Zeitz Zeitz: Am Haken
Zeitz/MZ. - Dienstagvormittag auf dem Zeitzer Altmarkt: Fotoapparate klicken, Handykameras laufen, Zeitzer schauen interessiert. Fred Aust und Steffen Köckritz schieben Transportgurte am Denkmal für die Opfer des Faschismus zurecht, ruckeln, prüfen. Wenig später schwebt die etwa eineinhalb Tonnen schwere Figurengruppe durch die Luft. Sie hatte seit 1950 auf einem Sockel vor dem Rathaus ihren Platz und dort gelitten. Die Gruppe aus Stahlguss soll im Auftrag der Stadt in den nächsten Monaten in Lauchhammer (Sachsen) restauriert werden. Rost hat sich nicht nur an den Füßen der riesigen Plastiken ins Material gefressen. Auch an den Köpfen gibt es Schäden. "Da hat aggressiver Taubenkot gewirkt", stellt Kai-Uwe Schmidt (43) fest. Schmidt ist Schmiedemeister, kennt sich aus in der Metallmaterie. Und Schmidt ist heimatgeschichtlich interessiert. Grund genug für ihn, trotz Nieselregens auf dem Altmarkt zu stehen, um zu sehen, wie das Mahnmal auf einen Tieflader gehievt wird. "Es ist höchste Zeit, dass das Denkmal saniert wird, um es zu erhalten", sagt Schmidt. Im gleichen Atemzug bekennt er, dass es immer mit Emotionen verbunden ist, wenn so etwas bewegt wird. Als die Figurgengruppe für wenige Augenblicke zu ebener Erde steht, ist er so nahe wie nie zuvor an ihr dran. "Da bekommt man eine ganz andere Perspektive, erkennt Details ganz anders", sagt er.
Wieder aufgestellt werden soll das Denkmal auf einem sanierten Altmarkt, etwas links von dem gewohnten Standort. Das stößt nicht nur auf Gegenliebe. Gegner wie Norbert Hörig von der Stadtratsfraktion Wir - KPD / Unabhänige sehen darin eine Demontage der Wirkung des Mahnmals. Schmidt allerdings hält es für möglich, dass es an anderer Position auf einem neu gestalteten Platz durchaus besser zur Geltung kommen könnte. Zu denen, die eifrig fotografieren, wie das Denkmal am Haken hängt, gehört Ronald Weber aus Zeitz (40). "Das wollte ich mir angucken", sagt er, "schließlich war ich nicht dabei, als die Plastik aufgestellt worden ist." Überhaupt wolle Weber die ganze Umgestaltung des Altmarktes für das private Archiv festhalten. "Dieser Akt ist ein wichtiger Schritt", sagt er. Für ihn gibt es noch eine Überraschung. Er habe festgestellt, dass es sich um Hohlfiguren handelt. "Ich dachte immer, das ist alles massiv", so Weber. Mit kritischem Blick verfolgt Heiko Schöpka das Geschehen. Zwar sei er auch dafür, dass das Denkmal saniert wird, aber er hat etwas gegen einen anderen Standort. Er fürchtet, am neuen werde es bedeutungsloser.
Die nächste Zeit wird die Gruppe in der Kunstgießerei Lauchhammer verbringen, in deren Auftrag Aust und Köckritz die Plastik vom Sockel genommen haben. Die Männer betreiben eine Firma für Metallrestaurierung und meinen, dass die Gruppe auseinandergenommen wird. Das Abheben ist aus ihrer Sicht ein "normaler Auftrag". Wichtig sei, die Figuren so zu sichern, dass sie nicht beschädigt werden und dass die Gruppe nicht wegkippt. Schließlich wisse man nicht, welche Figur am schwersten ist. Generell sei es knifflig herauszufinden, wie so eine Plastik verankert ist, um die Befestigung zu lösen. Die Zeitzer Gruppe wurde von einem Bolzen durch die Grundplatte festgehalten. Um ihn zu lösen, rotierte der Trennschleifer, Funken sprühten.