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Übertriebene Zettelwirtschaft Übertriebene Zettelwirtschaft: Mehr Transparenz durch den Kassenbon zur Brötchentüte?

Von Isabell Bergner 11.12.2019, 06:00
In den Zeitzer Bäckereien gibt es ab nächsten Jahr zu jeder Brötchentüte automatisch einen Kassenbon dazu.
In den Zeitzer Bäckereien gibt es ab nächsten Jahr zu jeder Brötchentüte automatisch einen Kassenbon dazu. René Weimer

Zeitz - Es sind meist kleine Beträge, die man beim Bäcker ausgibt. Ein Brötchen kostet wenige Cent, auch ein Stückchen Kuchen oder ein Brot kosten keine immensen Summen. Dennoch soll es ab 2020 für jeden Kunden etwa zur Brötchentüte automatisch auch einen Kassenbon geben. Was man aus dem Supermarkt kennt, soll flächendeckend angewandt werden und wird somit auch kleine Handwerksbetriebe wie Bäckereien oder Eisdielen betreffen. Damit will das Bundesfinanzministerium mehr Transparenz in das Geschäft mit dem Bargeld bringen und so Steuerbetrug verhindern.

Neue Regeln ab 2020: Händler rüsten derzeit ihre bestehenden Kassensysteme auf

Übertrieben findet Bäcker Hardy Kunze aus Kayna den Vorstoß des Ministeriums. „Im Prinzip ist es mehr Bürokratie, dabei wird ständig von Bürokratieabbau für kleinere Unternehmen geredet“, sagt Kunze. Sowieso müsse bereits jetzt jeder verkaufte Artikel in der Kasse eingegeben werden.

Seit 2017 besteht für elektronische Registrierkassen die Pflicht, dass diese Daten elektronisch gespeichert und bei einer Kontrolle durch das Finanzamt jederzeit abrufbar sein müssen. Mit dem Jahreswechsel müssen diese Daten außerdem durch manipulationssichere Software geschützt werden, weshalb Händler derzeit ihre bestehenden Kassensysteme aufrüsten oder sich gar neue zulegen müssen.

Mehr Transparenz weniger Umweltfreundlichkeit?

Nun soll über den Bon eben auch mehr Transparenz in Richtung Verbraucher ermöglicht werden. Bisher können sich Käufer den Beleg auf Wunsch ausdrucken lassen. Dabei nehmen seine Kunden nur ungern einen Bon mit, berichtet Bäcker Kunze aus seinem Alltag. Passanten in der Zeitzer Innenstadt bestätigen diesen Eindruck. „Für Brot nehme ich keinen Bon mit“, sagt etwa Petra Hoffmann aus der Elsteraue.

Für die Belegpflicht habe sie wenig Verständnis, besonders da eigentlich alles für die Umwelt getan werden solle. Denn die Belege werden meist auf haltbares Thermopapier gedruckt, das nicht in den Papier-, sondern in den Restmüll gehört. Umweltunfreundlich finden auch Stephanie Pohle und Eva Knechtel den Vorschlag.

Kassenbons beim Bäcker unnötig: Müll und zusätzliche Belastung

„Wir sind gegen die Bonpflicht“, sagen die beiden Zeitzerinnen, die eben ein Stück Kuchen gekauft und dafür keinen Bon verlangt haben. „Außerdem ist es eine zusätzliche Belastung für die Kassierer. Und am Ende fliegt draußen wieder alles rum“, fügt Pohle hinzu.

Unverständnis für den Vorschlag haben auch die Verkäuferinnen Monika Müller und Margit Blache. „Das ist Papierverschwendung und unheimlich viel Müll“, sagen die beiden Angestellten der Schäfer’s-Filiale in der Schützenstraße.

Wie viel Müll da tatsächlich zusammenkommen könnte, das rechnet Manfred Stelmecke, Landesinnungsmeister des Bäckerhandwerks und Staßfurter Bäcker, vor. Eine Papierrolle für Kassen ergebe etwa 70 Belege. Bis zu fünf Rollen verbrauche eine seiner Filialen derzeit pro Monat, das sind etwa 350 Belege. „Mit der Einführung der Bonpflicht würden wir die fünf Rollen täglich verbrauchen“, schätzt Stelmecke.

„Der Aufwand ist groß, für jede Kugel Eis einen Bon auszustellen“

Nicht ohne erhebliche Mehrkosten, die bei seinen insgesamt zehn Geschäften monatlich bei etwa 1000 Euro liegen, so der Staßfurter Bäcker. „Es ist eine zusätzliche Pflicht für die Bäcker. Einen Vorteil sehe ich darin nicht“, sagt der Landesinnungsmeister.

In Eisdielen zeichnet sich ein ähnliches Bild ab, wie in den Bäckereien. „Der Aufwand ist groß, für jede Kugel Eis einen Bon auszustellen“, sagt Heike Käding vom Eiscafé Millenium am Neumarkt. Sehr selten verlange die Laufkundschaft einen Beleg für das kühle Naschwerk. „Jedes Mal gleich alles einzugeben und den Bon zu drucken, das dauert. Ärgerlich für die Kunden, so lange zu warten“, meint die Eisverkäuferin. (mz)