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Lust aufs Landleben Agrargenossenschaft Langendorf: Chefin Katrin Kraft im Porträt

Von Bärbel Böttcher 08.03.2019, 08:00
Katrin Kraft in „ihrem“ Kälberstall. Die schwarzbunten Holstein-Friesians  werden in der Agrargenossenschaft Langendorf für Milchbetriebe aufgezogen.
Katrin Kraft in „ihrem“ Kälberstall. Die schwarzbunten Holstein-Friesians  werden in der Agrargenossenschaft Langendorf für Milchbetriebe aufgezogen. Andreas Stedtler

Langendorf - Die schwarzbunten Holstein-Friesians sind Katrin Krafts Metier. Sie leitet in der Agrargenossenschaft Langendorf, einem Ortsteil von Weißenfels (Burgenlandkreis), die Tierproduktion. Als solche ist sie für das Wohlergehen von 600 weiblichen Kälbern verantwortlich.

„Die Jungtiere ziehen wir für Milchbetriebe auf“, erzählt die 35-Jährige. Sie werden im Alter von vier Wochen geliefert und mit knapp 16 Monaten künstlich besamt. Im siebten Monat Trächtigkeit, also zwei Monate vor der Geburt ihres ersten Kälbchens, kommen die Färsen dann zurück in die Milchbetriebe. Das alles laufe nach höchsten Qualitätsstandards ab, sagt Kraft.

Dass die Tiere sich in ihren Ställen wohlfühlen, erkennt auch der Außenstehende. Sie haben viel Auslauf und tummeln sich im sauberen Stroh. Ihre „Sommerfrische“ genießen die tragenden Jungtiere auf den Weiden an der Saale zwischen Weißenfels und Leißling. Bis dahin ist noch Zeit.

In diesen Tagen ist Katrin Kraft auch mit der Pflanzenproduktion beschäftigt. Während die Sommerkulturen in den Boden gebracht werden, plant sie schon den nächsten Schritt. „Die Männer müssen gesagt bekommen, welcher Schlag und welche Kultur welche Menge Dünger bekommt“, erklärt sie. Dafür erstellt sie Arbeitspläne.

Eigentlich sind die 1.400 Hektar Acker der Bereich ihres Mannes. Der ist Vorsitzender der Genossenschaft und leitet die Pflanzenproduktion. Aus Liebe zu ihm ist sie 2013 nach Langendorf gekommen. Doch im Moment fällt er krankheitsbedingt aus.

Also muss Katrin Kraft, die auch im Genossenschaftsvorstand ist, doppelt ran. Was ihr - abgesehen vom zeitlichen Aufwand - nicht schwerfällt. Sie absolvierte nach dem Abitur eine Ausbildung zur Landwirtin. Und studierte, weil ihr das nicht reichte, anschließend in Halle Landwirtschaft.

In der Chefetage der Agrargenossenschaft Langendorf: So ist der Umgang mit den Männern für Katrin Kraft

Die heutige Diplom-Agraringenieurin hat schon frühzeitig Landluft geschnuppert. „Ich komme von einem Dorf, aus der Bernburger Ecke“, erzählt sie. „Meinen Führerschein habe ich durch Ferienarbeit bei einem Landwirt finanziert.“ Dabei sei der Funke übergesprungen.

Es ist die Vielfalt der Arbeit, die sie bis heute reizt. „Kein Tag ist wie der andere. Ich muss im Kopf flexibel bleiben. Das ist eine Herausforderung.“ Ein Leben in der Stadt könne sie sich nicht mehr vorstellen.

Zu den Herausforderungen gehört der Umgang mit eben jenen Männern, denen sie täglich die Arbeit zuweist. „Für die ist es sicher manchmal schwierig, von mir beispielsweise gesagt zu bekommen: Stell’ den Pflug mal so ein, dass er eine ordentliche Furche zieht“, räumt sie ein. „Aber inzwischen wissen sie: Ich kann da mitreden. Sie können mir nichts vormachen.“

Katrin Kraft ist in der Lage, jede noch so große Maschine über die Felder zu lenken. Auch im Stall habe sie so manchen „Test“ bestanden. Und sich so Respekt erarbeitet. Ihr Credo: Miteinander agieren, und sich nicht gegenseitig was vormachen.

