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Lebensbilder  Lebensbilder : Die Hausärztin des Tierasyls

Von Gerd Stöckel 13.06.2016, 07:55
Karin Reglich, die promovierte Tierärztin, eröffnete vor 15 Jahren ihre eigene Praxis auf dem elterlichen Hof in Schleberoda.
Karin Reglich, die promovierte Tierärztin, eröffnete vor 15 Jahren ihre eigene Praxis auf dem elterlichen Hof in Schleberoda. Nicky Hellfritzsch

Schleberoda - „Ist die Katze gesund, freut sich der Mensch“, lautete einst ein Werbeslogan. Kommt eine Katze ins Freyburger Tierheim, hat Claudia Müller, die dort die Chefin ist, mitunter keinen Anlass zur Freude. Doch meist auch keinen Anlass zu übermäßiger Sorge. Die „Hausärztin“ der Einrichtung im nahen Schleberoda ist für den Tierschutzverein stets ansprechbar und sehr kompetent, versichert Claudia Müller.

Vor allem Kleintiere sind Patienten

Seit 25 Jahren ist die promovierte Tierärztin Karin Reglich als Veterinär tätig, zunächst in einer Gemeinschaftspraxis in Laucha, seit 15 Jahren in der eigenen Praxis im Freyburger Ortsteil Schleberoda.

Die Hausärztin des Freyburger Tierheimes lobt diese Einrichtung und den Verein, der sie betreibt. Und auch die Verbandsgemeinde Unstruttal, die die Aufgabe, sich um streunende Vierbeiner zu kümmern, angenommen habe und im Gegensatz zu manch anderer Kommune sehr ernst nehme. Der Freyburger Tierschutzverein, dem Karin Reglich seit 2005 angehört und dessen stellvertretende Vorsitzende sie ist, sei da allerdings auch ein guter Partner für die Verwaltung, sei er doch frei von sektiererischen Tendenzen, die man zuweilen bei engagierten Tierfreunden antreffe.

Betreute ein Tierarzt hierzulande einst vor allem die Tierbestände der Landwirtschaft, so ist das heute anders. Ein Veterinär verdient sein Brot meist mit Katzen und Hunden. Und anders als Kühe und Schweine sind diese Haustiere für ihre Besitzer oft über Jahre Lebensbegleiter. Da müsse man schon ein wenig auch Seelsorger sein. Und wenn da ein Senior fragt, wie er denn weiterleben solle, wenn sein vierbeiniger Liebling das Zeitliche segnet, sieht sie sich auch schon mal veranlasst, die Verhältnisse geradezurücken.

Verhältnis zu Vierbeinern verändert

Dass sich die Beziehung zum Tier über die Jahre grundsätzlich gewandelt hat, begrüßt die Schleberodarin allerdings ausdrücklich. Menschen sind heute bereit zu akzeptieren, dass Tiere Bedürfnisse haben, sagt sie. Auch auf dem Dorf sieht man im Tiere längst nicht mehr nur das Nutztier. Tiere vermenschlichen, so sagt sie, solle man dennoch nicht. Manchmal tue es da gut, mal wieder in einen Stall zu kommen und bei einem Landwirt auf ein eher sachliches, unemotionales Verständnis von Tierwohl zu treffen. Viele Tiere in einem Stall zu halten, muss nicht automatisch schlechte Massentierhaltung sein, macht die Tierärztin deutlich. Als sie in den 90er Jahren die Landwirtschaft in westlichen Bundesländern erkundet hat, seien ihr vernachlässigte Kühe in einer kleinen bäuerlichen Wirtschaft begegnet - in einem Zustand, den sie in den Großanlagen des Ostens nicht kannte.

Wirtschaftliche Tierhaltung erfordere einen gewissen Bestand. Und als Tierarzt könne man dort nur darauf achten, dass die Gesetze eingehalten werden.

Im Übrigen ist auch der Verbraucher gefordert. Auch Tierärztin Reglich überlegt, welches Fleisch sie einkauft und wo. Am liebsten da, wo ihr der Erzeuger bekannt ist. Und Geflügel nicht im Supermarkt, sondern vom Züchter. „Regionale Kreisläufe sind etwas sehr Vernünftiges“, findet sie.

Im Übrigen: Nicht nur als Tierärztin und Verbraucherin, auch als Bürgerin ist der 51-Jährigen, die mit ihrer Familie auf dem elterlichen Hof in Schleberoda lebt, die Bindung an die Heimatregion sehr wichtig. Dem Schleberodaer Gemeinderat gehörte sie seit 1999 an. Mit der Eingemeindung nach Freyburg kann sie sich nun als Stadträtin bezeichnen. Und zur letzten Wahl gehörte sie dort zu den drei Abgeordneten, die mit jeweils über 500 Stimmen den deutlichsten Zuspruch erfahren haben. Im Freyburger Rat, wo sie für den Bürgerkreis sitzt, ist sie eine von zwei Stellvertretern des Freyburger Bürgermeisters.

Zuständig für Sommergalerie

„Ich habe Spaß daran, etwas mitzugestalten“, sagt sie. Im Dorf zu leben, ohne sich in das Gemeinwesen einzubringen, das sei für sie undenkbar. So gehört sie denn auch zu den Aktiven des rührigen Schleberodaer Heimatvereins. An dem schätzt sie nicht zuletzt dessen integrierende Kraft. „Wir schließen hier keinen aus, egal ob alteingesessen oder in den letzten Jahren zugezogen“, sagt sie.

Im Verein ist sie für die Sommergalerie im Dorf zuständig. Seit fünf Jahren bietet diese im Dorfgemeinschaftshaus mindestens eine Ausstellung pro Jahr. Die jüngste zeigt - vom Freyburger Maler Walter Weiße zur Verfügung gestellte - Aufnahmen und Bilder des bekannten Naumburger Fotografen Walter Hege. Dass im Umfeld des Welterbe-Antrages der Region eine Ausstellung zu dem bekannten Lichtbildner, der seinen Ruhm mit Aufnahmen des Naumburger Doms begründetet hat, zuerst im kleinen Schleberoda stattfindet, ist schon bemerkenswert. Da sei man schon ein bisschen stolz drauf, bekennt Karin Reglich.

Lebendiger Gemeinschaftsgeist

In gewisser Weise allerdings schließt sich da auch mancher Kreis. Im Neuantrag auf den Welterbe-Titel ist Schleberoda ausdrücklich erwähnt. Das hat seinen Grund nicht nur darin, dass das kleine Dorf in seiner Anlage die typische Rundlingsform bewahrt hat, sondern auch darin, dass hier Zeugnisse dörflicher Gemeinschaft in schöner Vollzähligkeit überdauert haben, neben Kirche und Teich, auch der Bauernstein und das Dorfbackhaus. Und was den dörflichen Gemeinschaftsgeist angeht, stehen Tierärztin Reglich und ihre Mitstreiter in gewisser Tradition.