1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Burgenlandkreis
  6. >
  7. Leute von nebenan: Türk Wunderlich: Leute von nebenan: Türk Wunderlich: Der Vier-Tage-Bäcker

Leute von nebenan: Türk Wunderlich Leute von nebenan: Türk Wunderlich: Der Vier-Tage-Bäcker

Von Andreas Löffler 14.02.2020, 15:46
Türk Wunderlich befüllt in seiner Backstube in Bucha Kleingebäck mit Sahne. Seit 1983 ist er dort als privater Bäcker aktiv.
Türk Wunderlich befüllt in seiner Backstube in Bucha Kleingebäck mit Sahne. Seit 1983 ist er dort als privater Bäcker aktiv. Andreas Löffler

Bucha - Wenn allerorten das Aussterben der traditionellen handwerklichen Bäckereien beklagt wird, dann ist er einer jener Unverdrossenen, die sich dem Trend entgegenstemmen: Türk Wunderlich betreibt im 250-Seelen-Dorf Bucha (Kaiserpfalz) eine private Bäckerei - und zwar bereits seit 1983.

Während zu absoluten Hochzeiten und noch in der DDR - ihn eingerechnet - sechs Leute in dem Handwerksbetrieb arbeiteten, ist der 58-Jährige heute quasi „Alleinunterhalter“, steht sowohl in der Backstube als auch an der Verkaufstheke. „Die Leute wissen das schon und klingeln, falls ich gerade mal am Ofen nach dem Rechten schauen muss“, berichtet der Mann mit dem ungewöhnlichen Vornamen, welcher übrigens „einer spontanen Idee meiner Mutter entsprungen ist.“

Ehefrau half viele Jahre mit

Viele Jahre habe seine Ehefrau Rositha in der Bäckerei mitgeholfen, müsse nach überstandener Krebserkrankung aber erst langsam und Schritt für Schritt wieder zu Kräften kommen. Um seine eigenen nicht zu verschleißen, hat Wunderlich daher einstweilen lediglich an vier Tagen der Woche geöffnet: Dienstag, Mittwoch, Freitag und Sonnabend - und zwar stets von 6 bis 12 Uhr. Der Zuneigung seiner Kunden tue diese zeitliche Limitierung gleichwohl keinen Abbruch: „Es ist ja klar, dass ich von Bucha allein nicht leben könnte. Viele Kunden kommen aus Wohlmirstedt, Allerstedt, Memleben, Kahlwinkel, Billroda, Saubach und sogar aus Nebra und Laucha“, berichtet der Bäckermeister, der für seine 15 Kuchensorten, allen voran Mohn- und Quarkkuchen, und vor allem für seine Brötchen gerühmt wird: „Die backe ich auf die gute alte Art in einem Dampfbackofen.“

Dass Wunderlich überhaupt Bäcker geworden ist, war - wie in vielen anderen Fällen - eher dem Zufall zu verdanken. „Eigentlich wollte ich nach meinem Zehnklassenabschluss in Landsberg bei Halle in die Landwirtschaft, wurde indes von meiner Schwester darauf gebracht, dass Konditoren gesucht werden“, erzählt er. „Für mich klang das gut - und nein, die nächtlich-frühmorgendlichen Arbeitszeiten haben mich auch nicht geschreckt.“

Weil Wunderlich nach seiner Lehr- und Gesellenzeit in Berlin und Halle kurzzeitig zu seiner Mutter nach Tauhardt zurückzog, kam er regelmäßig an der Buchaer Bäckerei vorbei. „Als ich mitbekam, dass der alte Pächter aufgehört hatte, habe ich mich - mit gerade einmal 22 Jahren - erfolgreich um die Übernahme beworben. Mich reizte der Gedanke, in einem kleinen, familiären Betrieb mein eigener Chef sein zu können und natürlich auch eine wesentlich vielseitigere Arbeit zu haben als am Fließband in einer Großbäckerei“, schildert er. Vielseitig ist seine Arbeit in der Tat - aber eben auch wirklich mit Aufstehzeiten verbunden, die für andere eher die Einschlafzeiten sind. „Ich gehe etwa fünf Uhr nachmittags ins Bett, stelle mir für Mitternacht den Wecker, in der Nacht zum Sonnabend, an dem ja immer besonders viel Andrang ist, sogar noch eine Stunde früher“, schildert Türk Wunderlich. Festes Ritual: „Ich rufe unsere Hündin Akita zu mir und trinke zwei große Pötte Kaffee.“ Anschließend gehts von Billroda, wo die Wunderlichs ein Eigenheim mit Grundstück haben, rüber nach Bucha und in der Backstube nach der Reihenfolge Brötchen, Kleingebäck, Brot und Kuchen frisch ans Werk. „Wenn ich um sechs Uhr das Geschäft aufschließe, möchte ich bis auf die Konditoreiwaren mit allem fertig sein“, betont Türk Wunderlich.

Laden als sozialer Treffpunkt

Letzten Endes sei seine Bäckerei gleichzeitig auch eine Art „Tante-Emma-Laden“: „Ich verkaufe hier auch Lebensmittel wie Mehl, Zucker, Butter, Obst und Gemüse, ein paar Konserven und sogar Wurst von der Landfleischerei Kölleda“, unterstreicht Türk Wunderlich. „Gerade Ältere, die nicht mehr so mobil sind, sind froh über dieses Angebot. Sie freuen sich auch darüber, wenn sie mit mir ein Schwätzchen halten können“, kommt der Bäcker auf den seinem Geschäft ebenfalls innewohnenden sozialen Aspekt zu sprechen. „Auch deswegen will ich hier weitermachen, allemal bis zum Erreichen des Rentenalters mit 67. Ich fühle mich jedenfalls fit, das macht wohl das frühe Aufstehen“, meint er augenzwinkernd.

Türk Wunderlich (obere Reihe Mitte) als junger Meister. 1989 war er 28 - und bereits seit sechs Jahren selbstständig.
Türk Wunderlich (obere Reihe Mitte) als junger Meister. 1989 war er 28 - und bereits seit sechs Jahren selbstständig.
Löffler