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Landesschule Landesschule: Wendezeit in Schulpforte: Wie war das?

Von Albrecht Günther 18.05.2018, 16:33
Präsentieren das Buch zum 475. Jubiläum der Landesschule Pforta: der frühere Rektor Karl Büchsenschütz (von links), Lutz Beer, Mitglied des Kuratoriums der Stiftung Schulpforta, sowie Matthias Haase, Vorsitzender des Pförtner Bundes.
Präsentieren das Buch zum 475. Jubiläum der Landesschule Pforta: der frühere Rektor Karl Büchsenschütz (von links), Lutz Beer, Mitglied des Kuratoriums der Stiftung Schulpforta, sowie Matthias Haase, Vorsitzender des Pförtner Bundes. Torsten Biel

Schulpforte - Die Wogen haben sich geglättet. In ihrem 475. Jahr ist die Landesschule Pforta gefestigt, in ihrer Tradition verortet - und dennoch in der Moderne angekommen. Der richtige Zeitpunkt also, wie Matthias Haase findet, mit einer Zeitzeugen-Befragung ein Kapitel der Schulgeschichte hervorzuholen, das deutlich mehr war als ein Transformationsprozess: den Wandel der einstigen Erweiterten Oberschule hin zur Landesschule Pforta. Am gestrigen Freitag stellte Haase, Vorsitzender des Pförtner Bundes, gemeinsam mit weiteren Akteuren das Buch „Wendejahre - Schulpforte 1985 bis 1995“ öffentlich vor. Die Präsentation im Besucherzentrum der Stiftung in Schulpforte war zugleich Auftakt der Festwoche „475 Jahre Landesschule Pforta“, die bis Sonntag, 27. Mai, dauert.

Ein solches Jubiläum, so Matthias Haase, der von 1983 bis 1987 die EOS Schulpforte besucht hatte und der heute als freier Hörfunkjournalist arbeitet, hätte eigentlich mit einer Festschrift gewürdigt werden können. „Wir waren uns im Vorfeld jedoch schnell einig, dass der Blick auf die bislang noch wenig untersuchte und dargestellte Wendezeit hier in Schulpforte viel spannender sein würde“, begründete er die Entscheidung für ein Buch mit Zeitzeugen-Befragungen.

So kommen neben den Schülern Sven-Uwe Zinecker (1982 bis 1986) und Annegret Ihlenfeldt (1988 bis 1988) auch Heidi Weißbrich, die von 1970 bis 1991 als Erzieherin tätig war, und die Lehrer Peter Kroha (1971 bis 1991) und Gisa Lachmann (1984 bis 2009) zu Wort. In weiteren Interviews äußern sich die Schüler Stephan Pabst (1987 bis 1991) und Christian Carius (1991 bis 1995) sowie die Lehrer Frank Kisser (seit 1991) und Ute Glüer (1990 bis 2007). Den Band beschließen Äußerungen des Rektors der Zeit 1992 bis 2005, Karl Büchsenschütz, die Anne Hultsch in den Jahren 2003, 2008 und 2010 geführt hatte. Mit besonderer Spannung jedoch dürfte jene Befragungen gelesen werden, die Haase mit Ekkehard Seyfarth, der 1989 und 1990 an Baumaßnahmen an der Kirche beteiligt war, sowie Eberhard Horn, dem Rektor der Jahre 1990 und 1991, geführt hat. Im Kontext der anderen Aussagen zeigen sie, wie hart damals die Auseinandersetzungen um den weiteren Weg der bisher als „Rotes Kloster“ bezeichneten Schule geführt wurden.

Dem aus dem Westen gekommenen oder geholten Rektor Eberhard Horn - über die Berufung gibt es unterschiedliche Darstellungen - schlägt Feindschaft entgegen, teils wird ihm Unfähigkeit unterstellt. Ebenso gehen die Auffassungen darüber auseinander, ob Horn maßgeblich daran beteiligt gewesen sei, dass viele der bisherigen Lehrer, so der Vorgänger-Rektor Heinz Erhardt, 1991 die Schule verlassen müssen. Nun befragt zu diesem Thema, widerspricht Horn.

Als der Schulleiter jedoch im Flurbereich mit einer Lehrerin in intimer Beziehung überrascht wird, nimmt die „Besenkammeraffäre“ ihren Lauf. Horn wird beurlaubt, kurzfristig übernimmt Thomas Dahnke als Interimsleiter die Amtsgeschäfte bis schließlich Karl Büchsenschütz zum neuen Rektor berufen wird.

„Mir ist klar, dass wir damit auch in Wunden stoßen, die heute noch nicht ganz verheilt sind“, sagt Matthias Haase, dem es gelungen ist, den Kontakt zu Horn aufzunehmen und ihn zu einem Interview zu bewegen.

Doch weniger wegen der „Besenkammeraffäre“, sondern eher wegen der Sicht auf ein umfangreich und intensiv dargestelltes Stück Zeitgeschichte, in dem sich auch die damalige Region Naumburg spiegelt, ist dieses Buch spannend, interessant und lesenswert. Zur 475-Jahrfeier ermöglicht es zudem einen Blick auf das Jubiläum vor 25 Jahren: in eine unruhige Zeit.