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Zukunft am Tagebau Leben am Tagebau: Tornau und Wuschlaub fürchten niedrigen Lebenswert

Von Heike Riedel 03.04.2016, 16:21
Reinhard Dämmerich hat viel zu tun an seinem Grundstück. Es ist etliches liegengeblieben, als er noch auf die Umsiedlung hoffte.
Reinhard Dämmerich hat viel zu tun an seinem Grundstück. Es ist etliches liegengeblieben, als er noch auf die Umsiedlung hoffte. Michael Thomé

Tornau/Wuschlaub - Enttäuschung, Ratlosigkeit, Hoffnung. In Tornau und Wuschlaub reagieren die Menschen ganz unterschiedlich auf die Nachricht, dass die Mibrag ihre Dörfer nicht wegbaggern und die Einwohner nicht umsiedeln wird.

Die auf Drängen der Bürger nochmals vorgenommene Bewertung der Kohlevorkommen unter den Siedlungen und der Wirtschaftlichkeit ihres Abbaus hat bestätigt, was das Kohleunternehmen bereits früher erklärt hat: Die Inanspruchnahme der Ortschaften kommt aus wirtschaftlichen und technologischen Gründen nicht in Frage.

„Aus Tornau wollten fast alle weg“

Jetzt heißt es also Umdenken für all jene, die sich gedanklich darauf eingestellt hatten, umgesiedelt zu werden. „Aus Tornau wollten fast alle weg“, sagt Ralph Ruser, der in Gesprächen mit Stadt und Mibrag die Interessen der unmittelbar in den Dörfern Wuschlaub und Tornau vom Heranrücken des Tagebaus Betroffenen vertritt. Die Bürgerkontaktgruppe Tornau/Wuschlaub, die Stadt und die Mibrag haben sich schon mehrfach verständigt.

Der Fortbestand der Dörfer sei für mehr als 90 Prozent der Bürger nicht das Ziel gewesen. Doch umsonst gewesen sei die Arbeit der Gruppe nicht, schätzen Ruser und Dietmar Straube als deren Sprecher ein. Immerhin will sich jetzt auch der Landrat persönlich ein Bild von der Situation der Dörfer am zukünftigen Tagebaurand machen und die Verantwortung des Landkreises wahrnehmen, damit sich sowohl Kohleunternehmen wie auch die Dörfer entwickeln können.

Furcht vor einer Zukunft mit geringerem Lebenswert

In der um den Burgenlandkreis erweiterten Gesprächsrunde wird die Arbeit fortgesetzt werden müssen, sind sich Eberhard Schlenzig und Reinhard Dämmerich mit Ruser einig, als sie am Sonnabend bei einer Begegnung auf der Straße das Thema beschäftigt.

„Hier muss sich viel ändern“

Allerdings ist ihnen noch nicht ganz klar, wo sie nun beginnen sollen. Genauere Informationen will die Mibrag demnächst in einer Einwohnerversammlung noch geben, doch was die Bürger vor Ort wollen, sollten sie dort auch schon wissen. Die Forderungen zu formulieren, sei nun die nächste Aufgabe, sagt Straube.

„Hier muss sich viel ändern“, äußert Schlenzig spontan und weist auf den schlechten Straßenzustand und die vielen Masten und Freileitungen im Dorf hin. Er selbst habe über Jahre schon nicht in Haus und Grundstück investiert, weil er glaubte, das lohne sich nicht mehr.

Das Dach ist bei Reinhard Dämmerich als erstes dran, damit der Hof, auf dem er aufgewachsen ist und noch immer gern lebt, schöner wird und lange bestehen bleibt. Er werde so das Beste aus der Situation machen. Doch damit es lebenswert in seiner Heimat bleibt, seien auch Andere gefordert. Die Männer bringen da die Belastungen durch eine geplante Mineralstoffdeponie mit ins Gespräch.

„Der Tagebau darf nicht so dicht an uns heranrücken, wie es geplant ist“, erwartet die Muschwitzerin Ilona Döring. Einen Kilometer Abstand wünscht sie sich von der Wohnbebauung, damit Schmutz und Lärm erträglich bleiben. Sie ist einerseits froh, dass das von ihrer gesamten Familie geschaffene Zuhause nun behalten wird, fürchtet andererseits aber auch eine Zukunft mit geringerem Lebenswert.

Doch hat sie auch etwas Hoffnung, dass Mibrag, Stadt und Landkreis ihre Dörfer schöner gestalten werden und Lebensqualität erhalten bleibt. Bis der Tagebau herangerückt ist, werden ohnehin noch zehn Jahre vergehen. Und in denen könne noch viel passieren. (mz)