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Heimatgeschichte Zeuchfeld Heimatgeschichte Zeuchfeld: Auf der Spur der Häuser

Von Gerd Stöckel 22.02.2018, 14:38
Die Ergebnisse seiner heimatgeschichtlichen Forschungen macht Paul Jänicke den Zeuchfeldern in Broschüren zugänglich.. Nun bereitet er eine Publikation n über die Geschichte der einzelnen Häuser im Dorf vor.
Die Ergebnisse seiner heimatgeschichtlichen Forschungen macht Paul Jänicke den Zeuchfeldern in Broschüren zugänglich.. Nun bereitet er eine Publikation n über die Geschichte der einzelnen Häuser im Dorf vor. Gerd Stöckel

Zeuchfeld - Die Akteure des dörflichen Lebens in Zeuchfeld haben für dieses Jahr zwei runde Geburtstage im Kalender stehen: die Pfingstburschen haben sich vor 35 Jahren neu formiert, der Heimatverein ist vor zehn Jahren gegründet worden. Nun wird man auch für die Feuerwehr zu überlegen haben, ob ein 170-jähriges Bestehen eine Feier wert ist.

Dass dieser Jahrestag ins Haus steht, kommt aus berufenem Munde. Ortschronist Paul Jänicke hat es herausgefunden. Der 26-Jährige, der derzeit an seiner Promotion im Fach Chemie sitzt, befasst sich in seiner Freizeit mit der einem Wissenschaftler eigenen Akribie mit der Zeuchfelder Historie (Tageblatt/MZ berichtete). Derzeit bereitet er seine dritte Publikation zur Geschichte des heutigen Freyburger Ortsteils vor: Das „Zeuchfelder Häuserbuch“. Darin wird Heimatgeschichte anhand der Häuser im Dorf erzählt. Am vergangenen Wochenende hat Paul Jänicke in einem Chronikabend etliches von dem vorgestellt, was er zusammengetragen hat. Tageblatt/MZ sprach mit dem Ortschronisten.

Liste für die „Türkensteuer“

„Das erste Einwohnerverzeichnis stammt von 1501“, sagt Paul Jänicke. Die Zeuchfelder verdanken es den Türkenkriegen. Damals hatte der Reichstag in Augsburg die Türkensteuer beschlossen, um dem Kaiser Mittel zu beschaffen, die türkischen Heere abzuwehren. Das Verzeichnis dieser Steuer befindet sich im Hauptstaatsarchiv in Dresden, und in der Liste für Zeuchfeld sind 30 Hauseigentümer verzeichnet. Man hatte damals die Häuser vom Ortseingang an durchnummeriert, was Zeuchfeld seine ersten Hausnummern bescherte. Später gebaute Häuser erhielten höhere Nummern, was bis vor 50 Jahren den Schluss zuließ - je höher die Hausnummer, desto jünger das Haus. Für Heimatforscher eine schöne Sache, findet Paul Jänicke. Allerdings: Da stand dann eben zwischen der Nummer 26 und 27 irgendwann das Haus Nummer 44. Für heutige Rettungsdienste sozusagen der Supergau. So wurde dann Anfang der 1970er-Jahre auch hier das Hausnummernsystem geändert. Nun tragen die jüngsten Häuser kurz nach dem heutigen Ortseingang die niedrigsten Nummern. Und Häuser, die nach dieser neuen Zählung entstanden sind, werden jetzt am jeweiligen Standort mit a,b oder c eingefügt.

Große Bodenständigkeit

Von den Namen der etwa 30 Zeuchfelder, die in der Türkensteuerliste von 1501 verzeichnet waren, existiert heute im Dorf keiner mehr. Nichtsdestotrotz offenbaren die Nachforschungen von Ortschronist Jänicke große Bodenständigkeit. In nicht wenigen Häusern leben Familien seit Generationen. Am augenscheinlichsten ist das beim Haus, das heute die Nummer 27 trägt und das seit rund 340 Jahren von Georgis bewohnt wird.

