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Hohe Schrecke  Hohe Schrecke : Urwüchsig und ursprünglich

06.03.2017, 08:09
Wenn der Lenz kommt: Blattaustrieb im Frühjahr im Wildnisbereich Wiegental der Hohen Schrecke.
Wenn der Lenz kommt: Blattaustrieb im Frühjahr im Wildnisbereich Wiegental der Hohen Schrecke. Thomas Stephan

Braunsroda - „Alter Wald neu entdeckt“, so wirbt das Naturschutzgroßprojekt Hohe Schrecke für naturinteressierte Besucher. Mit Melanie Tulke vom Regionalmanagement Hohe Schrecke sprach Constanze Matthes über den Tourismus, Naturschutz und die Regionalentwicklung.

Was bietet die Hohe Schrecke ihren Besuchern?

Melanie Tulke: Ein ursprüngliches Naturerlebnis in einem wildnisartigen Wald, der in seiner besonderen Art so nur noch selten in Europa zu finden ist. Bestimmte Waldbereiche weisen Buchen auf, die 200 Jahre alt sind und die sich 40 Meter in die Höhe recken. Da kommt ein Gefühl von Ehrfurcht auf.

Welche Naturschätze gibt es noch?

Tulke: Da gibt es zum einen sogenannte Totholz- sowie Urwaldreliktkäfer, die ganz spezielle Anforderungen an ihren Lebensraum stellen, so bewohnen sie in sehr alten Bäumen Höhlen, in denen bereits vor ihnen verschiedene Tierarten gelebt haben. Sie beweisen, dass die Hohe Schrecke seit der letzten Eiszeit bewaldet ist. Zum anderen sind alle Arten von Waldfledermäusen, die in Thüringen heimisch sind, in der Hohe Schrecke zu finden. Während der Untersuchung zum Pflege- und Entwicklungsplan wurde festgestellt, dass sich allein in einem Buchenstamm 570 milchgebende Fledermäuse angesiedelt hatten.

Wer besucht das Waldgebiet?

Tulke: Bevor wir die Hohe Schrecke bekannter gemacht und vermarktet haben, waren es vorrangig Wissenschaftler und Naturschützer. Auch die Bevölkerung der umliegenden Orte nutzte das Gebiet als ein lokales Ausflugsziel. Mittlerweile kommen Gäste für einen Wochenend-Ausflug oder auch länger, vor allem aus den umliegenden Ballungsgebieten wie beispielsweise Erfurt, Halle oder Leipzig, aber durchaus auch aus München und Berlin.

Was waren die ersten Bemühungen, was hat man künftig noch vor?

Tulke: Seit 2010 existiert das Naturschutzgroßprojekt Hohe Schrecke mit den beiden Arbeitsbereichen Regionalentwicklung und Naturschutz. Dafür arbeiten der 2008 gegründete Verein Hohe Schrecke und die Naturstiftung David, eine Stiftung des BUND Thüringen, eng zusammen. Für den Naturschutz wurde in den Jahren 2009 bis 2012 ein Pflege- und Entwicklungsplan erstellt. Seit 2016 werben wir mit Fotoausstellungen oder in Kooperation mit Tourismusverbänden auch auf großen Messen. Ein großes Projekt in diesem Jahr ist die Neubeschilderung der touristischen Wege. Insgesamt sollen sechs verschiedene Rundwanderwege ausgewiesen werden, wobei im kommenden Jahr der Rabenswald-Familienweg in einen Erlebnisweg mit Erlebnisstationen weiter entwickelt werden soll. Außerdem soll eine Machbarkeitsstudie für eine Hängebrücke als Besuchermagnet erstellt werden. Geplant sind auch kulinarische Themenwochen: Nicht unbedingt nur auf die Gastronomie beschränkt, sondern vielmehr mit Blick auf spezielle Angebote wie Radtouren oder Besuche eines Schäfers auf der Weide.

Gibt es Vorbilder in anderen Bundesländern?

Tulke: Als Vorbild können die „Plenum“-Projekte in Baden-Württemberg angesehen werden, welche in diversen Projektgebieten Naturschutz und Regionalentwicklung verknüpften. Als Naturschutzgroßprojekt ist die Hohe Schrecke in das Bundesmodellvorhaben „chance.natur“ eingebettet. Nach einem bundesweiten Wettbewerb aus über 120 Regionen im Jahr 2008 wurde die Hohe Schrecke ein Jahr später als eine von vier Gewinnerregionen gekürt, in der modellhaft Naturschutz und Regionalentwicklung umgesetzt werden. Die weiteren Regionen sind die Allgäuer Moorallianz, das Schwäbische Donautal sowie die Nordvorpommersche Waldlandschaft.

Stehen Tourismus und Naturschutz in einem Spannungsfeld?

Tulke: Nein, ganz und gar nicht. In dem Pflege- und Entwicklungsplan sind alle naturschutzrechtlichen Belange untersucht worden. Im Rahmen der Beschilderung haben wir auch darauf geachtet, dass besonders schützenswerte Bereiche beruhigt werden. Und in der praktischen Arbeit besteht eine ganz enge Abstimmung und sehr gute Zusammenarbeit zwischen der Naturstiftung David und dem Verein Hohe Schrecke.

Ein kleiner Teil der Hohen Schrecke befindet sich auf dem Gebiet des Burgenlandkreises. Wie gestaltet sich da die Zusammenarbeit?

Tulke: Der Burgenlandkreis ist wie der Kreis Sömmerda und der Kyffhäuserkreis Mitglied unseres Vereins. Die Zusammenarbeit ist sehr gut. Auch zum Naturpark Saale-Unstrut-Triasland besteht ein enges Verhältnis. Leider sind aus dem Burgenlandkreis noch keine Privatpersonen, Unternehmen und Vereine bei uns Mitglied, obwohl gerade diese einen Großteil des Vereins bilden und ihn auch lebendig machen.

Wie kann ein perfekter Ausflugstag in der Hohen Schrecke aussehen, beispielsweise für eine Familie aus der Region Naumburg-Nebra?

Tulke: Da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Am 1. Mai und am 20. August wird ab Naumburg der Unstrut-Schrecke-Express mit einem historischen Triebwagen nach Donndorf fahren. Auf dem Programm stehen unter anderem eine Saftverkostung in der dortigen Kelterei, eine geführte Wanderung und ein Mittagessen im Kloster Donndorf.

Und wer auf eigene Faust etwas erleben will?

Tulke: Jeden ersten Sonnabend im Monat findet in Braunsroda bei Heldrungen ein Bauernmarkt statt. In diesem Rahmen wird von April bis Dezember eine geführte Wanderung in die Hohe Schrecke angeboten. Oder man sucht sich andere Veranstaltungen aus dem Programm heraus, die zu einem passen. Empfehlenswert ist der Besuch des Infozentrums innerhalb der Modellbahn Wiehe. Und ebenfalls sehenswert ist ein Besuch des Freiluftateliers der Kettensägenkünstlerfamilie Krüger in Garnbach, einem Ortsteil von Wiehe.

Melanie Tulke
Melanie Tulke
Privat
Mit zertifizierten Natur- und Landschaftsführern lassen sich die Besonderheiten des Waldes und umliegender Streuobstwiesen entdecken.
Mit zertifizierten Natur- und Landschaftsführern lassen sich die Besonderheiten des Waldes und umliegender Streuobstwiesen entdecken.
Thomas Stephan