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Kanusport Kanusport: Schaukeln, kippen, paddeln...

Von STEFAN THOMÉ 23.09.2011, 18:40

WENGELSDORF/MZ. - Stellen sie sich vor, sie sitzen in ihrer Badewanne. Aber der Rand geht ihnen nur bis zur Hüfte, welche wiederum der Breite nach gerade so reinpasst. Und diese Mini-Badewanne ist nicht fest am Boden installiert und mit warmen, dufteten Wasser gefüllt. Nein sie schwimmt auf der kalten, fließenden Saale. Sie schaukelt, wackelt, ja kippt munter von rechts nach links und droht bei nahezu jeder nur so kleinen Bewegung, die sie machen, zu kentern. Es ist also alles andere als entspannend, was ich mit dem Einer-Rennkajak da auf der Biegung am Wengelsdorfer Sportplatz machen darf.

Dabei hat alles so schön angefangen. Gemeinsam mit den an diesem Tag 15 von rund 25 Kindern, die derzeit beim SV Wacker Wengelsdorf regelmäßig zum Training kommen, werden die Boote aus den Containern geholt und vorbereitet. Dann gibt es eine kleine Runde Einlaufen und gymnastische Erwärmung am Ufer, ehe es endlich aufs Wasser geht.

Übungsrunden im Zweier

Ich starte zusammen mit Frank Pawlik in einem Zweier. Das soll mir etwas Sicherheit geben. Ich höre auf den 35-jährigen Diplomsportlehrer und bin leicht nervös. Denn ich muss als Vordermann einen kleinen, hölzernen Steuerhebel mit den Füßen bewegen, um die Fahrtrichtung zu bestimmen.

Immerhin, das Einsteigen verläuft ohne Probleme. Doch das mit dem Paddeln und Steuern zu koordinieren, fordert sogleich meine vollste Konzentration. Dreimal fahren wir die etwa 700 Meter lange Schleife zwischen den Wende-Bojen ab. Dabei zeigt und erklärt mir Pawlik, immerhin mehrfacher ostdeutscher Meister sowie ehemaliger DM-Vierter im Vierer, an welchen Stellen und vor allem wie ich wenden soll. Auch wo man am besten fährt, verrät er mir. Im zweiten Durchgang klappt das sogar ohne Anweisung fast schon reibungslos.

Kanu, Kajak und Kanadier

Wir kommen sogar ins Plaudern. Dabei erfahre ich von Pawlik, dass Kanu der Oberbegriff dieser Sportart sei. Die Wengelsdorfer, die erst vor zwei Jahren die Abteilung gründeten und bis dahin für Bad Dürrenberg unterwegs waren, fahren Rennkajak. "Das sind die, die im Boot sitzen und mit zwei Paddelblättern paddeln", erklärt er mir. Und es gibt die Kanadier, die mit nur einem Paddelblatt ausgestattet mit einem Bein im Boot knien. Nein danke, da sitze ich lieber.

"War doch gar nicht so schwer", denke ich mir, als wir am Steg ankommen. Dumm nur, dass mir Pawlik nicht sagte, dass er anfangs doch viel von meinen teils bereits übermotivierten Paddelschlägen ausgleichen musste. So steige ich zwar immer noch respektvoll, aber sehr selbstbewusst und vor allem ehrgeizig in das Einerboot. "Die Wahrscheinlichkeit, beim ersten Mal zu kentern, liegt bei 100 Prozent", hatte mir Pawlik vor meinem Unternehmen gesagt. Das will ich widerlegen und keinesfalls baden gehen! Doch schon kurz nach dem Ablegen stelle ich mit großem Schrecken fest, der Mann weiß offensichtlich wovon er redet.

Mehrmals kurz vorm Kentern

Ich habe sofort das Gefühl, keinerlei Halt zu haben. Der Tipp, ganz sachte zu paddeln, den mir Pawlik als letzten Rettungsanker noch hinterherruft, ist Gold wert. Dennoch, so richtig wohl fühle ich mich nicht mehr. Ich treibe nun irgendwie einsam, verlassen und beinahe hilflos auf dem Fluss herum und werde dabei sogar von den pfiffigen Wacker-Sprösslingen überholt.

Ich solle locker bleiben und mit der Hüfte ausgleichen. Doch meine Rückenmuskulatur verkrampft schon auf dem Weg zur ersten Wende. Ich würde gerne meine Sitzposition ändern, aber es ist nicht mal an Nase kratzen zu denken, so sehr bestraft das blaue Ding, in dem ich nun über die Saale schippere, jede kleine Bewegung. Nur mühsam kann ich mich mehrmals vor dem Umkippen retten.

Ich bewahre Ruhe und konzentriere mich auf die vorgegebene Strecke samt einstudierter Wendemanöver. Alles geht glatt über die Bühne. Dennoch bin ich nach einer gefühlten Ewigkeit heilfroh, ohne fremde Hilfe und überwiegend trocken wieder am Ausgangspunkt anzukommen. Lediglich mein Hintern und die Füße wurden vom Wasser, nicht vom Angstschweiß, nass. Und ich habe Pawlik und Co. doch verblüfft. "Damit hatte ich nicht gerechnet", gibt lobend der Trainer zu, während mein Respekt für die Kanuten deutlich gestiegen ist. Meiner Wassersport-Karriere steht jedoch nichts mehr im Weg.

Das Training der Wengelsdorfer Kanuten findet dienstags bis freitags von 16 bis 18 Uhr am Sportplatz-Bootsanleger statt. Weitere Informationen gibt es bei Trainer Frank Pawlik, Telefon: 0174 / 5 87 34 74.

Adressen von Vereinen, die Kanusport anbieten, gibt es beim Kreissportbund, Adolf-Damaschke-Platz 1, 06618 Naumburg, Telefon: 03445 / 77 58 29, E-Mail:

[email protected] und im Internet unter: