denn die Rede ist von hochmodernen digitalen Schließeinrichtungen, mit denen jüngst die Pariser Oper ausgestattet wurde.

Die 250 sogenannten Smart-Handles, die das Musiktheater benötigte, wurden im Kleinhelmsdorfer Unternehmen SimonsVoss gefertigt. Das digitale Türschlosssystem, das ohne Zylinder auskommt und im Unternehmen selbst entwickelt wurde und patentiert ist, wird seit 2014 in Kleinhelmsdorf gebaut.

Seit fünf Jahren ist der international agierende Schließtechnikhersteller in Kleinhelmsdorf

Seit fünf Jahren ist der international agierende Schließtechnikhersteller, der seit 2015 als selbstständige GmbH zum amerikanischen Sicherheitstechnik-Konzern Allegion gehört, im Gewerbegebiet Heidegrund-Süd ansässig. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Unterföhring, das bis dato im thüringischen Petersberg produzierte, investierte damals rund sechs Millionen Euro in den Neubau der Produktionsstätte im Wethautal. Doch die ist mittlerweile längst zu klein geworden, denn die Geschäfte mit den schlüssellosen Schließsystemen laufen gut.

„Der Sicherheitstechnikmarkt wird noch von der mechanischen Schließtechnik beherrscht, doch die Entwicklung in der digitalen Welt bietet auch uns große Chancen. Wir haben Mitte der 90er Jahre auf ein Pferd gesetzt, das jetzt richtig ins Laufen kommt“, sagt Betriebsleiter Peter Heimbürge.

Allein 2017 hat SimonsVoss in Kleinhelmsdorf 63 Millionen Euro umgesetzt

Denn seit Produktionsstart am Kleinhelmsdorfer Standort sind die Umsätze des Unternehmens um 50 Prozent gewachsen. Allein im vergangenen Jahr hat man 63 Millionen Euro umgesetzt. Tendenz steigend. Auch die Zahl der Mitarbeiter ist von 80 Angestellten im Jahr 2013 um über 50 Prozent gestiegen. Deshalb soll nun erweitert werden.

Der Osterfelder Stadtrat gab in seiner jüngsten Sitzung für den Erweiterungsbau schon mal grünes Licht, in dem er den Verkauf einer nötigen Fläche beschlossen hat. Gegenwärtig laufen die Planungen für den Neubau eines zweiten Produktionsgebäudes im Unternehmen auf Hochtouren. „Noch in diesem Jahr soll Baubeginn sein, im kommenden Jahr wollen wir einziehen“, sagt Heimbürge.

Gewerbestandort Kleinhelmsdorf beinhaltet für SimonsVoss auch zahlreiche Hindernisse

Doch was sich jetzt so einfach anhört, stand anfangs auf wackeligen Füßen. Denn weil der Gewerbestandort Kleinhelmsdorf für SimonsVoss auch zahlreiche Hindernisse beinhaltet, stand sogar im Raum, sich von hier zurückzuziehen. Schlechter Wasserdruck, mangelhafte Abwasserentsorgung, unzureichende Energieversorgung, zu langsames Internet - all das sind Probleme, mit denen sich die Firma herumplagt und die man überbrücken muss. Um beispielsweise die Versorgung mit Strom zu verbessern, investiert die Firma im Zusammenhang mit dem Erweiterungsbau in eine Mittelspannungstrafostation auf dem Betriebsgelände.

Dass der Ausbau des Breitbandnetzes im Burgenlandkreis endlich vorangeht, darauf kann man hingegen nur hoffen. „Der amerikanische Konzern, zu dem wir seit zwei Jahren gehören, hat mit der Entscheidung für den Neubau in Kleinhelmsdorf trotz aller Schwierigkeiten auch die Absicht zementiert, weiterhin in Deutschland zu produzieren“, so der Betriebsleiter, der froh über die Entscheidung ist. Auch weil sie bedeutet, dass weitere Arbeitsplätze in der Region entstehen. Dabei sei es gar nicht so einfach, geeignetes Personal für die oft kleinteilige Handarbeit zu finden. Deshalb setzt man seit dem vergangenen Jahr auf einen Probearbeitstag, damit sowohl das Unternehmen als auch der potenzielle Mitarbeiter entscheiden könne, ob es passt.

Amerikaner schätzen deutsche Qualität und Zuverlässigkeit

Ein Hauptgrund für die Amerikaner, weiter auf den Standort Deutschland zusetzen, sei auch gewesen, dass Kunden überall auf dem Globus deutsche Qualität und Zuverlässigkeit schätzen. Dazu wollen auch die Kleinhelmsdorfer weiter beitragen. Denn schließlich würden gute Qualität sowie flexible Fertigungs- und Liefermöglichkeiten den Erfolg des mittelständischen Unternehmens ausmachen, ist Heimbürge sich sicher. So könne man schon jetzt 85 Prozent der Produkte innerhalb von zwei Wochen liefern. Ein Plus, dass die Kleinhelmsdorfer von anderen Sicherheitstechnikherstellern unterscheide.

Mit dem Erweiterungsbau könnten aktuelle Produktionsprozesse optimiert, aber auch neue Produkte hergestellt werden. Zudem will man weitere neue Märkte erschließen, etwa bei privaten Nutzern. Denn auch hier sei digitale Schließtechnik zunehmend gefragt. (mz)

Ein klassischer Schlüssel wird bei den digitalen Produkten des Unternehmens nicht benötigt.
Ein klassischer Schlüssel wird bei den digitalen Produkten des Unternehmens nicht benötigt.
Iris Richter