Klosterkirche Zscheiplitz Klosterkirche Zscheiplitz: Doppelt läutet besser

Zscheiplitz - Schritt für Schritt erfüllen sich die Träume der Mitglieder des Vereins „Kloster Zscheiplitz - Klosterbrüder“. Aus der Ruine der 80er-Jahre entstand durch enorme Eigenleistung, Hilfe von Sponsoren und mit öffentlichen Mitteln wieder eine schmucke Kirche.
Als einen weiteren Mosaikstein bei der Restaurierung des Gotteshauses hatten sich die Klosterbrüder die Komplettierung des Zweiergeläuts auf die Fahne geschrieben. Im Ersten Weltkrieg waren auch die Zscheiplitzer Glocken ihrem Schicksal nicht entgangen. Sie wurden für Kriegszwecke enteignet, abgenommen und eingeschmolzen. Lediglich eine Glocke verblieb im Turm. Seit dieser Zeit läutete in Zscheiplitz nur noch die alte Ulrich-Glocke, die im 18. Jahrhundert in Laucha gegossen worden war. „Die Leute sehnten sich nach der zweiten Glocke. Vor etwa drei Jahren sind wir das Projekt angegangen“, sagte Klosterbruder und Kirchenältester Hubert Skupin. Die neue Glocke, so erzählt e Vereinsvorsitzende Barbara Monse, sei im Internet bei einer Glockenbörse erstanden worden.
Zwei Glocken standen zur Auswahl, die klanglich zum Geläut passten. Die Klosterbrüder entschieden sich für eine in Innsbruck befindlich, mit dem Ton d, einem Durchmesser von 68 Zentimetern und einem Gewicht von 185 Kilogramm. Die Vereinschefin höchstpersönlich transportierte die Glocke, die 1998 gegossen wurde, aber nie ihren Dienst versah, mit ihrem Pkw von Österreich nach Zscheiplitz.
Am 9. Oktober erfolgte die Segnung der neuen Glocke durch den Pfarrer Arvid Reschke. Die Glockenfirma Beck aus Kölleda hängte sie an Ort und Stelle fachmännisch im Turm auf. Zum ersten Mal erklang nun das Zweiergeläut und rief zum Gottesdienst am Reformationsjubiläum.
Es ist faszinierend für die Zscheiplitzer, dass nach einem Jahrhundert wieder zwei Glocken die Sonn- und Feiertage, Feste und Andachten einläuten. Und so führte der Klang viele Menschen zusammen. Der Glockenschall begleitete sie auf ihrem Weg zum Festgottesdienst. Dabei lauschten sie andächtig der ganz eigenen Zscheiplitzer Klangwelt. „Es ist herrlich, wenn die Glocken zusammen ertönen und ein melodisches Spiel ergeben“, fand Monika Markwardt aus Zscheiplitz. Über den voluminösen, harmonischen Klang freuten sich auch Frau Monse und die Klosterbrüder.
Zur Feier des Reformationstages und des Klingens der Glocken waren die Plätze in der schlichten Klosterkirche St. Bonifatius aus dem 11./12. Jahrhundert knapp. „Wir sind so dankbar, dass das Geläut wieder ertönt und der Klang vom Kirchturm aus in alle Himmelsrichtungen getragen wird“, betont der Pfarrer. Ein Schaden ist geheilt, der Schaden ist reformiert. Reformation stehe für Erneuerung. Dabei sei es wichtig, dass ein Ort der Zuflucht besteht. In seiner Predigt wies Reschke auf den Bedeutungsverlust der Kirche hin: „Die Jubilarin ist kaum noch in Bewegung. Große Feststimmung fehlt. Was müssen wir tun, um sie wieder zu heilen?“ Der Pfarrer bemerkte, dass der Verwaltungsaufwand durch das Zusammenlegen von Gemeinden immer größer werde. Ein Mitgliederschwund sowie zu wenig Ausstrahlung seien ebenso vorhanden wie die Unbeweglichkeit der Gemeindemitglieder, die nicht über die Ortsgrenzen hinausschauten. Alle Analysen über die Kirche würden bisher kaum wirken. Reschke: „Unsere Aufgabe ist es, unser Christsein mehr denn je erkennbar zu leben. Unser Glaube ist keine Angelegenheit für das stille Kämmerlein. Es ist unsere Aufgabe, auf Jesus Christus zu verweisen, von ihm zu erzählen. Da kann sich auch eine kleine Gemeinde engagieren.“
Der Posaunenchor Fiedelak umrahmte den Festgottesdienst musikalisch. Bevor auf die Glocke im Gemeinderaum angestoßen wurde, dankte die Vorsitzende der Klosterbrüder all den Sponsoren, die Kauf und Aufhängung der Glocke mitfinanzierten. Insgesamt belaufen sich die Kosten auf rund 11000 Euro.
