Auf Schiffsplanken Auf Schiffsplanken: Kapitän der "Avalon Expression" wollte schon immer aufs Wasser

Dehlitz - Ob es bei der Binnenschifffahrt riskant ist? Rainer Lembck (39), der in Dehlitz lebt und einer von drei Kapitänen des Fahrgastschiffes „Avalon Expression“ ist, schmunzelt bei seiner Antwort. Einerseits sei es im Sommer bei Niedrigwasser fast schon Normalität, wenn man praktisch über den Grund des Flusses schleift.
Mit seinem Kapitänspatent, das er gemacht hat, kennt er die Beschaffenheit des Rheins, weiß, wo die Last der Schiffe vor ihm die Fahrrinne vertieft hat, wo Schlamm oder Felsen zu erwarten sind. Passiert ist es ihm auch schon, dass die Bordwand beim Einfahren in eine viel zu schmale Schleuse am Beton Funken geschlagen hat. Aber da muss die Versicherung zahlen.
„Viele aus meiner Klasse sind an Mutters Rockzipfel geblieben.“
Das Wasser hatte es ihm schon angetan, als er bei Meißen an den Ufern der Elbe geboren wurde. Anschließend sei die Familie wegen Vaters Arbeit mehrfach umgezogen. Als er größer wurde, ist er oft mit ihm zum Riesaer Hafen gefahren. Und auch jetzt verbringt Rainer Lembck einmal in der Woche am Saaleufer und fängt Hecht, Zander oder Aal. Stundenlang sitze er da, schaue auf den Schwimmer und mache sich Gedanken über Gott und die Welt.
Es war wie ein Zwang, dass er Binnenfischer gelernt hat. „Viele aus meiner Klasse sind an Mutters Rockzipfel geblieben.“ Ihn zog es aufs Wasser und später auch seinen Bruder. Heute werde für den Beruf leider kaum noch Werbung gemacht, obwohl man händeringend nach Personal suche. Zunächst fuhr Lembck auf Frachtschiffen, dann wechselte er vor zehn Jahren auf den ersten Passagierdampfer.
Die ,Avalon Expression’ ist seine dritte Station
Die ,Avalon Expression’ ist dabei seine dritte Station. 2013 gebaut, ist sie 2.554 Tonnen schwer, 135 Meter lang, elfeinhalb Meter breit und kann 168 Fahrgäste befördern. Diese kommen vor allem aus Nord- sowie Südamerika und werden zwischen Amsterdam und Basel oder in der Gegenrichtung chauffiert.
Drei Kapitäne sorgen im Vier-Stunden-Rhythmus für die Sicherheit, ein Maschinist und drei Matrosen gehören zur Crew und gut 40 Angestellte kümmern sich um den Service in Hotel und Gastronomie. 13 Jahre hat er mitsamt der Ausbildung auf Mosel, Rhein, Donau und Elbe verbracht, zehn weitere im Personenverkehr.
Mit den Gästen habe er freilich relativ wenig zu tun, es sei denn, die Kapitäne zeigen den Touristen die Kommandobrücke. Früher ging es auch mal in den Maschinenraum, doch das geht wegen der Sicherheit nicht mehr. Und auch beim Kapitänsdinner ist er ab und an dran, um die Leute zu unterhalten.
Normalerweise sind es vier Wochen Arbeit und vier Wochen frei
Ist von der Romantik viel geblieben, von der er als Kind und Jugendlicher geträumt hat? Rainer Lembck schüttelt den Kopf. Vielleicht bis auf den Umstand, dass er seine Lebensgefährtin Victoria auf einem Schiff kennengelernt hat, wo sie zum Servicepersonal gehörte. Klar, da habe man zum Beispiel auch mal Budapest erkundet. Doch sonst geht es ums Geldverdienen, damit das Haus in Dehlitz abgezahlt werden kann.
Normalerweise sind es vier Wochen Arbeit und vier Wochen frei, doch der 39-Jährige gönnt sich wegen des Kredites nur zwei Wochen Erholung. „Das ist hart für die Familie“, aber irgendwann sei damit Schluss. Ist er zu Hause, kümmere er sich um die zwei Mädchen, um Freundschaften, die durch die Arbeit gelitten haben. Und mit seiner Frau gehe er in der kalten Jahreszeit, wenn die „Avalon“ vertäut am Kai liegt, auch zum Lützener Karneval. Selbst das Prinzenpaar haben sie mal gegeben.
Aber ob daheim oder auf Fahrt: Schön ist, wenn morgens die Sonne auftaucht, man spürt, wie es vorwärtsgeht und man dennoch gelassen bleibt. Man denkt nicht mehr ans Geldverdienen, sondern nur noch an die Ruhe und an die Familie. (mz)