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Aussterbendes Traditionshandwerk Aussterbendes Traditionshandwerk: Hat eine der letzten privaten Bäckereien Zukunft?

Von Tobias Schlegel 18.08.2019, 06:00
Bäckermeister Reinhard Hanke hat sich mittlerweile aus dem Alltagsgeschäft seiner Bäckerei in Wählitz zurückgezogen. Nur in der Weihnachtszeit steht er noch ab und zu in der Backstube - und bäckt Stollen. Das Backen überlässt er sonst seinen Angestellten.
Bäckermeister Reinhard Hanke hat sich mittlerweile aus dem Alltagsgeschäft seiner Bäckerei in Wählitz zurückgezogen. Nur in der Weihnachtszeit steht er noch ab und zu in der Backstube - und bäckt Stollen. Das Backen überlässt er sonst seinen Angestellten. Peter Lisker

Wählitz - Auch wenn er nun schon seit ein paar Jahren nicht mehr in der Backstube arbeitet - so richtig loslassen kann Reinhard Hanke nicht. „Meist liegt in der Backstube ein Zettel herum mit Dingen, die repariert werden müssen. Das mache ich dann. Handwerker brauche ich nicht“, sagt der 79-jährige lachend. Seit 42 Jahren betreibt er die gleichnamige Familienbäckerei in dritter Generation im Hohenmölsener Ortsteil Wählitz. Seine Großmutter und dann sein Vater hatten vor ihm die mittlerweile über 90 Jahre alte Bäckerei geleitet.

Sich ganz zurückziehen - das will und kann Hanke nicht. „Wer soll es denn sonst machen?“, fragt der Bäckermeister. Einen direkten Nachfolger habe er nicht. Sein einziger Sohn ist Ingenieur geworden und lebt in Augsburg. „Er verdient dort gutes Geld“, sagt Hanke. Um das Geschäft weiterführen zu können, braucht es einen Meister wie es Hanke ist. In seiner Backstube arbeitet jedoch nur ein Geselle. Dieser müsste erst die nötige Meisterprüfung absolvieren.

Auch der finanzielle Hintergrund muss stimmen

Auch der finanzielle Hintergrund muss stimmen, sollte dieser den Betrieb übernehmen wollen. Dies sollte aber wohl kein Problem sein. Denn: Das Geschäft boomt. Nicht nur Wählitzer und Hohenmölsener kaufen hier Brot, Brötchen und Süßwaren. Auch Zeitzer und Naumburger sind darunter. „Ich staune selbst mitunter, von wo die Leute alle herkommen“, sagt Hanke.

Er ist überzeugt, dass die Leute trotz billigeren Produkten aus Großbäckereien die Ware eines guten alten privaten Bäckers immer noch zu schätzen wissen. „Hier gibt es keine Fertigprodukte und alles wird mit der Hand gemacht“, erklärt der Bäckermeister stolz. Sein Geselle fange sogar schon um Mitternacht mit der Arbeit an, damit ab halb sechs frische Brote und Brötchen verkauft werden können. Diesen ganzen Aufwand weiß die Kundschaft auch zu schätzen - deshalb greife sie auch mal etwas tiefer in den Geldbeutel.

Andere Bäckereien haben in den vergangenen Jahren ihr Geschäft geschlossen

Dennoch steht der Betrieb wie auch die Branche an sich vor einer ungewissen Zukunft. In der Hohenmölsener Region gibt es außer Reinhard Hanke aus Wählitz nur noch die Bäckerei Barthold aus Taucha. Andere Betriebe hätten in den vergangenen Jahren ihr Geschäft geschlossen. „Die privaten Bäcker sterben aus“, sagt es Reinhard Hanke wie es ist. Es gebe schlichtweg zu wenig Nachwuchs. Allein schon die Arbeitszeiten mit viel Nachtarbeit sowie auch gesetzliche Vorschriften seien ein Hindernis und machen den Beruf laut Hanke unattraktiv.

„Ich selbst bin in diesen Beruf hineingewachsen. Und anders als heute gab es damals nicht so viele Bürojobs als Alternative. Deshalb haben viele Menschen einen handwerklichen Beruf gelernt“, erklärt Hanke.

Ausgebildet hat er in seinem Betrieb nie - es habe auch schlichtweg nie den passenden Kandidaten gegeben

Ausgebildet habe er in seinem Betrieb nie - es habe auch schlichtweg nie den passenden Kandidaten gegeben. Neben dem Gesellen beschäftigt Reinhard Hanke aktuell noch sieben Frauen, die entweder verkaufen oder mit backen. Zwei von ihnen werden in den nächsten zwei bis drei Jahren in Rente gehen. Wie es danach weitergeht? Unklar. Was das Anforderungsprofil für den Job angeht, hat der Chef zumindest klare Vorstellungen: „Ich brauche Leute, die backen wollen, lernfähig, willig, hilfsbereit und mit Liebe und Engagement bei der Sache sind“, sagt Hanke.

Solange er sich körperlich und geistig fit fühle, wolle er den Laden auf alle Fälle weiterführen. Wie es später einmal weitergehen soll, könne er momentan noch nicht sagen. „Die Zukunft der Bäckerei hängt an einem seidenen Faden. Zurzeit ist dieser Faden aber noch stark genug“, sagt der Bäckermeister. (mz)