Aufnahmen empören Eltern in Naumburg Aufnahmen empören Eltern in Naumburg: Kirche zeigt IS- und Kriegsfotos zum Martinstag

Naumburg - Bis auf eine Ausnahme lief der Naumburger Martinsumzug am Mittwochnachmittag so wie jedes Jahr: Gesang und Gebet in der Kirche, ein Laternenumzug zum Markt, eine kurze Ansprache des Oberbürgermeisters und das Teilen der Martinshörnchen.
Doch die eine Ausnahme war es, die bei vielen Eltern, die mit ihren Kindern in die katholische Kirche gekommen waren, für Entrüstung sorgte. Sie bekamen in dem Gotteshaus zu Beginn der Andacht auf einer Leinwand für etwa zwei Minuten drastische Bilder zu sehen: mit Maschinenpistolen bewaffnete IS-Kämpfer, ein Foto einer Massenexekution, blutüberströmte Kinder, überfüllte Flüchtlingsboote sowie das Bild eines toten Kindes am Strand, das für weltweites Aufsehen gesorgt hatte.
Einordnung des Fotos
Eine Erklärung oder Einordnung der Fotos erfolgte für die Kindergartenkinder und Grundschüler nicht. Pfarrer Bernhard Schelenz leitete unmittelbar zum Thema des Heiligen Martins über. Kurz darauf eine weitere Irritation, als Vergleiche der jetzigen Flüchtlingssituation mit den Geschehnissen der Pogromnacht 1938 angebracht wurden. Der Tenor vieler Eltern: völlig unangebracht für einen mit Kleinkindern besetzten Kirchenraum.
Einer derer, die für das Gezeigte keinerlei Verständnis hatten, war der Naumburger Theaterintendant Stefan Neugebauer, der mit seinem dreijährigen Sohn in der Kirche war. „Wie viele andere Eltern ringsum war ich absolut fassungslos. Solche Bilder können Kinder verstören, zumal wenn sie unkommentiert gezeigt werden.“ Zugleich sieht Neugebauer in der Präsentation eine „Verhöhnung der Opfer, wenn sie wie in einer Art Trailer gezeigt werden“. Auf Anfrage der MZ wollte sich St.-Peter-und-Paul-Pfarrer Schelenz am Donnerstag nicht ausführlich zu der Veranstaltung äußern. Er habe die Bilder im Vorfeld nicht gesehen, verwies auf seine Gemeindeassistentin Franziska Scherf, sagte aber: „Das Anliegen ist grundsätzlich in Ordnung, aber die Präsentation fand ich nicht ganz kindgemäß.“
Bilder sollen Impuls senden
Franziska Scherf erklärte, man wollte mit den Bildern einen Impuls setzen. „Es war ja eine ökumenische Veranstaltung. Und mein Kollege Thomas Rode und ich haben uns gedacht, dass wir mit den Bildern vor allem die Erwachsenen abholen.“ Auf die Frage, ob sie die Kritik verstehen könne, sagte sie: „Ja, klar. Es war ein Versuch mit Risiko, und wir sind übers Ziel hinausgeschossen. Die Bilder sind sehr krass, aber auch alle schon mal im Fernsehen gezeigt worden.“
Bis ins Bistum nach Magdeburg hatte sich die Aufregung Donnerstag noch nicht herumgesprochen. Sprecher Thomas Lazar, der davon erstmalig hörte, sagte jedoch, dass man generell stets genau abwägen sollte, was Kindern zuzumuten sei. (mz)