Erinnerungen eines Pödelisters Erinnerungen eines Pödelisters: Wenn Papa auspackt

Pödelist - Seinen beiden Kindern, elf und neun Jahre alt, hat Marko Schucht oft von seiner eigenen Kindheit und seinen Erlebnissen erzählt. Mit der Zeit blieb es nicht dabei. Aus dem mündlichen Schildern wurde ein Schreiben. „Das hat dann eine gewisse Eigendynamik entwickelt“, erzählt der 48-Jährige. Entstanden ist ein Buch mit dem langen Titel „Papa packt aus. Von Risiken und Nebenwirkungen einer Dorfjugend“.
Denn aufgewachsen ist der gebürtige Naumburger, der mit seiner Familie mittlerweile in Holzwickede im Ruhrgebiet lebt, in Pödelist und Dobichau. Seine Mutter Ursula war Leiterin des Kindergartens, auch sein Vater Wilfried war als Hauptzuchtwart des Dienst- und Gebrauchshundevereins kein Unbekannter. Im Sommer 1989 verließen die Eltern mit ihrem Sohn die DDR; sie reisten über die Prager Botschaft in die BRD aus. Marko Schucht hatte damals eine Lehre in Leuna gemacht. „Die Flucht war ein riesengroßer Schritt, aber auch mit einem Gefühlschaos sowie mit Ängsten und Sorgen wegen einer ungewissen Zukunft verbunden. Das sind wohl die berührendsten Kapitel im Buch“, so Schucht, der darin sowohl die Zeit in der DDR als auch die nach der Wende beschreibt. Er berichtet von Dorffesten, Fahnenappellen, Schwarzfahren, Westfernsehen und Ferienlagern, aber auch von seiner Rede als Student bei der Uno in New York sowie über das Westfalenstadion von Borussia Dortmund, wo er einst als sogenannter Becher-Manager tätig war. Sein Blick auf die Vorwende-Jahre sei indes nicht verklärend, von einer rosaroten Brille gezeichnet und sollte nicht als Abrechnung verstanden werden. Schucht: „Zielgruppe sind all die Menschen, die Lust haben, sich auf eine kurzweilige und humorvolle Zeit- und Lebensreise zu begeben und für einige Stunden gut unterhalten werden wollen.“
Neben seinen Eltern übernimmt auch seine Zwillingsschwester Anja eine Hauptrolle, die damals nicht ausgereist, sondern später zur Familie hinzugestoßen war und heute als Logopädin arbeitet. Mit ihr ist Schucht bis heute sehr verbunden.
Nachdem er im Westen eine Lehre zum Einzelhandelskaufmann absolviert hatte, studierte er Wirtschaftsrecht an der Fachhochschule Gelsenkirchen. Heute ist er als Chefredakteur im Düsseldorfer Verlag „markt intern“ tätig, wo er die Ausgabe „Augenoptik/Optometrie“ verantwortet. Das Buch schrieb er im Frühjahr vergangenen Jahres. Begleitet werden die Texte von Illustrationen des Düsseldorfer Grafikers Norbert Höveler, dem Schöpfer der bekannten Pudding-Kuh Paula. Ein weiteres Buch schließt Schucht vorerst aus, obwohl er sich dies gut vorstellen kann: „Das Eintauchen und Niederschreiben meiner Kindheitserinnerungen hat mir viel Spaß gemacht. Momentan verlangt mir jedoch die aktuelle Corona-Situation beruflich und privat unglaublich viel ab. Unser Verlag vertritt die Interessen zahlreicher Einzelhandelsbranchen, und deren Zwangsschließungen über einen derart langen Zeitraum bergen existenzielle Probleme für unsere Zielgruppe. An kreatives Arbeiten ist derzeit nicht zu denken.“
Den Kontakt zur Heimat hat er indes nicht verloren. Noch immer besucht er regelmäßig die Region. „Einmal im Jahr geht es immer zum Großjenaer Karneval.“