Bei seinen Recherchen stieß Ortschronist Jänicke auch auf ein interessantes Dokument zum Zeuchfelder „Nachbarschaftsrecht“. Dieses, so erläutert er, kann man mit dem Bürgerecht in Städten vergleichen. Es regelte, wer sich wie an Arbeiten für die dörfliche Gemeinschaft zu beteiligen hatte und wer in Angelegenheiten des Gemeinwesens Stimmrecht hatte - nicht jeder eben. Das war zwar 1839 unter preußischer Herrschaft abgeschafft worden, galt aber hier und da als Gewohnheitsrecht fort. In Zeuchfeld bis 1843. Da nämlich beschwerte sich ein Schneidermeister Friedrich Hädel, dass auch er zu gemeindlichen Angelegenheiten seinen Beitrag zu leisten, aber kein Stimmrecht habe. Mit Erfolg. Der damalige Landrat soll ihm recht gegeben haben.

Interessant auch die Geschichte der gemeindeeigenen Gebäude. Das erste Feuerwehrdepot stand in Zeuchfeld nicht an der Stelle, wo es sich heute befindet. Das heutige wurde erst 1965 am Gemeindeamt angebaut. Und das Amt wiederum befand sich in einem Gebäude, in dem zuvor das Armenhaus untergebracht war. Das war Mitte des 19. Jahrhunderts eingerichtet worden und zwar dort, wo sich bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts ein Wächterhaus befunden hatte, das in jenen unruhigen Zeiten rund um die Uhr besetzt gewesen sein soll.

Das Gemeindehaus ist inzwischen zu einem Wohnhaus umgebaut worden. Der sanierte frühere Trafo-Turm daneben vervollständigt das schmucke Ensemble, das im Laufe der Geschichte in so vielfältiger Weise für die Gemeinde genutzt worden ist.

Interessiertes Publikum

„Der Chronikabend im Zeuchfelder Gemeindesaal hat auch diesmal großes Interesse gefunden, nahezu 100 Interessierte waren da, darunter auch mancher ehemalige Zeuchfelder, der heute andernorts wohnt“, berichtet Manuela Otto, die Vorsitzende des Heimatvereins. Aus dem Publikum wurden dann auch zum Vortrag von Paul Jänicke mancherlei Ergänzungen und auch Anekdoten beigesteuert.

Ach ja: Die Feuerwehr im Dorf hat Paul Jänicke erstmals 1848 in den Gemeindeakten erwähnt gefunden. Als Beginn des organisierten Löschwesens wertet er diese Jahreszahl, weil da ein Wehrleiter erwähnt wird und also von Strukturen auszugehen ist.

Brände wurden in Zeuchfeld natürlich auch vorher schon gemeinschaftlich gelöscht, wozu die Gemeinde zum Beispiel im Jahr 1819 Eimer, Stangen und Haken angeschafft hatte. Die Rechnung dafür findet sich in den Archiven. Falls der in diesem Jahr anstehende runde Feuerwehrgeburtstag also etwas überraschend kommt: Man könnte überlegen, die Fete noch etwas aufzuschieben und im nächsten Jahr ein Jubiläum „200 Jahre Feuerwehr Zeuchfeld“ zu feiern. „Man könnte das so sehen, aber von einem organisierten Löschwesen kann man 1819 noch nicht sprechen“, wehrt der auf Korrektheit bedachte Chronist das ab.

Seit 340 Jahren von derselben Zeuchfelder Familie bewohnt: das Haus, das heute die Nummer 27 trägt.
Seit 340 Jahren von derselben Zeuchfelder Familie bewohnt: das Haus, das heute die Nummer 27 trägt.
Stückel
Der Komplex mit dem heutigen Feuerwehr-Depot wurde im Lauf der Jahrhunderte in der unterschiedlichsten Weise genutzt und immer wieder umgebaut.
Der Komplex mit dem heutigen Feuerwehr-Depot wurde im Lauf der Jahrhunderte in der unterschiedlichsten Weise genutzt und immer wieder umgebaut.
Stöckel