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Ältester Einwohner im kleinen Ebersroda Ältester Einwohner im kleinen Ebersroda: Mit 100 frisch und rüstig

Von Gudrun Schröder 11.08.2020, 08:23
In seinem Garten in Ebersroda fühlt sich der 100-jährige Reinhold Rockstroh besonders wohl.
In seinem Garten in Ebersroda fühlt sich der 100-jährige Reinhold Rockstroh besonders wohl. Gudrun Schröder

Ebersroda - Er ist der älteste Bürger, der im kleinen Rundplatzdorf Ebersroda geboren wurde. Bei bester Gesundheit und im Kreise der Familie, mit Freunden und Bekannten feierte Reinhold Rockstroh kürzlich seinen 100. Geburtstag. Ganz schön aufgeregt war der Senior zu diesem seltenen Jubiläum, aber auch gespannt auf diesen 17. Juli und die Gäste.

Die persönliche „Lebenslaufzeit“ von Reinhold Rockstroh steht zwar nicht im Guinness-Buch der Rekorde, doch ist sich der Jubilar im Klaren darüber, dass es nicht jedem Menschen beschieden ist, einen solch denkwürdigen Tag zu erleben, dazu in geistiger und gut körperlicher Frische.

Feier im Vereinshaus

Deshalb wurde vor allem vom Sohn Volker und dem Enkel Michael eine schöne Feier im Vereinshaus des Dorfes organisiert. Einen speziellen Wunsch hatte der Jubilar an seinem Ehrentag nicht. Auch Geschenke, so stand es in seiner Einladung, sollten die Gratulanten nicht mitbringen. Er sei einfach nur glücklich, wenn ihm zu Ehren all seine Gäste zu einem fröhlichen Fest zusammenkommen.

Bei warmem Sommerwetter, mit einem schmucken, hellfarbenem Hemd bekleidet, sitzt Reinhold Rockstroh Tage nach seinem Ehrentag gemütlich in seinem Lehnstuhl im Hof des großen Anwesens. Putzmunter steht er auf, seine Körperhaltung ist fast aufrecht, seine rechte Hand umfasst einen Wanderstock, mehr Accessoire denn Gehhilfe. Sein Weg führt in den weitläufigen Garten.

Verbunden mit der Natur

In der Natur fühlt sich der Ebersrodaer wohl. Hier trifft er sich öfter mit Nachbarn zu einem Schwätzchen und hier befindet sich auch der Stall für seine Hühner. „Die Kleintierhaltung war die Leidenschaft meiner Ehefrau, die vor sechs Jahren verstarb. Acht Hühner habe ich behalten. Das Füttern, Sauberhalten und Eierabnehmen ist meine tägliche Beschäftigung“, erzählt der rüstige Hundertjährige. Mit Tieren und Pflanzen kennt sich Reinhold Rockstroh aus. Wie damals üblich, musste er schon früh im elterlichen Hof und auf dem Feld als ältestes von vier Kindern mitarbeiten. Mehr als 40 Jahre körperliche Arbeit liegen hinter ihm. Aber das ist lange her. Genau so lange, wie die Phase danach: Wer 100 Jahre alt ist, bei dem halten sich Arbeitsleben und Ruhestand locker die Waage.

Erinnerung an Kindheit

An seine schon weit zurückliegende Kindheit erinnert er sich noch, als wäre es erst gestern gewesen. Er berichtet von den Jungenstreichen während der achtjährigen Schulzeit und dem kontrollierenden Lehrer nach dem Unterricht. Ebenfalls in Erinnerung geblieben ist dem Senior seine Lehrzeit als Stellmacher und Karosseriebauer in Mücheln: „Sieben Pfennig pro Stunde erhielt ich im ersten Halbjahr. Als Geselle gab es 69 Pfennig pro Stunde.“ Jeden Tag, bei Wind und Wetter, fuhr Rockstroh mit dem Fahrrad zur Ausbildung, bis er sich vom gesparten Geld ein Motorrad kaufen konnte. Mit 19 Jahren begann für den Ebersrodaer die Zeit als Soldat im Zweiten Weltkrieg.