Dass sich die Bäuerin darüber hinaus auch noch im Landfrauenverband Sachsen-Anhalt engagiert, das hält sie für kaum erwähnenswert. Dazu gekommen ist sie über das Projekt „Bauernpaten“ der AOK Sachsen-Anhalt.

Der Verband organisiert quasi im Auftrag der Kasse für Grundschüler den Besuch eines Bauernhofes. Kinder sollen sehen, wo Milch und Brot herkommen. Und da beteiligt sich Katrin Kraft, selbst Mutter einer sechsjährigen Tochter, gern. „Es ist herrlich mit den Kindern“, schwärmt sie.

Katrin Kraft von der Agrargenossenschaft Langendorf: Im Einsatz für Kinder

Es ist nicht ihr erstes Projekt. In Langendorf erhält sie alle vier Wochen Besuch von den Hortkindern der Grundschule. Sie verfolgen im Jahresverlauf den Weg des Getreides von der Aussaat bis zur Ernte.

Zum Schluss wird eine Menge des Korns gemahlen. Der Bäcker des Ortes demonstriert, was aus dem Mehl entstehen kann. Auch die Bewohner des „Kinderbauernhofes Burgenland“, eines sozialpädagogischen Projekts, kämen gern vorbei.

Mit dem verstaubten Bild einer Landfrau, die häkelt, strickt oder Erntekronen bastelt, kann Katrin Kraft indes nichts anfangen. „Ich bin die Landfrau, die einen Betrieb führt und sich darüber hinaus für das Dorfleben engagiert“, betont sie.

Der Kontakt zu den Menschen des Dorfes, „von denen viele mit der Landwirtschaft nichts mehr am Hut haben“, ist ihr wichtig. Sie sucht ihn ganz offensiv. Will Konflikten vorbeugen - etwa wenn durch Erntemaschinen die Straßen verschmutzt werden.

Auch hat die Genossenschaft, in der sich gerade der Generationswechsel vollzieht, - im wahrsten Sinne des Wortes - noch viele Baustellen. Etwa alte Ställe, die dem Dorf nicht gerade zur Zierde gereichen. Da helfe es nur, sich zu öffnen, zu zeigen, dass sich etwas entwickelt. Aber eben nicht von heute auf morgen.

Andererseits trägt die Genossenschaft viel zu einem aktiven Dorfleben bei. Gemeinsamkeit ist auch hier das Motto. Sie leistet nicht nur einen Beitrag zu den zahlreichen Dorffesten. Die zum Betrieb gehörende Blumenstube ist aus der Mitte des Ortes nicht mehr wegzudenken.

Es gibt die Idee, hier irgendwann mal ein Café zu integrieren. Für den Herbst steht das Projekt „solidarische Landwirtschaft“ auf dem Plan. Das heißt: Die Genossenschaft stellt ein Stück Land zur Verfügung, pflügt es um, und dann kann jeder, der es möchte, auf einem Stück davon etwas anbauen.

Die Tage der Landwirtin beginnen früh und sind lang - zumal sich neben der Stall- und Feldarbeit auf ihrem Schreibtisch noch der Bürokram türmt. Um fünf Uhr klingelt der Wecker. Um 6.30 Uhr beginnt der Arbeitstag. Dazwischen hat sie Tochter Thea im Kindergarten abgeliefert.

Sie muss spätestens 16.30 Uhr wieder abgeholt werden. Gemeinsam schauen Mutter und Tochter dann noch einmal auf den Feldern vorbei. Oder besuchen am Wochenende die Kälber. „Wer Landwirtschaft betreibt“, so unterstricht Katrin Kraft, „muss dafür Leidenschaft hegen. Und dann schaut man wenig auf die Uhr.“ (mz)

Zur Genossenschaft gehört auch ein Blumenladen, in dem Anja Schumann arbeitet.
Zur Genossenschaft gehört auch ein Blumenladen, in dem Anja Schumann arbeitet.
Andreas Stedtler