Gemeinsame Jungweinprobe Gemeinsame Jungweinprobe: Entstanden aus dem Nichts

Freyburg - Die diesjährige Große Gemeinsame Jungweinprobe der Anbaugebiete Saale-Unstrut und Sachsen ist in mindestens zweierlei Hinsicht eine besondere. Zunächst, weil sie mit 25 Jahren ihres Bestehens ein kleines, aber gewichtiges Jubiläum feiert. Quasi entstanden aus dem Nichts, um bis heute die größte in Deutschland zu sein. Und dann ist sie natürlich die Jungweinprobe, die ob des grandiosen Jahrgangs 2015 Tropfen im Glase hat, die ihresgleichen suchen, vielleicht die besten seither sind. Als i-Tüpfelchen darf man werten, dass sowohl Gründungs- als auch Jubiläumsveranstaltung an Saale-Unstrut verankert sind. Damals in der „Schönen Aussicht“ von Bad Kösen, heute in der Rotkäppchen-Sektkellerei in Freyburg. Dass 229 Weine und sieben angestellte Sekte auch quantitativ eine Hausnummer sind, kann man da zu erwähnen fast vernachlässigen.
Die Weinbaupräsidenten von Sachsen, Christoph Reiner, und Saale-Unstrut, Siegfried Boy, sparen deshalb nicht mit großen Worten, sprechen von gut gefüllten Kellern und ausgezeichneten Qualitäten. Knapp 53000 Hektoliter Wein des Jahrgangs 2015 stehen hierzulande zu Buche, in Sachsen 24000. Die Durchschnittserträge pro Hektar haben hier wie da gründlich zugelegt, wobei Saale-Unstrut auf 70 Hektoliter verweisen kann, Sachsen auf 52. Beide Anbaugebiete vermelden erstaunliche Mostgewichte von durchschnittlich 80 Grad Öchsle, was über die Jahre hinweg zwar nicht die Spitze markiert, aber mehr als ordentlich ist. Wichtigste Rebsorte zur diesjährigen Jungweinprobe, weil am stärksten vertreten: der Weißburgunder, er steht gleich 37-mal auf den Verkostungstischen. Alles in allem, so sind sich die Winzer einig, spiegeln die Anstellungen den typischen Charakter beider deutscher Anbaugebiete. Vor allem weiß und trocken.
Dass die Große Gemeinsame Jungweinprobe überhaupt zustande gekommen ist und den Titel zu Recht trägt, ist maßgeblich zwei Personen zu verdanken: Rudolf Knoll und Udo Lützkendorf. Der eine Weinjournalist aus dem Westen, der andere Winzer aus dem Osten. Knoll beobachtete lange vor der Wende die „Exoten“ im anderen Teil Deutschlands, besuchte sie auch. Eben Udo Lützkendorf, damals Chef des VEG Weinbau Naumburg mit Sitz in Bad Kösen. „Ob ich tatsächlich drüben gewesen bin, fragten mich damals meine Kollegen ungläubig“, berichtet Knoll jetzt zur Pressekonferenz. Und Lützkendorf erinnert sich, dass der immer in „Begleitung“ kam, mit der Stasi. Nach der Wende war es der in der Oberpfalz lebende Rudolf Knoll, der meinte, der Osten müsse nicht nur an der Qualität der Weine arbeiten, sondern diese vor allem bekanntmachen. Die Geburtsstunde der ersten Weinprobe. Vier Betriebe nahmen an ihr teil, 61 Weine wurden verkostet. Heute konstatiert Knoll, dass die Weine hohe Qualitäten vorweisen, vielfach junge Unternehmen an Bord sind und hohe Investitionen getätigt wurden. Udo Lützkendorf sieht die Zukunft der Anbaugebiete Sachsen und Saale-Unstrut in Qualitätsweinen für Liebhaber. „Mit Menge ist hier nichts zu machen“, meint der Bad Kösener. Nur so könnten die beiden Kleinen überleben.