Corona-Krise Corona-Krise : Normal ist erst mal vorbei

Naumburg - Die Mitarbeiter des Bauhofes haben gerade die Verbotsschilder am Spielplatz angebracht, um nach der Frühstückspause noch Absperrgitter zu stellen. Doch als sie zum „Schwarzen Ross“ am Wenzelsring zurückkommen, tummeln sich bereits wieder Kinder auf den Spielgeräten - unter elterlicher Aufsicht! Die Schilder? Ignoriert. Neben dem Absperren der 43 öffentlichen Spielplätze haben die Bauhofangestellten dieser Tage, seit der weitgehenden Einschränkung des öffentlichen Lebens im Zuge der Corona-Krise, noch eine andere Aufgabe: Sie müssen erklären, für Verständnis werben und freundlich wegscheuchen.
Während die Spielplätze leer bleiben, ist rund um den Naumburger Markt noch einiges an Leben verblieben. Es ist Markttag. Das ist weiterhin erlaubt und wird auch genutzt. Manche Händler scheinen weniger, manche genau so viel zu tun zu haben wie sonst. Vorm Eiscafé „Italia“ sitzen die Gäste in der Sonne. Welchen Abstand sie zueinander halten, schauen sich am frühen Nachmittag Harald Berger und Pavel Wystrach an. Sie sind zwei von sechs Ordnungsamtsmitarbeitern, die in dieser Woche die vom Land festgesetzten Erlasse kontrollieren.
Hinweis auf Abstandsregelung der Tische
Wobei, sie klären lieber auf. Freundlich weisen sie die „Italia“-Mitarbeiter auf die Abstandsregelung von zwei Metern zwischen den Tischen hin. Die aber wussten das schon und hatten bereits einige Tische mit hochgestellten Stühlen „gesperrt“. Auch, dass sie maximal vier Leute in der Schlange und den Rest draußen stehen lassen, sorgt für ein Lob der Ordnungshüter. „Macht’s gut und bleibt schön gesund“, verabschieden sich Berger und Wystrach. Sie sehen sich eher als Partner. „Man muss doch den Unternehmern erst mal die Chance geben, sich auf die neue Situation einzustellen“, sagt Berger. Auch der Inhaber des Ein-Euro-Ladens, der ohne Erlaubnis geöffnet hatte, kam ohne Strafe davon. Ein weiteres Mal sollte er sich das aber wohl nicht erlauben.
Eine Auflage, die derzeit für viele Unternehmer tragischerweise überhaupt keine Rolle spielt: die Begrenzung der Personenzahl in den Lokalen auf 50. „Es kommt ja eh kaum einer“, sagt Ahmad Aljalad vom Eiscafé „Verona“. Nur noch vier Tische hat er draußen stehen. Nur zwei davon sind gegen 13.30 Uhr besetzt - bei herrlichstem Sonnenschein. Drinnen herrscht gähnende Leere. 178 Euro Umsatz statt 1.100 wie an guten Tagen hat er am Dienstag gemacht. Gleiches Bild ein paar Meter weiter beim Griechen in der Marienstraße. Normalerweise brummt es bei Konstantionos „Kosta“ Papathanasiou stets und ständig. Doch normal ist erst mal vorbei. „Keine 20 Leute waren gestern hier“, klagt er. Sein Angebot, die Speisen auszuliefern, habe tags zuvor nicht ein einziger Gast wahrgenommen. „Ich habe schon überlegt zu schließen. Aber was mache ich mit meinem Personal? Ich werde erst mal abwarten, wie es sich entwickelt.“
Markierungen und Flatterband
Harald Berger und Pavel Wystrach zeigen sich sensibel, verzichten auf weitere Belehrungen. Generell können sie sich über die Bereitschaft der Unternehmer, den neuen Erlass umzusetzen, nicht beklagen. „Heute Vormittag waren wir bei McDonalds. Die hatten schon die ganzen Plätze, auf denen man nah beieinander hockt, mit Flatterband abgesperrt. Vorbildlich“, sagt Berger. Auch im Kaufland seien schon die nötigen Markierungen fürs Abstandhalten aufgeklebt gewesen. Berger: „Und auch Plexiglaswände für die Kassiererinnen wurden gerade angebracht.“ Also alles paletti? „Bei den Firmen schon. Das Problem liegt eher bei den Kunden.“ Filialleiter hätten einen deutlichen Anstieg motzender Kunden erlebt, die ihren Frust über die derzeitigen Einschränkungen am Personal auslassen.
Wenn schon die Erwachsenen es nicht schaffen, anständig zu bleiben, wie schaut es dann erst bei den Kindern aus, fragt man sich. „Corona, Kinder, Chaos: Bei Eltern liegen die Nerven blank“, lautet der Betreff einer Pressemitteilung, die eine bekannte Krankenkasse gestern per E-Mail an Journalisten verschickte.
Und auch die Stadt Naumburg zeigte ihre pädagogische Seite. Im Internet fügte sie der Erklärung, dass die Spielplätze geschlossen werden müssen, den folgenden Satz an: „Bitte gehen Sie mit Ihren Kindern trotzdem in die Natur, vermeiden Sie aber Menschenansammlungen.“ Derzeit bietet sich zum Glück das Wetter dafür geradezu an.
