Bildung Bildung: Kein Arrest für Schulschwänzer

Magdeburg/MZ - Sachsen-Anhalt schafft den Karzer für Schulschwänzer ab - zumindest für die nächsten zwei Jahre. Justizstaatssekretär Thomas Wünsch (SPD) bestätige gegenüber der MZ, dass sich Justiz- und Kultusministerium auf ein zunächst zweijähriges Moratorium verständigt hätten, in dem keine Schulbummelanten mehr in einen maximal vierwöchigen Beugearrest genommen werden sollen.
Diese besondere Form des Jugendarrestes kann bislang verhängt werden, wenn die Schulschwänzer oder deren Eltern sich weigern, ein Bußgeld zu zahlen. Schulbummelei ist eine Ordnungswidrigkeit wie Falschparken. Die Möglichkeit, Kinder ab 14 Jahren dafür in Beugearrest zu nehmen, ist aber hoch umstritten, der Nutzen gilt als fraglich. Denn es dauert in Sachsen-Anhalt im Durchschnitt elf bis 30 Monate, bevor nach wiederholtem Schulschwänzen der Bummelant im Arrest in Halle einrückt. Manche Betroffene gehen da schon nicht mehr zur Schule.
Beugearrest ohne Wirkung
„Ich glaube nicht, dass der Beugearrest irgendeine Wirkung hat“, sagte Wünsch. Eine Auffassung, die sich unter den Rechtspolitikern des Landtages seit langem durchgesetzt hat - bei Bildungspolitikern bislang jedoch auf Widerstand stieß. Inzwischen scheint es Bewegung zu geben - auch bei Kultusminister Stephan Dorgerloh (SPD). „Die schwere und wiederholte Verletzung der Schulpflicht ist sicher keine Lappalie. Aber Schulschwänzen mit Jugendarrest zu bestrafen, führt oft am tatsächlichen Problem vorbei“, sagte Dorgerloh der MZ. Stattdessen müssten zuallererst pädagogische Maßnahmen ergriffen werden, um Schüler wie Eltern zu erreichen, so der Minister.
Mit dem Moratorium soll nun der Beweis angetreten werden, dass sich die Zahlen der Schulschwänzer auch ohne Beugearrest nicht erhöhen - und die Maßnahme damit tatsächlich überflüssig ist, so Wünsch. „Wenn ein Moratorium hilft, neue Wege zu gehen, um Jugendarrest zu vermeiden, ist es sehr zu begrüßen“, so Dorgerloh.
Die Hälfte aller Jugendarrestfälle
Wünsch zufolge sollen die für die Schulschwänzer zuständigen Behörden der Kreisverwaltungen angewiesen werden, Beugearrest in den Bußgeldbescheiden nicht mehr als Ersatzstrafe anzudrohen. „Wie genau das laufen wird, prüfen wir derzeit noch“, so Wünsch.
Laut Justizministerium sind im Jahr 2012 in 754 Fällen Ladungen zum Jugendarrest wegen Schulschwänzens erfolgt; in 163 Fällen wurde er tatsächlich vollstreckt. Das ist rund die Hälfte aller Jugendarrestfälle im Land. „Wenn diese künftig wegfallen, spart das natürlich auch Personal“, so Wünsch. Dies wiederum helfe bei der Strafvollzugsreform: Sachsen-Anhalt will künftig nur noch drei Haftanstalten betreiben.