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Das Ziel ist Überleben „7 vs. Wild“: Wie Fritz Meinecke aus Magdeburg zum König der Wildnis wurde

Mit der Abenteuer-Serie „7 vs. Wild“ hat der Magdeburger Outdoor-Youtuber Fritz Meinecke mit einem kleinen Budget die erfolgreichste Wildnis-Doku der letzten Jahre produziert. Wie weiter nach 60 Millionen Zuschauern und Augenhöhe zum RTL-Dschungelcamp??

05.02.2022, 05:30
Sieben Männer, sieben Tage, sieben Gegenstände.
Sieben Männer, sieben Tage, sieben Gegenstände. Foto: Fritz Meinecke

Halle/MZ.Mehr als 60 Millionen Zuschauer, zehntausende Fans und tausende Nachahmer - mit seiner Abenteuer-Doku „7 vs. Wild“ hat der Magdeburger Outdoor-Experte und Videoproduzent Fritz Meinecke alle Rekorde gebrochen. Seine Idee, sieben Männer für sieben Tage allein in der schwedischen Wildnis auszusetzen, nur bewaffnetet mit sieben selbstgewählten Ausrüstungsgegenständen, faszinierte Jung und Alt, Naturliebhaber und bekennende Couch-Potatoes.

Fritz Meinecke selbst, 33 Jahre alt, geboren und aufgewachsen in Magdeburg, war vielleicht am meisten erstaunt, welchen Bildschirmhit er gemeinsam mit kaum einem Dutzend Helfer gelandet hat.

Finanziert nur 75.000 Euro und fast ausschließlich mit kleinen Actioncams von den Teilnehmern selbst gedreht, hatte „7 vs. Wild“ (Folge 1) ähnlich hohe Zuschauerzahlen wie das seit Jahren etablierte „Dschungelcamp“ von RTL. Fritz Meinecke stieg damit in den letzten Wochen zu einem der erfolgreichsten deutschen Youtuber auf, im Moment zählt sein Kanal 1,83 Millionen Abonnenten. Im Augenblick sucht das kleine Organisationsteam um Meinecke öffentlich nach einem möglichen Austragungsort einer zweiten Staffel, die noch in diesem Jahr stattfinden soll. (Mailadresse für Ortstipps für die nächste Staffel: [email protected])

Steffen Könau hat den neuen Star am Youtube-Himmel gefragt, wie er auf die letzten Wochen zurückblickt.

Herr Meinecke, was haben Sie gemacht, ehe Sie Youtube-Star wurden?

Meinecke: Ich bin gelernter Bankkaufmann, habe bei einer Landesbank gearbeitet und war dann bei der Bundeswehr, als ganz normaler Wehrdienstleistender. Danach habe ich in Berlin ein Studium als 3D-Grafiker für Computerspiele absolviert und während dieses Studiums habe ich den Kanal aufgemacht. Es reichte mir nicht mehr, nur Fotos von meinen Touren zu zeigen und etwas dazu zu schreiben. Ich hatte das Gefühl, dass ich das, was ich erlebe, so nicht richtig rüberbringen kann.

Fritz Meinecke aus Magdeburg hat selbst am Outdoor-Experiment in Schweden teilgenommen, bei dem sieben Männer eine Woche allein auskommen mussten.
Fritz Meinecke aus Magdeburg hat selbst am Outdoor-Experiment in Schweden teilgenommen, bei dem sieben Männer eine Woche allein auskommen mussten.
Foto: Fritz Meinecke

Da ging es um Outdoor-Themen?

Nein. Ich war immer nah an dem Thema, auch durch die Familie geprägt, weil wir viel Wandern waren und Zelten. Aber den Schritt in die Outdoor-Welt habe ich erst mit Anfang 20 gemacht, über das Thema Geocaching, diese moderne Schnitzeljagd mit GPS. Ich mag heute noch den Abwechslungsreichtum, den das bietet. Ich bin ja kein Camping-Youtuber, kein Wander-Youtuber und kein Survival-Youtuber. Ich bin Outdoor-Abenteurer. Ich mache Fahrradtouren, ich habe die Alpen zu Fuß überquert, ich war in Amerika und habe mir verlassene Orte angeguckt. Niemand sagt mir, wie was zu sein hat, ich muss keinen Regeln folgen. Das ist ein großer Spielplatz und ich entscheide, was ich tue.

Gab es gleich einen Geschäftsplan?

Anfangs gab es gar keinen Plan. Später dachte ich, es wäre cool, wenn mit meinen Filmen das Hobby finanzieren könnte. Mal einen neuen Rucksack, ein paar Wanderschuhe. Alles andere kam später.

Worauf führen Sie das große Interesse zurück, sich bei „7 vs. Wild“ anzuschauen, wie man ganz reduziert draußen zurecht kommt?

