1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Burgenlandkreis
  6. >
  7. 25 Jahre TWN: 25 Jahre TWN: Mehr als nur Aufbauarbeit geleistet

25 Jahre TWN 25 Jahre TWN: Mehr als nur Aufbauarbeit geleistet

Von Harald Boltze 20.09.2017, 07:31
Das Betriebs- und Verwaltungsgebäude am Steinkreuzweg: Seit 1997 haben die Technischen Werke Naumburg hier ihren Sitz.
Das Betriebs- und Verwaltungsgebäude am Steinkreuzweg: Seit 1997 haben die Technischen Werke Naumburg hier ihren Sitz. Torsten Biel

Naumburg - Andernorts haben sich Stadtwerke-Chefs in den vergangenen 25 Jahren in Affären verstrickt, sie wurden abgesägt und angezeigt. In Naumburg herrscht dagegen Ruhe und Kontinuität. Alfred Kraus, der den Posten 1993, ein Jahr nach Gründung der Technischen Werke Naumburg, übernommen hatte, führt noch immer die Geschäfte des Energieversorgers, der am kommenden Sonntag sein 25-jähriges Bestehen feiern wird (siehe „Fest-Programm“). Jedoch: Nun sind auch Kraus’ Arbeitstage gezählt. Zum Jahresende geht er in den Ruhestand.

Dass er in Naumburg so ein Dauerbrenner wird, war 1993 überhaupt nicht abzusehen. Nachdem er in seiner hessischen Heimat eine alte Kleiderfirma ersteigert und in einen Stadtwerkesitz umgewandelt hatte, wurde ein Düsseldorfer Headhunter im Auftrag der Aachener Stadtwerke auf ihn aufmerksam und vermittelte Kraus nach Naumburg. „Eigentlich sollte ich hier nur Aufbauarbeit leisten, aber Curt Becker bestand damals auf einen langfristigen Vertrag“, erinnert sich Kraus. Nach acht Jahren lief dieser aus. Doch mittlerweile hatten er und seine Frau die Saale-Unstrut-Region schätzen gelernt. Sie entschieden sich, zu bleiben und ein Haus in Großjena zu bauen, das sie demnächst als Altersruhesitz genießen wollen.

Netze von Stadt abgekauft

Aufregende Zeiten liegen hinter Kraus und den TWN, vor allem in den 90ern. Heizhäuser wurden umgerüstet, das Netz aus Guss-Gasleitungen ausgetauscht. Das heutige Betriebs- und Verwaltungsgebäude am Steinkreuzweg wurde genauso aus dem Boden gestampft wie ein neues Wasseraufbereitungswerk am Panoramaweg. Vor allem aber übernahmen die TWN nach und nach die Fernwärme-, Strom-, Gas- und Trinkwasserleitungen der Stadt Naumburg. „Dass wir die Netze gekauft haben, war ungewöhnlich. Aber die Stadt war schon damals knapp bei Kasse“, meint Kraus und gibt zu, mit den Millionen-Investitionen im Hinterkopf nicht immer gut geschlafen zu haben. Zumal er als Nicht-Jurist immer mit Bedenken an die vielen Verträge heranging, die es zu schließen galt. „Aber die Stadtwerke Aachen haben uns da, vor allem in der Anfangszeit, immer beratend und helfend zur Seite gestanden.“ Die Stawag hält auch heute noch zwei Prozent der TWN-Gesellschaftsanteile. 47 Prozent liegen bei EnviaM; Hauptgesellschafter ist die Stadt Naumburg mit 51 Prozent. Laut einer Angabe aus dem Jahr 2014 werden von 33614 Einwohnern 28552 von den TWN versorgt.

Vor allem die Übernahme der Gasversorgung sei in den 90er Jahren nicht ohne Risiko gewesen, aber er habe auf seinen leitenden Mitarbeiter Horst Fritzsche, „den Gas-Papst von Naumburg“, wie Kraus sagt, vertraut.

