Erfolg Erfolg : Tramp-Champ aus Naumburg

Naumburg - Eine gewachsene Angstkultur oder die einfache Nutzung von Mitfahrzentralen? Es mag viele Gründe dafür geben, dass die Zahl derer, die mit Rucksack, Schild und Daumen nach oben am Straßenrand stehen, in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten gesunken ist. Und doch gibt es auch heute noch viele Menschen, für die das Trampen die schönste Art der Fortbewegung darstellt. Einer von ihnen ist der 23-jährige Naumburger Max Reitmeyer. In der Domstadt aufgewachsen, in Droyßig Abitur gemacht, in Dresden studiert, absolviert er gerade ein Praktikum in einem Verlag in Bielefeld.
Nach Griechenland und zurück
Zum trampen kam er erstmals im Jahr 2011, als er mit einem Kumpel von Leipzig möglichst billig nach Bremen kommen wollte. „Das klappte damals erstaunlich schnell, und seitdem bin ich auf Trampen fixiert“, meint Reitmeyer. Das Abenteuer, vor allem aber das Kennenlernen fremder und vor allem freundlicher Menschen ist es, was ihn am Fahren per Anhalter fasziniert. Seine schönste Reise? „In vier Wochen nach Griechenland und zurück.“ Negative Erlebnisse bisher: „Gab es keine. Aber ich traue mich auch, Fahrer abzulehnen, wenn sie nicht vertrauenserweckend aussehen“, meint er.
Seit dem vergangenen Wochenende aber ist der Naumburger kein ganz gewöhnlicher Tramper mehr. Nein, nun darf er sich in dieser Disziplin sogar Deutscher Meister nennen. Beim „Tramprennen 2016“, dem inoffiziellen nationalen Titelkampf, schnappte er sich zusammen mit einer ihm zuvor unbekannten Partnerin diese Auszeichnung. „Und das obwohl es meine erste Teilnahme überhaupt war und ich eigentlich nur ein schönes und spannendes Wochenende verleben wollte“, wie er gestern gegenüber Tageblatt/MZ verriet.
In einem ausführlichen Beitrag, den man unter www.reise-know-how.de findet, beschreibt Reitmeyer sein Titel-Tramping. Hier Auszüge: „Wie jedes Jahr organisierte der Verein ’Abgefahren – deutsche Autostop Gesellschaft’ ein Tramprennen zu einem geheimen Zielort. Dieses Jahr fand die neunte Auflage statt. Die Teilnehmer trampen zu einem festgelegten Zielpunkt – das Team, das zuerst ankommt, gewinnt. Erlaubte Fortbewegungsmethoden sind Trampen (ohne Bezahlung), Laufen und – in diesem Jahr – Bus- und Bahnfahren innerhalb Hamburgs. Wichtigstes Merkmal ist, dass das Ziel nur den Veranstaltern bekannt ist und die Teilnehmenden den Zielpunkt erst am Morgen des Rennens erfahren. In den letzten Jahren war das Ziel circa 400 Kilometer vom Startort entfernt“, schreibt er da unter anderem. Und weiter: „23 Teams fanden sich am Startpunkt in Hamburg beim alten Elbtunnel ein. Jedes Team besteht aus zwei Personen, so dass die Marke von 50 Teilnehmenden nur knapp unterschritten wurde. 2008 fand die erste Auflage mit zwölf Leuten statt. Dann wurde das Ziel offiziell bekanntgegeben: Dieses Jahr sollte es an die dänische Ostseeküste, auf die Insel Fyn, in das Strand-Camping im Ort Tårup gehen. Exakt 350 Kilometer vom Elbtunnel entfernt, irgendwo im Nirgendwo von Dänemark. Dass es Richtung Norden gehen würde, darauf hatten die meisten spekuliert.“ Dann ging es für den 23-Jährigen und seine Teamkollegin los. Erst einmal - wie langweilig - mit der Hamburger U-Bahn in Richtung Autobahn. Dann aber ging es per Anhalter weiter: erst mit einer Frau, „die eigentlich nur mit ihrem Hund ins Grüne wollte“, dann „im Golf von zwei Studenten“.
Tierärzte und dänische Mütter
Auf einem Rastplatz fand das Duo „zwei dänische Tierärzte, die einen Kongress in Hamburg besucht hatten. Mit ihnen fuhren wir bei Flensburg über die Grenze.“ Und weiter: „Dann hinein in ein Auto mit Mutter und zwei Kindern. Um an Odense vorbeizukommen, beanspruchten wir die Hilfe einer weiteren Mutter samt Tochter, die ihre Familie auf Sjælland besuchen wollten. Jetzt galt es nur noch die letzten 15 Kilometer auf Landstraßen zu bewältigen. Und auch unsere sechste Mitfahrgelegenheit zum Campingplatz, mitten in der dänischen Pampa, war schnell gefunden.“ Dort angekommen folgte die große Überraschung: Erster! „In nur sechs Stunden und fünf Minuten (trotz Stau!) haben wir die 350 Kilometer bewältigt.“ Wenige Minuten vor den Zweitplatzierten. Was folgte, war eine große Party aller Teilnehmer und das Vorhaben, im nächsten Jahr wieder dabei zu sein.
Selber hat der Naumburger übrigens noch nie einen Tramper mitgenommen. „Ich würde ja gerne. Aber ich fahre selten Auto und wenn, dann finde ich trotz Suchens auf Rastplätzen einfach niemanden.“ Tramper sind eben zur Rarität geworden. Warum auch immer.