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Besorgnis und Angst Besorgnis und Angst: Freiwillige Tuberkulose-Tests in JVA Burg

14.06.2012, 11:43

MAGDEBURG/MZ. - Die Gerüchte machten früh die Runde: Ein aus Russland stammender Gefangener der Justizvollzugsanstalt Burg, seit Juli 2009 dort Insasse, hatte bereits im zeitigen Frühjahr Mitgefangene per Brief darüber unterrichtet, welche Diagnose man ihm im Haftkrankenhaus Hamburg gestellt hatte: Tuberkulose (TBC). Zumindest bei einem Teil der Häftlinge in Burg dürfte zu diesem Zeitpunkt die Sorge gewachsen sein, sich möglicherweise angesteckt zu haben. Offizielle Informationen der Anstaltsleitung gab es jedoch nicht.

Angst vor Panik

Die unterblieben auch, als sich am 24. April der Anfangsverdacht auf TBC beim russischen Häftling bestätigte. Informiert wurde zu diesem Zeitpunkt nur - rechtskonform - das zuständige Gesundheitsamt. Nach einer Beratung mit der Behörde kam man zwei Tage später zu dem Schluss, die Kontaktpersonen des erkrankten Häftlings zu identifizieren und testen zu lassen - 147 waren es am Ende. Die Gerüchteküche in Burg brodelte zu diesem Zeitpunkt bereits gewaltig, wie Vize-Anstaltsleiterin Ulrike Hagemann bestätigte: "Die Kreise der Informierten erweiterten sich konzentrisch." Einen Anlass, auch die übrigen der insgesamt 584 Gefangenen und gut 120 Bediensteten offiziell über die TBC-Erkrankungen eines Insassen und über mögliche Risiken zu informieren, sah die Anstaltsleitung auch zu diesem Zeitpunkt noch nicht. "Wir mussten sorgfältig abwägen, um Panik zu vermeiden", sagte Hagemann.

Das sollte weitere sechs Wochen so bleiben, bis am Montag dieser Woche über Angehörige öffentlich bekannt wurde, dass im Burger Gefängnis TBC ausgebrochen war. Auch wenn der Fall leicht und gut behandelbar sei, wie am Donnerstag versichert wurde - "die Stimmung ist geprägt von Besorgnis und Angst", bestätigte Hagemann.

Psychologie unterschätzt

Erst da begriffen Anstaltsleitung und Justizministerium, dass das Einhalten der behördlichen Meldevorschriften wohl nicht ganz ausreichte: Sondern Psychologie eine große Rolle spielt, wie der für den Strafvollzug zuständige Abteilungsleiter im Justizministerium, Frank Hüttemann, Donnerstag einräumte. Seit Dienstag werden nun alle Gefangenen, Bediensteten und Besucher über den Krankheitsfall, über Ansteckungsrisiken, Tests und Behandlungsmöglichkeiten offiziell informiert. Und ab Freitag sollen alle 700 Gefangenen und Bediensteten innerhalb von fünf Tagen medizinisch auf eine mögliche Erkrankung getestet werden - mit Röntgen- und Blutuntersuchungen, die schnelle Befunde zuließen.

Und der für Sachsen-Anhalt bislang "einmalige Fall" soll nun auch Anlass sein, das Gesundheitsmanagement der Gefängnisse zu überprüfen. "Wir müssen die Frage diskutieren, ob man künftig alle Gefangenen vor Aufnahme auf TBC untersucht oder dies möglicherweise nur auf Risikogruppen beschränkt", sagte Hüttemann.