Für die Stadt waren die Technischen Werke stets eine gute Einnahmequelle. 1,2 Millionen Euro flossen jährlich als Konzessionsabgabe. Das änderte sich erst 2004, als die TWN von der Stadt das Bulabana übernahmen und dessen jährliches Minus von 1,2 Millionen Euro durch einen Steuerspar-Trick halbierten. „Da warfen mir manche Stadträte damals Steuerhinterziehung vor. Dabei ist das in Hunderten anderen Städten gang und gäbe. Und hätten wir das damals nicht gemacht, wäre das Bulabana schon lange tot und geschlossen“, so der Noch-Geschäftsführer. Kritik musste er ansonsten stets bei Preissteigerungen aushalten, wenngleich sich das zuletzt beruhigt habe.

Als weitere Meilensteine der TWN-Geschichte sind die Eröffnung eines Kundenbüros in der Salzstraße, die Übernahme eines Ausbildungszentrums in Almrich und der Bau der Biogas-Anlage in Flemmingen zu nennen, an der die TWN zusammen mit der Agrargesellschaft Prießnitz zu je 50 Prozent beteiligt sind.

Die größte strukturelle Veränderung erlebten die TWN im Jahr 2010 mit der Gründung der Servicegesellschaft Sachsen-Anhalt Süd. Diese schuf man zusammen mit den Stadtwerken Weißenfels und Merseburg als gemeinsames Tochterunternehmen, in das man aus Naumburg den kaufmännischen und technischen Bereich und damit rund 70 Mitarbeiter ausgliederte. Lediglich das Netzeigentum und der Vertrieb mit elf Mitarbeitern blieb bei den TWN selbst und damit auch weiterhin die Oberhand über die Preisgestaltung. „Es war der absolut richtige Schritt“, sagt Kraus, auch wenn er zugibt, dass längst nicht alle Mitarbeiter über die Veränderung erfreut waren und sind. „Das wird wohl noch eine Generation dauern, bis da alles menschlich zusammenwächst.“

Fusion der Stadtwerke?

Als folgerichtig würde Kraus die komplette Fusion der drei Stadtwerke sehen. Dies sei aber ferne Zukunftsmusik, da sich Naumburg, Weißenfels und Merseburg über die sehr schwierige Bewertung der Einzel-Vermögen der jeweiligen Stadtwerke einig werden müssten. Kraus: „Und das erlebe ich nicht mehr.“

Als es nun darum ging, einen Nachfolger zu finden, schlug er dem Oberbürgermeister keinen Unbekannten vor. Ulrich Klose leitet seit der Eröffnung 2001 das Bulabana, ist zudem Geschäftsführer der Kurbetriebsgesellschaft Naumburg-Bad Kösen und momentan noch Präsident des neuen Fußballclubs SC Naumburg. Damit Klose diesen Aufgabenberg schaffen kann, vor allem aber, um Kloses Einflussbereich etwas unter Kontrolle zu halten, legte man sich darauf fest, die TWN-Geschäftsführung auf zwei Köpfe zu verteilen. Neben Klose wird seit 1. September auch Detlef Apel als Kraus-Nachfolger eingearbeitet. Der 46-Jährige arbeitet nach eigener Aussage seit 2004 in der Energiewirtschaft, war zuletzt unter anderem in einer Führungsposition beim Energie-Dienstleister A/V/E in Halle.

Kloses und Apels Aufgabe wird es in Zukunft vor allem sein, die Kundenbindung zum Privatverbraucher noch weiter zu erhöhen, „denn die Marge bei den Großkunden ist nur noch gering. Die Zeit, wo man da viel Geld verdient, ist lange vorbei“, sagt Kraus. Vielmehr müsse man dem Einzelkunden, auch wenn dieser per Internetvergleich irgendwo ein paar Cent sparen kann, zeigen, wie wichtig der hiesige Versorger für das Leben in der Region ist. Seit vielen Jahren sind die TWN Hauptsponsor vieler Vereine, diverser städtischer Großveranstaltungen, jüngst zum Beispiel auch der Winter-Eisbahn. „Die Neun Naumburger Nächte, Sporttage oder Straßentheatertage - die würde es alle ohne uns nicht geben“, ist sich Alfred Kraus sicher.