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Lebensbilder: Ursula Römer Lebensbilder: Ursula Römer: Von Rebroff auf 80 gebracht

Von Andreas Löffler 02.12.2019, 08:55
Ursula Römer sitzt am Arbeitstisch in ihrer Werkstatt im Naumburger Steinweg – die Porträts ihres Vaters sowie Großvaters hinter sich. Nun kann sie einen runden Geburtstag feiern
Ursula Römer sitzt am Arbeitstisch in ihrer Werkstatt im Naumburger Steinweg – die Porträts ihres Vaters sowie Großvaters hinter sich. Nun kann sie einen runden Geburtstag feiern Löffler

Naumburg - Ursula Römer hat das Schaufenster ihres Ladens im Steinweg mit Räuchermännl, Lichterkette und Sternen sowie einer kleinen Krippe weihnachtlich geschmückt – heute und morgen ist die weit über Naumburg hinaus, ja weltweit bekannte Bürstenmacherin mit ihrem Geschäft wieder mittendrin im „Weihnachtliches in den Höfen“-Trubel. „Ich bin von Anfang an dabei und möchte die Veranstaltung auf keinen Fall versäumen. Zum einen ist das Wochenende wichtig für den Umsatz in der sonst eher ruhigen Winterzeit; zum anderen freue ich mich auf die Gespräche mit meinen Kunden, die ich teils schon seit Jahren kenne. Das ist gut für die Seele“, sagt die jünger wirkende Frau und bekennt: „Dass ich jetzt am Sonntag auch 80. Geburtstag habe, passt mir da eigentlich gar nicht in den Kram. Ich will aber sowieso nicht so eine große Brühe drumherum machen, verdränge das Alter. Am liebsten möchte ich jetzt noch 50 sein“, unterstreicht die Handwerkerin. „Mein Vater Kurt Steinbrück war da ähnlich gepolt – und ist immerhin 99 Jahre alt geworden. Ihn noch ein Jährchen zu übertreffen, könnte echt ein Ziel sein“, flachst Ursula Römer.

Gesundheit als Wunsch

Zu ihrem Geburtstag wünscht sich die Jubilarin nichts weiter als Gesundheit, „damit ich noch ein paar Jahre schaffen kann - meinem Vater Kurt sowie meinem Großvater und Firmengründer Carl Steinbrück zu Ehren und Naumburg zuliebe“, betont die Jubilarin. Nach einem, wie sie sagt, turbulenten Jahr mit mehreren Todesfällen im Umfeld und gesundheitlicher Sorge um ihre Tochter Karin in Jena trete sie jetzt ein bisschen kürzer.

Wobei kürzertreten im Fall von Ursula Römer etwas ziemlich Relatives ist. Zwar lässt sie die Fahrten zu Handwerkermärkten mittlerweile weg und beschränkt sich „nur“ noch auf ihr Ladengeschäft im Haus am Naumburger Steinweg 29 - wo die Bürstenmacherin übrigens auch geboren wurde und in dem sie, über der Werkstatt, noch heute wohnt. Doch auch da ist sie jeden Tag von 9 bis etwa 18, 19 Uhr zugange, fertigt mit geschickten Händen Bürsten unterschiedlichster Größe und Bestimmung, welche wahren Kunstwerken gleichen, oder steht am Verkaufstresen ihre Frau. Zu den Massagen, die sie wegen ihrer Hüftbeschwerden bekommt, fährt sie Ehemann Roland ganz fix mit dem Auto.

„Die Zeit meiner Abwesenheit kann ich auf diese Weise mit einem Schild ,Komme gleich wieder“ überbrücken“, sagt die Bürstenmacherin verschmitzt. „Nur sonntags mache ich frei und unternehme mit meinem Mann gelegentlich Ausflüge nach Memleben oder nach Eisenberg zur dortigen Barockkirche“, erzählt Ursula Römer, die auch an Opern- und Operettenmusik Gefallen findet. „Und wenn ich mal überspannt bin, gehe ich gerade im Sommer gern noch in meinen Garten, erfreue mich an der Natur und bekomme dort dann den Kopf wieder frei.“

Mit ihrem inzwischen sehr seltenen Handwerk - der nächste Bürstenmacher, der übrigens bei ihrem Vater gelernt hat, sitzt in Bernburg - ist Ursula Römer selbst eine kleine Berühmtheit geworden. In ihren inzwischen kaum noch zu zählenden Gästebüchern haben sich viele Domstadt-Touristen aus der ganzen Welt eingetragen, zahlreiche Japaner beispielsweise, aber auch eine Frau namens Margot, die Ursula Römers Kreationen schon auf ihren Reisen unter anderem in den Kaukasus, nach Indien, Saudi-Arabien und Kasachstan mitführte, wie sie freudig-dankbar schreibt.

200- und 500-Euro-Scheine

„Einmal war auch Ivan Rebroff hier im Laden - mit Hündchen und im Jogginganzug, so dass

ich den erst gar nicht erkannt habe“, erzählt die Geschäftsinhaberin. Das sei bestimmt schon deutlich mehr als zehn Jahre her - Rebroff habe damals die Weihnachtsgeschichte in Naumburg gelesen. „Er hat mich dann ein bisschen aufgezogen, erst recht, als ich an der Kasse auf seine 200- und 500-Euro-Scheine nicht rausgeben konnte - und dann dennoch ein ordentliches Trinkgeld dagelassen“, erinnert sie sich.

Nicht weniger Freude bereitete ihr dieser Tage eine Stammkundin, die selbst gebackene Plätzchen vorbeibrachte. Mal sehen, was Ursula Römer am Wochenende ihres 80. Geburtstags an Gutem widerfährt.