Ich glaube, das schlummert in jedem von uns. Das ist ganz tief verankert, dieser Überlebensinstinkt. Für die meisten aber ist es zu ungemütlich, auszuprobieren, wie man in einer Extremsituation zurechtkommt. Niemand hat ein Backup-Team, das ihn da rausholt, falls etwas passiert. Also schaut man zu und denkt sich, wenn ich in eine solche Situation komme, dann habe ich ein bisschen Hintergrundwissen.

Die Sehnsucht nach der Wildnis

Wie entstand denn die Grundidee zu „7 vs. Wild“?

Die Idee, sich irgendwo in der Wildnis aussetzen zu lassen, mit nur ganz wenig Ausrüstung, die schwebte schon lange in meinem Kopf. Einfach mal mein Zeug einpacken, rausgehen und schauen, wie man klarkommt. Aber mir war immer klar, dass man da ein Team braucht, Vorbereitung, Absicherung. Das war alles zu groß für mich. Aber nun war es Zeit, einen neuen Schritt zu gehen - und darum habe ich das mit zwei Freunden, die dann den Filmschnitt und die Organisation gemacht haben, entwickelt. Im Grunde aus Anregungen, die wir gesehen haben und cool fanden. Dass das nicht drei Monate gehen kann, war klar. Also sieben Tage, sieben Leute und mit sieben Gegenständen - 7, 7 und 7 , das ist schnell erklärt. Das mag ich.

Wie wurden die Teilnehmer ausgewählt? Und warum diese?

Ich wollte Leute, die ich kenne und auf die ich mich verlassen kann. Wie hätten wir dagestanden, wären plötzlich nur fünf aufgetaucht! Zudem mussten es Menschen sein, denen ich zutraue, durchzuhalten. Es bringt ja nichts, wenn am ersten Tag alle raus sind. Ich hätte übrigens auch sehr gern eine Frau dabeigehabt. Aber keine, die ich gefragt habe, hat sich das zugetraut. Jetzt hätte ich welche, falls es eine zweite Staffel gibt. Es haben aber auch Männer abgesagt, denen das zu hart war.

Warum war es wichtig, dass die Teilnehmer sich selbst filmen?

Wenn da Kamerateams gewesen wären, wäre der Gag weg gewesen. Es geht ja darum, isoliert zu sein, komplett mit sich selbst zurechtkommen zu müssen. Wenn da noch ein Kameratyp, ein Tonmann und ein Regisseur dabei wäre, klappt das nicht.

Wie lange dauerte es von der Idee bis zum Start in Schweden?

Etwa fünf Monate. Aber wir haben natürlich nicht ständig daran gearbeitet.

Wann fand „7 vs. Wild“ dann statt? Und weshalb zu einer so ungemütlichen Jahreszeit?

Genau deshalb. Für meinen Geschmack war es sogar noch zu schön. Wir haben das ja mit Absicht Anfang Herbst gemacht, weil es da in Mittelschweden auch mal kalt und nass werden kann. Ich wollte eine Herausforderung, keinen Strandurlaub. Sondern Regen, Wind und Kälte. Die Kandidaten und auch ich sollten die Natur spüren, es sollte für uns alle anstrengend und zäh werden. Durch das wenige Essen und dadurch, dass der Körper schnell abbaut, wird es noch schwerer. Ich habe fünf Kilo abgenommen, die anderen auch. Aber das ist eben ein Selbstexperiment.

Kleines Team, großer Erfolg

Wie viele Leute waren mit der Produktion beschäftigt?

Vor Ort waren wird 14, die sieben Teilnehmer, die Orga-Leute, ein Ranger, einen Sanitäter, dazu kamen dann später ein Grafiker, ein Sprecher. Das wars.

Mit welchem Echo rechneten Sie?

Definitiv nicht mit diesem. Das ist ja komplett eskaliert, weit über die Grenzen von Youtube hinaus. Wir haben es irgendwie geschafft, die Serie viral gehen zu lassen. Jede Folge vier, fünf Millionen Zuschauer. Ich dachte schon, dass es bei meinen Stammzuschauern gut ankommen wird. Aber dass es so durch die Decke knallt, nein, das kam sehr überraschend.

Wann ist Ihnen klar geworden, dass da etwas Außergewöhnliches passiert?

Das muss bei Folge 4 oder 5 gewesen sein. Also die ersten Teile gingen auch schon richtig, richtig gut ab. Aber da dachte ich noch, das ist so ein Anfangshype, das wird wieder abflachen und sich irgendwo einpegeln. Das ist auch passiert, aber auf einem Niveau, das so viel höher liegt als alles, was meine Videos bis dahin erreicht haben... Das ist immer noch unvorstellbar.

Wie erklären Sie sich das?

