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Start in spannenden Zeiten Start in spannenden Zeiten: Die Mitteldeutsche Zeitung feiert 30 Jahre

Von Isabell Bergner 17.03.2020, 16:50
Lokalreporterin Isabell Bergner hat mit dem damaligen Zeitzer Redaktionsleiter Rolf Schmidt über die Anfangszeit der Mitteldeutschen Zeitung gesprochen.
Lokalreporterin Isabell Bergner hat mit dem damaligen Zeitzer Redaktionsleiter Rolf Schmidt über die Anfangszeit der Mitteldeutschen Zeitung gesprochen. René Weimer

Zeitz - Der Start der Mitteldeutschen Zeitung vor 30 Jahren ist eng verbunden mit den Ereignissen der Wendezeit. Den Wechsel der Zeitzer Lokalredaktion von der Freiheit zur MZ hat der damalige Leiter Rolf Schmidt erlebt. „Der Übergang war eine echte Zäsur“, blickt Schmidt zurück. Seine Redaktion sei gleich doppelt unterstellt gewesen - zum einen der Chefredaktion, zum anderen aber auch der Leitung des damaligen SED-Kreises. „Es gab eine starke Reglementierung von der Kreisleitung“, meint der 79-jährige Schmidt.

„Es ging darum, Vertrauen aufzubauen, und nicht darum, Leute durch den Dreck zu ziehen“

Als Verleger Alfred Neven DuMont die Zeitung 1990 übernahm, habe sich das schlagartig geändert. Vor allem in dieser Anfangszeit habe man viel mehr Narrenfreiheit gehabt, denn schließlich hatte die Kreisleitung nichts mehr zu sagen. Dennoch habe er gewisse Grenzen gewahrt, sagt der ehemalige Redaktionsleiter. „Es ging darum, Vertrauen aufzubauen, und nicht darum, Leute durch den Dreck zu ziehen“, sagt er.

Mit kompromittierenden Geschichten habe er sich zurückgehalten und sei mit dieser Strategie gut gefahren. „Was mich immer wieder gefreut hat, war, wenn Leute auf mich zugekommen sind und mir etwas erzählt haben“, meint Schmidt. Das habe ihm einige Türen geöffnet und Zugang zu Informationen verschafft.

Genscher in Zeitz

Bis zur Übernahme der Zeitung hatten auch Schmidt und seine Kollegen die Unsicherheiten der Wende zu spüren bekommen. „Niemand wusste, wie es weitergeht. Was wird aus der Zeitung und letzten Endes aus einem selbst?“, sagt Schmidt, der heute noch in Theißen lebt. Es sei dennoch eine spannende Zeit gewesen, mit viel Arbeit bis in den späten Abend und manchmal auch in die Nacht hinein. Denn Schmidt und seine Kollegen begleiteten damals die zahlreichen Demonstrationen und Veranstaltungen.

Auf der Zeitzer Seite der letzten Ausgabe der Freiheit vom 16. März lässt sich etwa ein Artikel von Schmidt entdecken, in dem er über den Besuch von BRD-Außenminister Hans-Dietrich Genscher berichtet. Tausende Zeitzer waren damals auf den Wilhelm-Külz-Platz, heute Neumarkt gekommen, um Genscher zu empfangen. Einen Tag später erschien die erste Ausgabe der Mitteldeutschen Zeitung.

Fernschreiber bringt Redaktion Vorteil gegenüber örtlichen Ausgaben

Auf deren Lokalseite dankt Rolf Schmidt allen Engagierten sowie für die Arbeit am Langen Tisch. Und appelliert an die Zeitzer: „Gehen Sie zur Wahl, denn wer nicht wählt, verpasst eine Chance für sich, für uns alle.“ Denn am folgenden Tag standen die Volkskammerwahlen an, die erstmals nach demokratischen Grundsätzen stattfanden. „Die Leute wollten in dieser Zeit besonders informiert sein, das Bedürfnis danach war sehr groß“, erzählt Schmidt.

Dank eines Fernschreibers habe seine Redaktion einen entscheidenden Vorteil gegenüber der örtlichen Ausgabe der CDU-Zeitung Neuer Weg gehabt. So konnten Schmidt und seine Kollegen auch noch über Ereignisse am Abend berichten und kurze Texte nach Halle nachschicken. Neben dem aktuellen politischen Geschehen schrieb er nun mehr Geschichten aus der Heimat sowie Themen des Naturschutzes.

Ehemaliger Leiter der Lokalredaktion schreibt insgesamt neun Heimathefte

„Es hat Spaß gemacht, endlich freier schreiben zu können. Allerdings brachte das auch eine gewisse Verantwortung mit sich, denn man musste für die eigenen Artikel gerade stehen“, sagt Schmidt. Mit der Übernahme der Zeitung durch DuMont kam auch die Sicherheit, die Zeitzer Redakteure wurden vom Verlag übernommen.

Bis 1995 leitete Schmidt die Zeitzer Lokalredaktion. Das Schreiben hatte er jedoch nicht lassen können und verfasste für den Theißener Heimatverein insgesamt neun Heimathefte. Die Mitteldeutsche Zeitung liest er bis heute, ganz klassisch im Papierformat. (mz)