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Zeitz Zeitz: Jubiläum - und das Haus ist voll

Von maike Helm 26.02.2012, 18:53

Zeitz/MZ. - Von Anfang an - also seit 1991 - mitgespielt hat Hans-Dieter Krause. Mit 57 Jahren ist er der älteste der Gruppe und stand bereits in vielen Rollen auf der Bühne. Für das aktuelle Stück übernimmt er die Geräuschkulisse. "Bei uns werden die Töne handgemacht", erklärt die ehrenamtliche Handicap-Leiterin und Schauspielerin vom Theater 304 Gisela Reimann. Gemeinsam mit Krause imitierte sie Tiere und Naturgeräusche.

Das jüngste Mitglied ist Marleen Fischer. Die 14-Jährige schlüpft in die Rolle der Gretel und ist anders als alle weiteren Schauspieler von "Handicap" nicht behindert. Nachdem sie ihre Schwester zu einer Probe begleitete, wollte sie Teil des Teams werden. "Ich war eigentlich nur als Ersatz eingesprungen, bin dann aber richtig eingestiegen", erklärt die Schülerin. Ihr Hauptbeweggrund: "Ich lerne hier soviel über Toleranz." So möchte sie noch möglichst lange mit "Handicap" auftreten und das Team, falls ihr die Schule, Ausbildung oder Arbeit einmal die Zeit zum Proben nehmen sollte, als Besucher begleiten. Das freut ihre Schwester Katrin, die im Märchen Gretels Mutter spielt. "In der Rolle darf ich auch einmal richtig schimpfen und das macht Spaß", berichtet sie. Ihr Lieblingsstück ist allerdings das vom Wolf und den sieben Geißlein. Denn hier durfte sie das siebte und kleinste Geißlein spielen und sich in der Uhr verstecken.

Weniger gern - aber mit Bravur - spielt Astrid Dietzel die "bösen Rollen". Sie war nach der Auflösung der Theatergruppe Rasselbande aus Osterfeld nach Zeitz gekommen und verkörperte nun die Hexe. Reimann sieht gerade in bösartigen Charakteren die Herausforderung des Schauspiels. "Prinzessin sein ist langweilig", erklärt sie. Dass Astrid Dietzel dieser Herausforderung gewachsen ist, bestätigt Zuschauerin Dagmar Zschiesche. Sie war aus ihrem Interesse an Kultur in das Jugendclubhaus gekommen und begeistert von der Ausstrahlung und Stimme der Hexe.

Auch Marcel Meinel, der Hänsel darstellt, stammt ursprünglich aus der Theatergruppe Rasselbande und ist froh, in Zeitz seiner Leidenschaft, dem Schauspiel, weiter nachgehen zu können. Zum Theater-Team gehören auch Helfer, wie beispielsweise Frank Werner. Seine Frau spielt auf der Bühne mit und er begleitet seit dem vergangenen Sommer die Proben und Aufführungen mit seiner Kamera. "Das ermöglicht genaue Analysen und so kann ich der Gruppe beim Lernen helfen," erklärt er. Ebenso aktiv ist Ingelore Gastel - allerdings mit Kuchen und Kaffee, den sie vor und nach der Vorstellung anbietet. Sie ist durch andere Behinderte auf das Ensemble aufmerksam geworden und stolz, dass ihre Tochter Sandy eine eigene Rolle spielt. Denn durch ihr Down-Syndrom fällt ihr das Sprechen schwer. "Frau Reimann hat sie deshalb als Sandmännchen auftreten lassen. So spielt sie mit, ohne zu sprechen", lobt die Mutter.

Gisela Reimann sagt, dass die Proben mit behinderten Kindern und Erwachsenen gar nicht so eine große Umstellung seien. So habe sie nie Berührungsängste verspürt. Weder vor zwanzig Jahren, als sie eine Behinderten-Gruppe durch das Zeitzer Theater führte und auf die Frage "Wann spielen Sie Frau Holle?" das Ensemble "Handicap" gründete, noch heute, wenn sie ihre Schützlinge auf die Bühne schickt. "Es ist alles etwas inniger. Wir feiern jeden Geburtstag und kosten auch die Zeit in unserem Probenlager in Kretzschau mit Spielen, gemeinsamen Essen und Spaziergängen voll aus", erklärt Reimann. Dieser familiäre Umgang und auf der Bühne Applaus zu ernten, bedeuten den Mitgliedern von Handicap sehr viel.

Mitglieder und Unterstützer sind immer willkommen. Geprobt wird freitags von 13.30 Uhr bis 15.30 Uhr im Jugendclubhaus Schuppen in Zeitz.