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"Dumme Bullen" "Dumme Bullen": Wird Polizei bei Beleidigungen im Regen stehengelassen?

Von Klaus-Dieter Kunick 06.06.2017, 06:27
Die Polizei im Einsatz.
Die Polizei im Einsatz. dpa/Symbolbild

Weißenfels - Beschimpft ein Bürger einen Polizisten als „dummen Bullen“, so kann es durchaus sein, dass er dafür noch nicht einmal belangt wird. „Wir haben uns alle zumeist ein dickes Fell zugelegt“, sagt ein Polizist des Polizeireviers Burgenlandkreis. Und das aus gutem Grund: Es sei ihm aus der Erfahrung heraus nicht bekannt, dass ein Bürger je belangt worden sei. „Wenn wir alles zur Anzeige bringen, hätten wir allein damit fast den ganzen Tag zu tun“, ergänzt er.

Dass das nicht einfach so dahin gesagt ist, bestätigt ein Kollege: „Ich habe erlebt, dass eine Frau bei einem Einsatz uns zurief: ,Ihr dummen Bullenschweine, eure Stasigesichter merke ich mir’“, so der Beamte. Wurde die Frau belangt? Die Anzeige sei unter fadenscheinigen Gründen unter den Tisch gefallen, berichtet der Polizist.

Polizeibeamte unterliegen dem Strafverfolgungszwang

Die vorgesetzte Dienststelle sieht das anders: „Sofern Polizeibeamte im Dienst beleidigt werden, erstatten diese auch eine Strafanzeige“, erwidert Ralf Karlstedt, Leiter des Direktionsbüros in der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Süd in Halle. Grundsätzlich würden Polizeibeamte dem Strafverfolgungszwang unterliegen. Doch Nancy Eggeling lässt zugleich die Katze aus dem Sack: „Inwieweit die angezeigten Straftaten sanktioniert werden, obliegt nicht der Entscheidung der Polizei, sondern ist Aufgabe der Justiz“, sagt die stellvertretende Pressesprecherin im Magdeburger Innenministerium.

Das Justizministerium kontert: „Die Gründe für Verfahrenseinstellungen sind vielfältig“, sagt deren Pressesprecher Detlef Thiel. So kommen Beweisfragen, geringe Schuld, Verhängung von Auflagen mit der Einstellung in Betracht und können nicht generalisierend festgestellt werden. Die Beleidigung könne im Wege der Privatklage verfolgt werden, wenn der Beamte sich verfolgt fühlt.

Beschimpfungen sind mittlerweile an der Tagesordnung

Ein weiterer Weißenfelser Polizist lässt seinem Unmut ebenfalls freien Lauf: „Ich kann jedem nur abraten, zur Polizei zu gehen, weil man immer der Dumme ist“, bekennt er. Denn niemand stelle sich schützend hinter einen, wenn es hart auf hart kommt. Beschimpfungen seien mittlerweile an der Tagesordnung. Klare Worte findet Uwe Petermann: „Die meisten Verfahren wegen Beleidigung werden eingestellt“, weiß der Landesvorsitzende der Polizeigewerkschaft in Sachsen-Anhalt.

„Die Polizisten werden im Regen stehen gelassen“, ergänzt er. Der Gewerkschafter fordert, dass der Staat von Amtswegen Beleidigungen verfolgen muss. „Es kommt täglich zu Gewalt gegen Polizisten, hinzu kommen im Jahr ungefähr 2.000 Beleidigungen“, so Petermann. Es sei ein Unding, dass der Staat seine Polizisten nicht unterstützt. (mz)