Ich glaube, das liegt daran, dass ,7 vs. Wild’ ein Reality-Format ist, das weder Dschungelcamp noch produzierter Action-Film ist. Es ist ein Selbstexperiment in einem Rahmen, in dem die Teilnehmer zurechtkommen müssen. Da gibt es Folgen, die sind langweiliger, Folgen, die sind nachdenklicher und gibt welche, wo Leute verzweifelt sind und wo sehr viel passiert. Sieben Leute in einer Extremsituation - und der Zuschauer kann sehen, wer reagiert wie? Und was macht das mit den Leuten? Man identifiziert sich mit dem oder dem und fragt sich, was würde ich tun? Die Unterschiedlichkeit der Charaktere, das ist es, was die Zuschauer spannend finden. ,7 vs. Wild’ regt die Fantasie an, es entsteht dadurch eine Dynamik außerhalb der Serie, weil man darüber diskutiert, mit Freunden, in der Familie.

Ein Abenteuer ohne Drehbuch

Sie als Erfinder haben vorher getestet, wie man da draußen zurechtkommt, andere Teilnehmer treten eher unbedarft. War das beabsichtigt?

Geübt? Das ist ja mein Leben. Ich bin viel draußen, ich wandere und zelte und mache Feuer. Aber ich habe auch Defizite, natürlich. Andere haben wenig Ahnung von allem, aber der Kontrast macht es. Du siehst den einen ein Feuer machen, prima. Und der andere kriegt es nicht hin! Hättest Du sieben Leute, die das alles spielend meistern, wäre es langweilig. Aber so brauchst Du kein Drehbuch, es passiert auf jeden Fall etwas.

Auffallend ist, wie schnell die Teilnehmer das Thema Essen abhaken. Bisschen Angeln, ansonsten Beeren, ansonsten Hunger. Wie erklärt sich das?

Ganz einfach: Viele stellen sich das so einfach vor, aber dort in Schweden ist die Vegetation wirklich karg. Es gibt nicht viel, was man essen kann. Wer keine Ahnung von Pilzen hat wie ich, dem ist das Risiko zu groß, zuzugreifen. Und wer keine Angel hat, der fängt auch keine Fische.

Sie sind souverän durch die Woche gekommen. Waren Sie überrascht, wie schwer sich andere getan haben?

Ich habe Erfahrungen, ich bin ein Typ, der immer aktiv sein muss, der nicht stillsitzen kann. Ich habe mir vorher viele Gedanken um das Thema Nahrung gemacht, wie ich das verkrafte, was ich ausprobieren will, auch wie mir eine Unterkunft zu baue, um mich vor der Kälte zu schützen. Dass sich die anderen so schwer getan haben, hat mich definitiv überrascht. Ich bin davon ausgegangen, dass alle durchkommen. Geprägt von meinen Erlebnissen dachte ich, okay, man muss beißen, aber dass mehr als einer oder zwei rausgehen, hätte ich nicht gedacht. Später habe ich beim Anschauen oft gedacht, was macht er denn jetzt? Warum macht er das?Als ich im Video gesehen habe, wie einer der Teilnehmer sagt, hier ist kein Holz und hinter ihm liegt ein riesiger toter Baum... Da dachte ich, hey, hinter Dir liegt es doch!

Sieben Tage Einsamkeit

Was war für Sie persönlich die größte Herausforderung?

Dass Thema Essen hielt ich vorher für das Wichtigste. Aber das war ein Irrtum. Irgendwann hatte ich meine Beeren und statt Hunger gab es nur noch Appetit. Sehnsucht nach anderen Sachen, die anders schmecken. Man hatte viel Zeit, daran zu denken. Aber die größte Herausforderung war die Isolation. Die Tage dort hatten gefühlt 48 Stunden, die Zeit verging einfach nicht. Die Strukturen aus dem Alltag, die Freunde, das Handy, die Ablenkung, das ist alles weg. Du musst dich mit dir selbst beschäftigen. Nichts blinkt, nichts dudelt. Wer von uns sitzt denn einfach mal zu Hause und guckt vier Stunden lang auf die Wand? Oder seinen Schrank? Ich erinnere mich an eine Situation, da habe ich eine halbe Stunde zwei Vögeln nachgeschaut, die da herumflogen. Ich war in dieser Zeit wirklich mit meinen Gedanken nur bei diesen beiden Vögeln. Das war schon sehr außergewöhnlich.

Wie haben Sie das Unternehmen ausgewertet – gab es Dinge, die Sie heute anders machen würden?

Ja. Das sind ganz viele Kleinigkeiten, von anderen Kameras bis zu Aufnahmen von Wildkameras, bis zur Idee, eine Gruppengeschichte draus zu machen. Mal sehen, was wir davon umsetzen.

Wird es eine Neuauflage geben?

Im Moment sind wird noch am Ideensammeln und am Auswerten. Fest steht, es wird ein nächstes Projekt geben, aber wie genau und was, das wissen wir selbst noch nicht. So, wie es jetzt war, wird es ,7 vs. Wild aber nicht noch einmal geben. Einfach noch mal dasselbe machen, nein. Ich will ja eine neue Herausforderung.

Fritz Meineckes Kanal: youtube.com/endofthecomfortzone

Mailadresse für Ortstipps für die nächste Staffel: [email protected]