Handwerk-Jubiläum Fahrrad kaufen Hohenmölsen: Jubiläum für Werner Brückner

Hohenmölsen - Wer den Fahrradladen in der Hohenmölsener Herrenstraße betritt, der atmet Geschichte ein. Große Teile der Einrichtung könnten wohl schon im Museum stehen. Der Tresen etwa, an dem Mechaniker Jürgen Krosse die Kunden empfängt, wurde einst in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts von der Apotheke am Markt gegenüber übernommen.
Die Tapete mit ihren großen Mustern versprüht den Charme der 70er Jahre. Sympathisch angestaubt kommt ein Laden herüber, dessen Inhaber am 1. März ein seltenes Jubiläum feiern durfte: Werner Brückner ist seit 50 Jahren Inhaber des Geschäfts.
Dreimal Anlass zum Feiern
„Ich habe in diesem Jahr gleich drei Jubiläen“, erzählt der Schlossermeister. Im Januar wurde er 80 Jahre alt. Nun also am Freitag das 50. Geschäftsjubiläum, und Ende Juni kommt noch etwas dazu: 50 Jahre als Freizeitkegler beim Sportverein Hohenmölsen 1919. Dass er das halbe Jahrhundert im Geschäft voll gemacht hat, nimmt der Senior eher gelassen zur Kenntnis. Eine große Feier gab es nicht. Aber der eine oder andere ist schon mit einem Glückwunsch im einzigen Fahrradladen von Hohenmölsen vorbeigekommen.
Immerhin ist das Geschäft ein gutes Stück Stadtgeschichte. Bereits im Jahr 1900 hat ein gewisser Otto Berlich, ein weitläufiger Verwandter des heutigen Firmeninhabers, Geschäft und Werkstatt in der Herrenstraße gegründet. 1924 übernahm Fritz Johne, der Vater von Werner Brückners späterer Frau Beate, das kleine Unternehmen, das nicht nur Fahrräder verkaufte und reparierte, sondern auch Motorräder, Schreib- und Nähmaschinen. An einer Pinnwand in der kleinen Küche erinnern jetzt zum Jubiläum Fotos an jene Zeiten.
Laden um die Ecke: Eine Institution
1969 schließlich stieg Werner Brückner in die Firma ein. Übernahm die Werkstatt von seinem Schwiegervater, während sich seine inzwischen verstorbene Frau um den Handel kümmerte. Seit 1971 die meiste Zeit mit dabei: Mechaniker Jürgen Krosse. „Ich habe hier gelernt“, erzählt der heute 62-Jährige. Die Fahrräder und Mopeds, die er in all den Jahren repariert hat, hat er nicht gezählt. Doch er weiß: „Zu DDR-Zeiten war hier mehr los. Da waren wir nachmittags zu dritt im Laden.“ Ersatzteile gab es kaum zu kaufen. Da hofften die Leute eben auf Hilfe im Fahrradladen ihres Vertrauens.
Heute schmeißen Werner Brückner und sein Mitarbeiter Jürgen Krosse alleine den Laden. Es gibt (fast) alles zu kaufen, doch die Technik ist viel komplizierter geworden. Wenn mitunter schon der Schlauchwechsel zum Problem wird, sind Rat und Hilfe im Laden um die Ecke gefragt. Und sie wollen nicht klagen bei Brückners.
Keine Veränderungen, kein Nachfolger
Noch immer ist das Geschäft eine Institution in Hohenmölsen und Umgebung. „Wir haben viele ältere Stammkunden“, erzählt der Chef. Wenn sie an die riesigen Fahrradtempel in den Einkaufszentren denken, dann wird ihnen nicht bange. „So mancher schätzt die individuelle Beratung. In den riesigen Läden sind die Leute doch einfach überfordert“, denkt Jürgen Krosse.
Doch wie lange der sympathische Laden unweit vom Hohenmölsener Markt noch besteht, bleibt abzuwarten. Fest steht: Für den Senior-Chef gibt es keinen Nachfolger. Die beiden Kinder wollen das Geschäft ebenso wenig übernehmen wie einer der vier Enkel. „Ich will schon noch eine Weile durchhalten“, versichert Werner Brückner. So wie die in die Jahre gekommene Einrichtung. Veränderungen seien hier nicht geplant, versichert der Chef. Warum auch. „Dann finde ich ja gar nichts mehr“, sagt der Mechaniker und greift in eines der alten Schubfächer. (mz)