Zeitz Zeitz: Der Gitarre verschworen
Zeitz/MZ. - Wenn man etwas über Rainer Linke erzählen will, dann muss man etwas über eine außergewöhnliche Liebesgeschichte erzählen. Und die hat etwas zu tun mit Musik, Schönheit, idealen Formen, Gefühl und ein wenig Perfektion. Wie Liebesgeschichten eben. Doch die große Liebe von Rainer Linke gehört der Gitarre. Und es ist mehr als eine Liaison, es war Goldene Hochzeit angesagt. Die Geschichte, die Rainer Linke zum Gitarrenbauer machte - Handarbeit made in Geußnitz - begann 1961.
Er hatte Möbeltischler gelernt. Daran ist nichts verkehrt, denn wer ein wirklicher Künstler in seinem Bereich werden will, braucht das Handwerk. Doch Ende der Fünfziger, Anfang der Sechziger des vergangenen Jahrhunderts, das war auch musikalisch eine besondere Zeit. Cliff Richards brachte 1959 eine Fender von den USA mit nach England. Fender, das ist die Harley Davidson unter den Gitarren. Und es ist mehr als verständlich, dass das den jungen Rainer Linke beeindruckte. "Angefangen hat es mit dem Interesse an der Musik und dem Gitarrespielen", erzählt er, "dabei faszinierte mich die englische Band The Shadows." Nach den ersten Versuchen, getragen vom unbändigen Willen, Gitarre spielen zu lernen, um einige Titel dieser Musiker zu spielen, wurde sein Traum Wirklichkeit.
"Meine erste Gitarre war 1962 eine Halbresonanz, eine E-Gitarre aus Markneukirchen", erzählt er, "bis heute spiele ich sie noch, das sind nun 50 Jahre." Er spielte im Orchester, Solo, in Bands. Und fing 1986 mit noch einem "Besessenen" an, selbst Gitarren zu bauen. "Alle Holzarbeiten wurden von mir, die anderen Arbeiten von meinem damaligen Partner ausgeführt." Er erinnert sich an so manche Begebenheit: Die Spulen wurden anfangs auf dem Küchentisch gewickelt und gelötet, bis eine Wickelmaschine aus den 60er Jahren Einzug hielt. Die Gitarren fanden großen Anklang, auch bei Profis der Szene. 2007 trennten sich die Wege der beiden.
"Seitdem baue ich allein Gitarren." Die Instrumente werden fast ausschließlich aus einem Stück gebaut. Für den Bau verwendet Linke Süßkirsche, Wildkirsche, Birnbaum, Erle, Esche, Ahorn sowie Mahagoni. Für die Griffbretter werden Süßkirsche, Riegelahorn, Feldahorn, Mooreiche und Ebenholz verwendet. Die Sattel bestehen aus Rinderknochen oder schwarzem Tierhorn. In seinem Haus in Geußnitz hat sich der leidenschaftliche Selfmade-Gitarrenbauer seine Werkstatt eingerichtet und dort ist auch seine Gitarrensammlung zu sehen. Mit einigen Stücken nahm er bereits erfolgreich an großen Messen teil.
Linke lebte bis 1982 in Würchwitz, zog dann nach Geußnitz. Er arbeitet schließlich nach einem Studium in der Landwirtschaft. Der Gitarre blieb er treu, entdeckte aber auch ein anderes Betätigungsfeld: Mit viel Elan und Liebe zum Detail werkelte er an Haus und Grundstück und schuf ein echtes Schmuckstück. Drei Töchter und einen Sohn hat er. Doch als 2003 seine Frau an Krebs starb, machte ihm alles nicht mehr so viel Freude. Erst als drei Jahre später seine jetzige Frau eingezogen sei, ging es wieder aufwärts, sagt er. "Ich habe mein Lebensglück gefunden", stellt er fest. Bei allem ist er Optimist geblieben. Auch als er nach der Wende in verschiedenen Beschäftigungsverhältnissen am Ende nur wie am Fließband arbeitete, für Kreativität wenig Raum blieb, und er immer nur für kurze Zeit wieder etwas fand, hatte er doch seinen Halt: In Geußnitz mit seiner Familie, mit seiner Gitarre, die er auch spielt - bei vielen Veranstaltungen als mehr als nur musikalisches Beiwerk.