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Zeitz Zeitz: Streit um den Schornstein

Von Jan Iven 06.12.2014, 09:43
Den Raum mit dem Schornstein soll Thomas Bauer zumauern.
Den Raum mit dem Schornstein soll Thomas Bauer zumauern. Jan Iven Lizenz

Zeitz - Das hatte sich Thomas Bauer anders vorgestellt. Vor drei Jahren war er aus Gera in eine Doppelhaushälfte in einem Dorf nahe Zeitz gezogen. „Ich wollte die Ruhe auf dem Land genießen“, sagt der 53-Jährige. Doch daraus wurde nichts. Ohne es zu wissen, hatte er die Hälfte eines Doppelhauses erstanden, in dem offenbar seit Jahren ein Rechtsstreit tobt. Wohl auch deshalb hatten die Vorbesitzer ihre Hälfte verkauft, vermutet Thomas Bauer, der auf einem kommunalen Bauhof arbeitet.

In diesem Streit geht es nicht um den klassischen Gartenzaun, sondern um eine fehlende Mauer. Das Amtsgericht Zeitz hatte entschieden, dass ein kleiner Raum in Bauers Wohnbereich zugemauert und dem Nachbarn überlassen werden muss. Dafür soll ein Durchbruch zur andere Haushälfte geschaffen werden. Der Grund: Ein Nutzungsrecht aus den 1970er Jahren, das ein Vorbesitzer der Familie des Nachbarn eingeräumt und ins Grundbuch hatte eintragen lassen. Darin soll dem Nachbarn die Nutzung des Raums zugesichert worden sein.

Doch dort steht nicht nur Bauers Waschmaschine, sondern auch sein Schornstein mit der Reinigungsklappe. Sollte der Raum nun durch eine Mauer von seinem Wohnbereich abgetrennt werden, wäre die vorgeschriebene Wartung kaum mehr möglich. Zwar hat der Anwalt des Nachbarn versichert, dass der Schornsteinfeger jederzeit Zugang zur Esse erhalten würde. Da die beiden Nachbarn aber schon seit Jahren im erbitterten Streit liegen, traut Bauer der Zusage nicht.

Mittlerweile ist er völlig verzweifelt. Am liebsten würde er seine Doppelhaushälfte verkaufen und wegziehen. „In dieser Situation will allerdings niemand das Haus haben“, sagt er. Warum der Nachbar den Raum unbedingt will, habe dieser nie gesagt.

Inzwischen ist allerdings unklar, wie weit das Nutzungsrecht eigentlich reicht. „Auf den Grundrissen ist deutlich erkennbar, dass der Raum mit dem Schornstein davon gar nicht betroffen ist“, sagt Thomas Lehe, Bauers Anwalt. „Es ist völlig unverständlich, warum das Gericht das nicht anerkannt hat.“ Zudem ist ein Brandschutzexperte zu dem Schluss gekommen, dass der Schornstein erreichbar sein muss. Auch der Bezirksschornsteinfeger Jens Holthausen hat schriftlich bestätigt, dass der Zugang auf dem kürzesten Weg vom Hauseigentümer gewährleistet werden muss. „Wenn mein Mandant keinen Zugang zu seiner Esse hat, zwingt ihn das Gericht praktisch, einen rechtswidrigen Zustand herzustellen“, so der Jurist.

Wehren konnte sich Bauer dagegen nicht mehr. Als er die Doppelhaushälfte gekauft hatte, war der Rechtsstreit mit dem Vorbesitzer schon zu weit fortgeschritten. Von dem Prozess mit dem Vorbesitzer habe er damals auch nichts gewusst. „Sonst hätte ich das Haus doch nie gekauft“, sagt er.

Da inzwischen alle Rechtsmittel ausgeschöpft sind, hat Bauers Anwalt einen dringenden Appell an die Stadt Zeitz gerichtet. In einem Brief bittet er darum, bei einem kurzfristigen Vor-Ort-Termin zu prüfen, ob eine Mauer gegen das Bauordnungsrecht verstoßen würde. Nach Möglichkeit soll die Verwaltung einen Baustopp verfügen.

Für das Amtsgericht ist der Fall allerdings endgültig abgeschlossen. „Das Urteil ist rechtskräftig. Damit ist die Sache erledigt“, sagt Ernst-Wilhelm Schulze, Direktor des Gerichts. Nach Aktenlage des Gerichts befindet sich die Esse innerhalb des Nutzungsrechts. Laut Bauers Grundriss allerdings nicht. „Die Richter waren nicht einmal in meinem Haus, um sich den Raum anzuschauen. Ich kann diese Sturheit nicht verstehen“, schimpft er.

Auf Nachfrage der MZ bestätigte der Anwalt des Nachbarn, dass er das Nutzungsrecht durchsetzen werde. Bis Montag soll Bauer nach dem Willen des Gerichtes den Zugang zum Schornstein zumauern. Andernfalls muss er ein Zwangsgeld von 5 000 Euro zahlen. (mz)