Detailliert schildert er dieses traurige Kapitel: „Ich erhielt den Befehl, mich am 29. November 1939 auf der Eselswiese in Querfurt mit dem Motorrad zu melden. Von dort aus fuhren wir nach Wallhausen und später nach Koblenz zur Ausbildung. Im Mai 1940 ging es nach Frankreich und am 14. Juni marschierten wir in Paris ein. Ein Jahr später marschierten wir bis etwa 25 Kilometer vor Moskau. Unsere Stellung erreichten wir am 12. Dezember 1941. Am 21. Dezember begann dann der Rückzug nach Estland, Lettland und Litauen. Im Mai 1945 geriet ich in russische Gefangenschaft und kehrte schließlich nach zehn Jahren Abwesenheit, am 18. Dezember 1949, heim.“ Lediglich zweimal für 18 Tage habe er während des Krieges seine Eltern besuchen können. Sein fünf Jahre jüngerer Bruder Horst fiel 1945 im Krieg bei Stalingrad. Von seinen zwei Schwestern ist Gerda verstorben, Schwester Ilse beging dieses Jahr ihren 97. Geburtstag.

Nach dem Krieg in der Landwirtschaft tätig

Zurück in der Heimat übernahm Rockstroh die Wirtschaft seines Vaters, brachte den elterlichen Landwirtschaftsbetrieb wieder in Gang. Ende der 50er-Jahre trat er der LPG bei, arbeitete in Gleina im Feld- sowie Obst- und Weinbau bis zum Ruhestand 1985. Seine Frau Margarete lernte der jetzige Rentner zum Pfingsttanz in Ebersroda kennen und lieben. Sie heirateten 1956 und aus der Ehe gingen zwei Söhne hervor. Inzwischen hat sich die Familie um vier Enkel und fünf Urenkel erweitert.

Der gebürtige Ebersrodaer wohnt noch immer im Hause seiner Eltern, in dem auch der jüngere Sohn, der 59-jährige Volker, mit lebt. Er sieht stets bei seinem Vater nach dem Rechten. Den 63-jährigen Sohn Rolf hat es ins Nachbardorf Baumersroda verschlagen. Seinen Haushalt erledigt Reinhold Rockstroh noch selbst. Er bereitet sich Frühstück und Abendbrot zu, außer das Mittagessen, das kommt auf Rädern.

Kaum zu glauben, aber wahr: Zum Einkaufen fährt der vitale Hundertjährige mit seinem Pkw Suzuki zwei-, dreimal die Woche zum Bäcker und Fleischer nach Gleina. Auch für Besuche in Baumersroda, besonders zum wöchentlichen Sonntagsbraten, benutzt er sein Auto. Denn das Laufen, so bemerkt Rockstroh, falle ihm manchmal schwer. Er sei deshalb froh, dass er noch am Steuer sitzen kann.

Dass er einmal so alt werden würde, hätte er nicht gedacht. Es sei ihm mit 90 Jahren nicht leicht gefallen, zu begreifen, dass die Kräfte schwinden, die körperlichen Beschwerden größer werden und alles langsamer von der Hand geht. Doch im Kopf sei er noch völlig klar, sagt der Landwirt schmunzelnd. Und das dies stimmt, stellt er während des Gesprächs unter Beweis.

Ohne Geheimrezept

Ein Geheimrezept für sein Fitbleiben im hohen Alter besitzt Reinhold Rockstroh nicht. Er zuckt mit den Schultern. „Ich lese jeden früh die Zeitung, informiere mich über aktuelle Themen, schaue mir abends im Fernsehen die Nachrichten an und gehe nach 20 Uhr schlafen.“ Erst Stunden nach dem ersten Hahnenschrei beginne für ihn am nächsten Morgen der Tag. Seine Lieblingsspeisen sind Suppen aller Art. Er esse wenig Fleisch. „Ich habe nicht geraucht, Bohnenkaffee muss nicht unbedingt sein, da bevorzuge ich Muckefuck. Alkohol ist für mich tabu. Kein Kräuter, kein Bierchen“, schildert der Senior seine Gewohnheiten. Lediglich zum Jubiläum stieß er mit einem Glas Sekt auf die Hundert an. „Doch ein Glas reichte den ganzen Tag“, fügt lachend Sohn Volker hinzu. Was wünscht sich ein 100-Jähriger für die Zukunft? „Ich hatte und habe meine Freude. Ich bin zufrieden.“