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Burgenlandkreis Burgenlandkreis: Senioren in Ungewissheit

Von gerd stöckel 27.12.2011, 08:31

Freyburg. - Den 22 Bewohnern der Ausspanne in Freyburg, einer Anlage, die Wohnungen speziell für die Bedürfnisse älterer Menschen anbietet, ist zum Fest eine unliebsame Überraschung beschert worden. Einen Tag vor Heiligabend eröffnete Patrick Vith, der Leiter des Naumburger Luisenhauses, das Träger der Anlage ist, den Senioren in einer Mieterversammlung, dass seine Einrichtung die Ausspanne nicht weiterführt. Die Mietverträge gehen laut Vith zum 1. Januar auf den Eigentümer des Gebäudes über. Der allerdings hat sich zur Mieterversammlung nicht blicken lassen. Und dazu, wie sich das Mietverhältnis nach dem 31. Dezember gestaltet, gab es keinerlei Aussage. Das sei Sache des Eigentümers, so Vith gegenüber Tageblatt / MZ. Die Kündigung hält er für einen "ganz normalen rechtlichen Vorgang". Vith macht aufmerksam, dass die Ausspanne kein "Betreutes Wohnen" bietet.

Besonderer Service für Ältere

Vielmehr, so Vith, halte sein Haus in der Freyburger Anlage ein "besonderes Service-Angebot" bereit. Dazu gehört, dass eine Mitarbeiterin der Diakonie nach den alten Leuten sieht, wenn diese am Morgen nicht als Signal, dass alles in Ordnung ist, die "Kugel an der Tür" haben. Auch Hilfeleistungen, etwa bei Behördengängen oder Arztbesuchen, sowie Beschäftigungsangebote gehören laut Vith zu dieser Dienstleistung. Der Zusatzvertrag, in dem diese Leistungen mit den Mietern vereinbart sind, wurde zum 31. März gekündigt.

Rechtsstreit mit Eigentümer

Im Hintergrund steht ein Rechtsstreit zwischen dem Eigentümer, Gernot Heckel aus Laasdorf bei Jena, und dem Luisenhaus. Mieter sagen, es gehe um "den Schimmel überall". Vith wollte sich dazu nicht äußern. Es war ein Gerichtsverfahren anhängig, das laut Vith mit einem Vergleich geendet hat. Zu dem gehöre, dass das Luisenhaus aus der Trägerschaft aussteigt. Diese war ihm, so hieß es einst zur Eröffnung im Jahre 1999, für 20 Jahre übertragen worden.

Eigentümer Heckel war übers Fest nicht zu erreichen. Auf der im Internet angegebenen Telefonnummer meldete sich ein Faxgerät. Eberhard Müller aus Großjena, dessen 92-jährige Schwiegermutter seit zehn Jahren in der Ausspanne wohnt, ist empört. "Es geht hier allein um die Immobilie. Die älteren Menschen interessieren offenbar niemanden." Vielen der Bewohner war das Fest gründlich verdorben, weil sie nicht wissen, was ihnen ein neuer Vermieter bringt. Verärgerung herrscht auch darüber, dass das Luisenhaus in der Ausspanne bereits die Bilder auf den Fluren abgehängt und das Mobiliar aus dem Gemeinschaftsräumen abtransportiert hat. Man müsse besenrein übergeben, so Vith.

Immobile stand zum Verkauf

Eigentümer Heckel, der das Gebäude mit zehn Zweiraum- und 20 Einraumwohnungen nahe des Jahnplatzes für rund zwei Millionen Euro hatte errichten lassen, hat sich offenbar geraume Zeit um einen Käufer für die Anlage bemüht. Interessenten, die auch aus der Region kamen, nahmen aber Abstand, was einer gegenüber Tageblatt / MZ mit dem Bauzustand, insbesondere Feuchtigkeit begründete. Mehrere Wohnungen sollen leer stehen oder wurden als Gemeinschaftsräume genutzt. Der Säulensaal, der als Gemeinschaftsraum eingerichtet worden war, kann nach Aussagen von Bewohnern schon geraume Zeit nicht mehr genutzt werden.

Die Ausspanne war an der Stelle eines früheren Gasthofes gebaut worden, in dem einst Friedrich-Ludwig Jahn logiert haben soll. Das Gebäude, seinerzeit von Schache-Bau Bad Kösen errichtet, war zur Eröffnung als hervorragende städtebauliche Lösung gepriesen worden.