Landwirtschaft Landwirtschaft: Schon der dritte Milchhof im Burgenlandkreis gibt auf

Weißenfels - Und wieder ist ein Milchproduzent weniger am Markt. Dass der Grundpreis für die Lieferung eines Liters Milch an die Molkerei auf 21 Cent und weniger gesunken ist, nimmt nun auch dem Landwirtschaftsbetrieb Werner in Geußnitz die Hoffnung, die sich bereits seit 2014 zuspitzende Milchkrise überwinden zu können.
2013 noch gab es für den Liter Milch 32 bis 35 Cent. Nach der Agrargenossenschaft Hohenmölsen und dem Agrarbetrieb Droßdorf hat sich jetzt bereits der dritte Landwirtschaftsbetrieb im Burgenlandkreis von seinen Milchkühen getrennt. Es passiert, was befürchtet wird: Die Landwirtschaft in der Region verliert ihre Vielfalt.
„Ein Schlag ins Gesicht der Bauern“
Das bedauert Harwin Beenen sehr. Der Niederländer, der als einer von zwei Geschäftsführern den Milchviehbetrieb Saaleaue mit je 1.700 Milchkühen in Reichardtswerben und Nessa leitet, sieht so auch Reize des Landes verloren gehen, weil Agrarwirtschaft Landschaft und Natur mit prägt, sagt er. Er sei enttäuscht, dass die Politik in Deutschland und Europa das Sterben der Betriebe nicht verhindert. Das Handelsembargo gegen Russland wirke viel schwerer, als dass es die „Almosen“ des Milchgipfels ausgleichen könnten. „Die versprochenen 100 Millionen Euro sind ein Schlag ins Gesicht der Bauern“, äußert er. Es werde der Eindruck vermittelt, als erhielten die Landwirte viel, doch was seien 1 300 Euro pro Betrieb.
Damit könne man nicht die Situation ändern, dass jeder, der noch Milchkühe halte, mit seiner Arbeit Geld „verbrenne“, weil mit dem Milchpreis die Kosten nicht zu decken seien. „Nur weil wir noch Rücklagen haben und Geld aus anderen Bereichen unseres Betriebes in die Milchproduktion transferieren, schaffen wir es noch“, beschreibt Geschäftsführer Arndt Helm die Situation in der Osterland Landwirtschafts-GmbH.
„Aber wie lange geht das noch?“ Helm zuckt mit den Schultern und verbreitet wie auch Beenen Optimismus, dass die Kraft noch eine Weile reichen wird und sich dann der Markt vielleicht erholt hat. „Die Menschen arbeiten jeden Tag hart, ihnen sind wir es schuldig durchzuhalten. Milchkühe, Rinder, Schweine gehören zu unserer breiten Direktvermarkterstruktur, die wir nicht aufgeben wollen“, versichert Helm.
Milchproduktion bereits um zehn Prozent beschränkt
Um zehn Prozent, auf etwa 500 Tiere, hat Osterland die Milchproduktion bereits beschränkt. Wie sich die Politik verhält, ist für Helm ein Skandal. Sie lasse zu, wie eine über Jahrzehnte gewachsene Landwirtschaft, die sehr hohe Standards erfülle und dafür auch viel investiert habe, kaputt gehe.
„Wir wollen durchhalten! Es wird wieder aufwärtsgehen, wenngleich wir nun schon sehr lange ein Tal durchschreiten und schon letztes Jahr nicht geglaubt haben, dass die Milchpreise noch weiter fallen könnten“, erklärt Jens-Uwe Kraft, Geschäftsführer der in Langendorf ansässigen Agrargenossenschaft, kämpferisch. Schließlich seien er und seine Frau, die für 200 Milchkühe und die gesamte Tierproduktion des Unternehmens verantwortlich ist, noch jung und wollen wie auch die 20 Mitarbeiter ihre Berufe noch lange ausüben.
Sie sind froh, dass ihre Bank sie dabei unterstützt. Sonst wäre der Betrieb im täglichen Geschäft nicht mehr liquid. Was die Politik ihnen als Liquiditätsprogramm verkaufe, enthalte am Ende nur Fallstricke, die den Betrieb gefährdeten, meint Kraft. Steuer-Erleichterungen, die ihnen helfen würden, sind nicht angekündigt.
Preiskampf des Einzelhandels müssen Schranken gesetzt werden
Harte Arbeit an Kosteneinsparung in jedem Bereich stehe schon lange auf der Tagesordnung, nicht nur Investitionen, selbst Instandhaltungen müssten verschoben werden. „Es wird eine Marktbereinigung geben“, ist sich Kraft gewiss, dass das Sterben der Höfe noch nicht beendet ist.
„Es muss Milch vom Markt“, das ist auch für Uwe Fischer, Geschäftsführer des Kreisbauernverbandes, der Weg aus der Krise. Dass seit dem Wegfall der Milchquote etliche Betriebe mehr Milch auf den Markt gebracht haben, ist ihm nur ein geringer Teil der Krisenursache.
Die Kluft zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Weltmarkt sei das größere Problem. Und das ist entstanden, weil der asiatische und russische Markt weggebrochen ist. Dem Preiskampf des Einzelhandels müssten Schranken gesetzt werden, sind sich die Bauern einig. Während sich dort immer mehr Macht auf immer weniger Konzerne konzentriere, werden den Landwirten Verkaufszusammenschlüsse verboten, beklagt Fischer. Die Bauern bräuchten dringend zukunftsfähige politische Rahmenbedingungen. (mz)