110 Jahre Uchtspringe 110 Jahre Uchtspringe: Grass-Ausstellung und Grönemeyer-Besuch

Uchtspringe/dpa. - Mit Unterstützung prominenter Künstlerfeiert das Fachkrankenhaus Uchtspringe für seelisch kranke Menschenin dieser Woche sein 110-jähriges Bestehen. Neben einer Ausstellungmit Radierungen und Grafiken des Literatur-Nobelpreisträgers GünterGrass steht dabei auch ein Gesprächsabend mit dem Musiker HerbertGrönemeyer und der Schauspielerin Katrin Saß («Good bye, Lenin!») aufdem Programm. Unter dem Motto «Promis für die Psychiatrie» sollendamit Vorurteile und Berührungsängste abgebaut werden, denn nochimmer haftet der Klinik vielerorts der Ruf einer «Irrenanstalt» an.
Das zeigt auch die heftige Ablehnung, mit der dem geplanten Baueiner Außenstelle zur Sicherung und Therapie psychisch krankerStraftätern begegnet wird. So regt sich in der Kleinstadt Möckern(Jerichower Land) bereits Widerstand in Form einer Bürgerinitiative,noch bevor überhaupt entschieden wurde, ob eine frühere Kaserne derBundeswehr dort wirklich zur Unterbringung der Straftäter umgebautwird. Das Sozialministerium lässt derzeit mehrere Standorte prüfen,denn wegen Überbelegung braucht der Maßregelvollzug Uchtspringe mit210 Plätzen eine Außenstelle.
Umstritten ist indes nicht so sehr die Heilanstalt mit denverschiedenen Klinikeinrichtungen beispielsweise für psychisch krankeKinder, suchtkranke Mütter und Väter oder alte Menschen, die anAlzheimer leiden. Umstritten ist vor allem der Maßregelvollzug.
Schätzungsweise jeder vierte Bundesbürger wird in seinem Lebeneinmal psychisch krank. Damit Vorurteile gegenüber diesen Menschenabgebaut werden, die an Angstzuständen oder Schizophrenie leiden oderalkoholkrank sind, hat sich die Uchtspringer Klinikleitung und dieBetreibergesellschaft SALUS prominente Verstärkung ins Boot geholt.Herbert Grönemeyer wirbt bereits seit Jahren für Toleranz undOffenheit im Umgang mit seelisch kranken Menschen. Er kommt zummittlerweile zweiten Mal für eine Veranstaltung nach Uchtspringe.
«Auch der Schriftsteller Günter Grass unterstützt uns», sagte derärztliche Direktor der Klinik, Volkmar Lischka. Er wolle mit derAusstellung seiner Kunstwerken dazu beitragen, Berührungsängsteabzubauen. In der Schau sollen etwa 70 Plastiken, Radierungen undLithographien aus dem Privatbesitz des 1927 in Danzig geborenenSchriftstellers («Die Blechtrommel» «Ein weites Feld», «MeinJahrhundert», «Im Krebsgang») gezeigt werden. In Uchtspringeverspricht man sich davon einen regen Gedankenaustausch unter denBesuchern. «Wir hoffen, dass möglichst viele Bürger kommenund sich hier ein eigenes Bild von der Klinik machen wollen», sagteLischka.
Wer sich dieses eigene Bild machen will, muss den kleinen Ort amNordrand der Colbitz-Letzlinger-Heide besuchen. Das Altmarkdorf liegtam kleinen Fluss Uchte, umgeben von Wald und Wiesen, Pferdekoppelnund Bauernhöfen. Auf dem idyllisch wirkenden Klinik-Areal mitdenkmalgeschützten Backsteinhäusern stehen rund 2000 Bäume, die zumTeil mehr als hundert Jahre alt sind.
Rund 900 Menschen arbeiten an dem Standort der SALUS, die einKrankenhaus ähnlichen Formats auch noch in Bernburg betreibt. «Zumkörperlichen, seelischen und sozialen Gesundungsprozess muss auch dasUmfeld beitragen», sagt Lischka mit Blick auf die Lage im Grünen. Zuden insgesamt elf Klinikeinrichtungen gehören neben demFachkrankenhaus und dem Maßregelvollzug auch ein Heimbereich fürbehinderte Menschen sowie ein Altenpflegeheim.