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Nach Urteil des Bundesverfassungsgerichts Nach Urteil des Bundesverfassungsgerichts: Was tun, wenn Sanktionen nicht wirken?

Von Martin Walter 12.12.2019, 07:37
Ein Stapel mit Akten liegt in der Posteingangsstelle eines Gerichts.
Ein Stapel mit Akten liegt in der Posteingangsstelle eines Gerichts. dpa

Weißenfels/Zeitz - Am 5. November hat das Bundesverfassungsgericht geurteilt, dass Kürzungen des Arbeitslosengelds II, also des sogenannten Hartz IV, um mehr als 30 Prozent innerhalb eines Jahres nicht mit dem Grundgesetz der Menschenwürde vereinbar sind.

Das bringt auch für das Jobcenter Burgenlandkreis Änderungen mit sich, wie dessen Leiter Herwig Fischer beim Betriebsausschuss erklärte: „Die Bundesagentur für Arbeit gibt Weisungen aus, wie das Urteil in die Praxis umzusetzen ist. Wir passen nun die Rechtsfolgenbelehrung und die Sanktionen auf die neue Gesetzeslage an.“

Circa 30 Betroffene

Im Burgenlandkreis gebe es derzeit circa 30 Fälle, bei denen die Leistungen über 30 Prozent gekürzt wurden. „Das sind Menschen, die eine Arbeit oder Maßnahme wiederholt nicht angetreten haben“, erklärt Fischer. Zwar habe deren Zahl abgenommen, da die Zahl der Leistungsempfänger generell sinke.

Waren es 2008 im gesamten Burgenlandkreis noch 16.965 Bedarfsgemeinschaften mit Anspruch auf Hartz IV, ist deren Anzahl bis 2018 nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit um über ein Drittel auf 10.244 gesunken. Prozentual sei der Anteil der Menschen, die ihre Mitwirkung verweigern, in den vergangenen Jahren aber in etwa gleichbleibend.

Urteil sieht man seitens des Jobcenters Burgenlandkreis kritisch

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts sieht man seitens des Jobcenters Burgenlandkreis kritisch. Der Betriebsleiter selbst ist ein Befürworter der Leistungskürzungen, da dies die einzige Handhabe sei, einige Leute zur Mitarbeit zu bewegen. „Wir als Jobcenter sind froh, dass bestimmte Sanktionen erhalten bleiben“, sagt Fischer. Doch gerade junge Menschen würden sich kaum daran stören.

„Sie verfallen bei Kürzungen über 30 Prozent nicht in Aktionismus“, sagt Fischer. Aber auch bei den Langzeitarbeitslosen würden die Fälle „schwerer und härter“. Als solcher gilt, wer über ein Jahr arbeitslos gemeldet ist. Deren Anteil an allen Arbeitslosen im Landkreis betrug 2018 36,4 Prozent. Je länger jemand arbeitslos ist, desto schwieriger wird es, ihn wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Der Umgang mit ihnen erfordere deshalb sowohl „Fingerspitzengefühl, aber auch Druck“.

Besuch von Sozialarbeitern

Dafür gibt es die sogenannte „aufsuchende Hilfe“. Konkret heißt das: „Bei dem Klientel, welches sich verwehrt, schicken wir Sozialarbeiter. Sie sprechen mit den Leuten und versuchen, sie wieder bei uns an den Tisch zu bekommen“, so Fischer. (mz)