Hartwig Gauder Hartwig Gauder: "Stets ein großes Vorbild"

Naumburg/Erfurt - Mit Bestürzung und Trauer wurde auch in den Geher-Hochburgen Naumburg und Gleina die Nachricht vom Tod Hartwig Gauders aufgenommen. Der 65-jährige Erfurter, der in seiner Karriere Olympiasieger sowie Welt- und Europameister geworden war, starb am vergangenen Mittwoch an den Folgen eines Herzinfarktes (Tageblatt/MZ berichtete).
Verlorene Wette um Schwein
Die große Verbundenheit mit seinem Sport und seine Bodenständigkeit wurden bei vielen Besuchen Gauders in der Saale-Unstrut-Region deutlich. Vor allem Gleina und der dortige Traditionswettkampf auf der „Schleife“ hatten es dem Ausnahmeathleten angetan. „Ich erinnere mich noch sehr gut an 1981, als Hartwig unsere von Hans-Peter Knospe geleitete Trainingsgruppe besuchte. Wir waren mächtig stolz, als er uns als frisch gebackener Olympiasieger im 50-Kilometer-Gehen ein Autogramm und einen Gruß schrieb“, blickt Mike Trautmann, damals ein Knirps von sieben Jahren, zurück. Und er hat das historische Dokument auch sofort zur Hand - Knospes ausführlicher Chronik sei Dank.
Zwar ging Hartwig Gauders Wunsch von einem Olympiasieger aus Gleina (noch) nicht in Erfüllung, doch die Trautmann-Brüder Denis und Mike schafften im Jahr 2000 immerhin bekanntlich das Kunststück, sich auf der langen Geherstrecke für Olympia in Sydney zu qualifizieren.
Gauder und Gleina - da gibt es auch noch ganz andere Anekdoten. Vor allem diese besonders hübsche: 1987, da war er gerade Weltmeister geworden, wetteten der Freyburger Zahnarzt Dieter Hanisch sowie Marion Gauder, die Ehefrau des Gehers, und der Gleinaer Gerhard Wagner, dass es Hartwig Gauder nicht schafft, 1988 in Seoul Olympiasieger zu werden. Tatsächlich wurde der Erfurter in der südkoreanischen Hauptstadt „nur“ Dritter. 17 Jahre später löste der Ausnahmeathlet dann seine Wettschuld, ein Drei-Zentner-Schwein, ein. Im Gleinaer Weingut Böhme ließ man sich Geschlachtetes und manchen guten Tropfen munden. „Hartwig Gauder war stets ein großes Vorbild und ein Freund. Er stand seinen Nachfolgern immer mit Rat und Tat zur Seite, machte Nordic Walking in Deutschland salonfähig, engagierte sich ja auch sehr beim Thema Organspende“, würdigt Mike Trautmann den Verstorbenen.
Gauder, der „Mann mit den drei Herzen“ (so der Buchtitel seiner Autobiografie), hatte zunächst zehn Monate mit einem Kunstherz und seit 1997 dann mit einem Spenderherz gelebt. In den vergangenen Monaten verschlechterte sich Hartwig Gauders Gesundheitszustand; nach einem Nierenversagen hatte er sich zuletzt täglicher Dialyse unterziehen müssen und wartete wieder auf ein Spenderorgan.
Letzter Auftritt im Vorjahr
Auch beim traditionsreichen Naumburger Straßengehen war Gauder stets ein gern gesehener Gast. 1993 ließ er es sich nicht nehmen, bei den Sporttagen in einer Prominenten-Duathlon-Staffel anzutreten - gemeinsam mit Radsport-Legende Klaus Ampler und Marathon-Doppel-Olympiasieger Waldemar Cierpinski. Er warb als Botschafter für den Geher-Weltcup 2004 in Naumburg. „Hier habe ich meine schönsten Wettkämpfe bestritten, zum Beispiel meinen ersten wichtigen am 1. Mai 1972, als ich als Junior über zehn Kilometer unter 50 Minuten blieb“, erzählte er mal in einem Interview mit unserer Zeitung. Seinen letzten Auftritt in der Domstadt hatte Gauder 2019 bei der Jubiläumsveranstaltung zum 50. Gehen.
