Mütter am Limit Mütter am Limit: Wie können Alleinstehende Familie und Beruf unter einen Hut bringen?

Freyburg - „Ich fühle mich wie nach einem Sechser im Lotto“ - Antje Müller-Krumpe ist anzumerken, dass sie froh ist, nach einem Jahr Arbeitslosigkeit einen Job gefunden zu haben. Zu verstehen ist das hingegen nur, wer den Hintergrund kennt: Die 36-Jährige hat drei Kinder im Alter von zwei, fünf und sieben Jahren. Die Realität besagt, dass die meisten Unternehmen davor zurückschrecken, Mütter mit mehreren Kindern einzustellen.
Nicht so Peter Specht, der Inhaber einer Firma in Freyburg, der nach einer Arbeitskraft Ausschau hielt. „Mich hat nicht im geringsten gestört, dass die Frau drei Kinder hat“, erklärt der Geschäftsmann, der sechs Mitarbeiterinnen in seiner Regelungstechnik-Firma beschäftigt. Die repariert defekte Heizungsregler von zumeist älteren Heizungsanlagen.
Kunden kommen auch aus der Schweiz, Slowenien sowie Schweden
Die Kunden kommen vor allem aus Deutschland, Österreich, aber auch aus der Schweiz, Slowenien sowie aus Schweden. Einige Frauen, die bei ihm schon längere Zeit arbeiten, hätten ebenfalls Kinder, so dass er die Problematik sozusagen aus Erfahrung kenne. „Ich habe mich bestimmt bei 50 Unternehmen beworben, nur Absagen habe ich erhalten“, fügt die gelernte Lebensmitteltechnikerin hinzu.
Um endlich in Arbeit zu kommen, habe sie in einer Bewerbung ihre Kinder nicht erwähnt. „Prompt habe ich eine Einladung zu einem Einstellungsgespräch erhalten“, erzählt sie. Als sie dort aber noch einmal auf Herz und Nieren personell durchgecheckt worden sei, habe sie schließlich von ihren drei Kindern erzählt. Zum Abschluss des Einstellungsgesprächs sei ihr mitgeteilt worden, dass sie vom Betrieb hören werde. „Auf diese Antwort warte ich noch heute“, sagt sie. Umso glücklicher sei sie nun, Arbeit gefunden zu haben, der sie seit dem 1. März dieses Jahres nachgeht.
Wie sind Familie und Arbeit unter einen Hut zu bringen?
Die wichtigste Frage, vor der Antje Müller-Krumpe steht, lautet: Wie sind Familie und Arbeit unter einen Hut zu bringen? Es sei extrem schwierig, berichtet die Mutter: „Abends im Bett denke ich manchmal, ,das packst du nicht lange.’ Aber dann sage ich mir wieder, dass du den Kindern etwas bieten willst. Also verdränge ich meine Zweifel“, so die dreifache Mutter, die nach einem Arbeitstag eine „zweite“ Schicht dranhängen muss, sprich: Einkaufen, saubermachen, sich um die Kinder kümmern.
Und dann geschieht genau das, was viele Arbeitgeber fürchten: Das Kind wird krank. Dies ist auch der 36-Jährigen passiert. Ihre kleine Tochter erkrankte bisher zwei Mal. „Ich hatte ein schlechtes Gewissen“, ergänzt Antje Müller-Krumpe, deren Mann Maik als Fernfahrer arbeitet und nur an den Wochenenden zu Hause ist. „Ich weiß, wie es ihr ergeht“, erklärt Peter Specht, er habe selbst noch zwei kleine Kinder und könne sich gut in ihre Lage versetzen. „Ich habe gewusst, worauf ich mich einlasse“, fügt der Geschäftsmann hinzu. Er habe den Ausfall abfedern können.
Arbeitslose Alleinstehende
Laut Agentur für Arbeit in Weißenfels waren im März 2017 von 8.458 Arbeitslosen im Landkreis 879 arbeitslose Alleinstehende, davon 789 Frauen. Gegenüber 2016 sank bei den Frauen die Arbeitslosenrate um 11,4 Prozent, bei Männern stieg sie an (8,4 Prozent). „Alleinerziehende haben es auf dem Arbeitsmarkt nach wie vor schwer und brauchen besondere Unterstützung“, sagt Jary Hicksch, sie ist Bereichsleiterin operativ in der Agentur.
Gerade für sie bedeuten die Teilhabe am Erwerbsleben und das gleichzeitige Organisieren der Kinderbetreuung eine große Herausforderung. Flexible Arbeitszeitangebote, individuelle Qualifizierungsmaßnahmen und ausreichende Kinderbetreuungsmöglichkeiten sind daher für sie von besonderer Bedeutung. Frauen suchen häufig Stellen im Dienstleistungsbereich, so im Handel, der Gastronomie oder in der Pflege. In diesen Branchen gelten aber häufig Arbeitszeiten am Abend oder Wochenende.
Benötigt werden bezahlbare flexible Betreuungsformen, um den Anforderungen der Arbeitgeber gerecht zu werden. Es gilt, die Rahmenbedingungen für diese Gruppe zu verbessern, damit mehr Firmen das Fachkräftepotenzial von Alleinerziehenden erkennen. (mz)