Kommentar zu den Tafeln in Sachsen-Anhalt Tafeln in Not: Da schlummert sozialer Sprengstoff
Die Tafeln in Sachsen-Anhalt haben immer weniger zu verteilen. Darunter leiden die Schwächsten der Gesellschaft, die Kinder.

Halle/MZ - Die Situation der Tafeln in Sachsen-Anhalt wirft ein Schlaglicht auf die Lage armer Menschen. Mehr als jeder vierte Einwohner im Land gilt als arm, fast ein Drittel der Tafel-Kunden sind Kinder und Jugendliche. Sie sind die Schwächsten der Gesellschaft, diejenigen, die Hilfe am nötigsten haben. Doch den Tafeln fällt es zunehmend schwerer, sie zu unterstützen, weil in den Supermärkten immer weniger zum Verteilen übrig bleibt.
Hier schlummert reichlich sozialer Sprengstoff, doch gibt es eine wahrnehmbare wie wirksame Wendung zum Besseren? Leider nein. Die Bundesregierung hat dank diverser Sondertöpfe so viel Geld zum Ausgeben zur Verfügung wie nie. Ihre Prioritäten liegen auf der Landesverteidigung und auf der Infrastruktur. Angesichts der Weltlage und zunehmend bröckelnder Straßen, Schienen und Brücken ist das richtig und wichtig. Kinder aber spielen im neuen Bundeshaushalt so gut wie keine Rolle, sieht man davon ab, dass auch Geld in Kitas und Bildung fließen soll und dass das Infrastruktur-Sondervermögen hoffentlich auch vor sich hin rottenden Schulen zugute kommt.
Wichtiger als mehr Geld wäre eine Kindergrundsicherung
Der Begriff „Kinderarmut“ taucht im Koalitionsvertrag des schwarz-roten Bündnisses genau einmal auf, in einem dünnen Satz: „Wir wollen Kinderarmut wirksam bekämpfen und Alleinerziehende entlasten.“ Zwar will die Koalition das Förderprogramm „Bildung und Teilhabe“ leicht aufstocken. Wichtiger wäre aber ein System, das den unübersichtlichen Wust sich teils gegenseitig aufhebender, komplizierter Leistungen für Kinder und Familien entschlackt, ordnet und bündelt und den Zugang dazu erleichtert.
Es heißt Kindergrundsicherung. Die Ampel hatte es versucht, war daran aber gescheitert. Ihre Nachfolgeregierung hat sich von der Kindergrundsicherung komplett verabschiedet. Für ein Land, das so viel hält auf seine angebliche Kinder- und Familienfreundlichkeit, ist das beschämend.