Seniorenlandhaus Kretzschau Seniorenlandhaus Kretzschau: Eine große Familie

Kretzschau - Eine muntere Runde von Senioren sitzt unter Sonnenschirmen auf der Terrasse des Seniorenlandhauses Kretzschau. Gemeinsam mit Betreuern und Ergotherapeuten wiegen und messen sie Zutaten für einen Quarkkuchen ab. Eva Kriebitzsch rührt alles in einer großen Schüssel zusammen. Seit 20 Jahren wohnt sie im Seniorenlandhaus. „Ich bin gleich am zweiten Tag im August 1995 eingezogen“, erinnert sich die 77-Jährige. Zuvor lebte sie im Zeitzer Hochhaus, wurde hier von Gemeindeschwester Sieglinde Eckardt betreut, so lernten sie sich kennen. „Ich lebe gern in Kretzschau, hier habe ich meine Abwechslung und jeden Tag regelmäßig Beschäftigung. Ich habe mein eigenes Zimmer mit meinen Möbeln und genieße den herrlichen Ausblick über den See“, sagt sie. Im Alter von acht Jahren hatte sie Kinderlähmung, ist bis heute einseitig gelähmt und sitzt seit zirka anderthalb Jahren im Rollstuhl. Allein käme sie wohl nicht mehr zurecht. Für sie war es ein Glücksfall, dass genau vor 20 Jahren das Seniorenlandhaus eröffnet wurde.
80 Frauen und Männer leben hier, der jüngste Bewohner war 42 Jahre, der älteste 104. Die meisten kommen aus der Region, im Ausnahmefall auch mal aus Mecklenburg-Vorpommern. „Für viele sind wir zu einer neuen Familie geworden, denn zahlreiche Kinder zogen nach der Wende der Arbeit hinterher und gingen in den Westen“, erzählt Geschäftsführer Roberto Eckardt. In das weite Feld der Seniorenbetreuung wuchs er schon als Kind hinein, denn seine Mutter arbeitete im Stadtteil Völkerfreundschaft als Gemeindeschwester. „Mein Kinderzimmer war die Schwesternstation“, sagt er heute.
45 Beschäftigte im Haus
In Kretzschau hatte die Familie einen Garten und fand das Dorf schon immer schön. „Die Bürgermeisterin Gertraud Dürholt hat uns bei den bürokratischen Hürden sehr geholfen, ihr sind wir bis heute dankbar und so hatten wir sie auch zu unserem 20-jährigen Bestehen eingeladen“, sagt Eckardt. Die Arbeitsteilung zwischen Mutter und Sohn war klar geregelt, die Mutter kümmerte sich vor allem um die pflegerischen Aspekte, er um die Buchhaltung und Verwaltung. Mit drei Mitarbeitern fing alles an, heute zählt das Seniorenlandhaus 45 Beschäftigte im Haus. Dazu gehören neben dem Pflegefachkräften, Mitarbeiter in Verwaltung, Küche, Wäscherei, Reinigungspersonal und Hausmeister, aber auch Logopädin, Physiotherapeutin und Betreuer. Hinzu kommen weitere 20 Mitarbeiter im ambulanten Pflegedienst. Verwaltungsmitarbeiterin Steffi Lürsen ist schon 18 Jahre im Unternehmen und Schwester Peggy Einhorn seit zehn Jahren. Den Namen „Oberschwester“ trägt hier allerdings eine Katze. Ganz neu im Team ist Julia Heinzelmann. Die junge Frau begann gerade ihre Ausbildung. „Die Pflegelandschaft hat sich komplett verändert und wird sich durch die demografische Entwicklung weiter wandeln“, sagt Eckardt. Der Aufwand an Bürokratie und Verwaltung steigt weiter, der Bedarf an Plätzen im Pflege- und Altersheim auch. „Wir werden unser Seniorenlandhaus nicht erweitern, denn ich leide nicht unter Langerweile. Mein Tag ist komplett ausgebucht“, sagt Eckardt. So findet man den 49-Jährigen auch mal als Aushilfe in der Küche, als Fahrer der hauseigenen Kutsche und in regelmäßig auf dem Rasentraktor. „Beim Rasenmähen finde ich meinen Ausgleich zum Bürojob“, sagt der Chef.
In diesen Tagen schaut er den Handwerkern über die Schulter. Im Speisesaal werden nach 20 Jahren die großen Fenster ausgetauscht. Die Fassade wurde bereits neu gestrichen. Regelmäßig werden Zimmer renoviert und bei Bedarf Fußbodenbeläge ausgewechselt. (mz)