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Reaktionen zum AfD-Vorsprung in Zeitz Reaktionen zum AfD-Vorsprung in Zeitz: "Ich habe es befürchtet aber nicht so krass"

Von Angelika Andräs und Iris Richter 26.09.2017, 11:56
Doreen Gellert (rechts) und Ines Will haben die Wahlurne geöffnet und leeren sie zur Auszählung aus.
Doreen Gellert (rechts) und Ines Will haben die Wahlurne geöffnet und leeren sie zur Auszählung aus. René Weimer

Zeitz - „Die AfD vor der CDU in Zeitz?“, sagt Jochen Gentsch, „ich will es nicht glauben, aber ich habe es fast erwartet.“ Der Zeitzer, der in der Fußgängerzone unterwegs ist, dreht sich um die eigene Achse. „Die Ursachen liegen hier. Sie liegen in der Stadt, im Land, auf jeden Fall bei der Politik.“ Würden sich nämlich die Leute nicht mehr von ihren Volksvertretern vertreten fühlen, dann suchten sie sich neue.

Eine junge Frau, die allerdings ihren Namen nicht nennen will, bekennt ganz offen: „Ich habe AfD gewählt. Vieles von dem, was die sagen, sehe ich genauso. Ich bin deswegen kein Nazi, es geht nicht um Flüchtlinge und Asyl, es geht einfach um die Probleme, die ich zum Beispiel als Mutter von zwei Kindern habe.“

AfD-Hochburg Zeitz: Unverständnis bei der CDU über die Wahl

27,6 Prozent der Wahlberechtigten in Zeitz haben die AfD gewählt (siehe Tabelle, Zahlen ohne Briefwähler). Sie sorgten dafür, dass die CDU an zweiter Stelle landete. Dennoch zog Dieter Stier (CDU) als Direktkandidat des Wahlkreises 73 knapp vor Uwe Gewiese (AfD) in den Bundestag ein.

„Es war leider absehbar“, sagt CDU-Stadträtin Karin Wetzelt, „ich verstehe die Zeitzer nicht, die so gewählt haben: Seit fast zwei Jahren ist Poggenburg im Landtag. Was hat man von ihm gesehen, was hat er für Zeitz getan? Nichts.“ Auch ein Konzept, was erreicht werden soll, sieht sie bei der AfD nicht.

AfD-Hochburg Zeitz: Von Protestwählern zu reden, ist vielleicht zu einfach

Horst Heller (Linke) ist geschockt. „Ich habe es befürchtet, aber nicht so krass“, meint er. Von Protestwählern zu reden, ist ihm zu einfach. „Ich kann es aber auch nicht wirklich nachvollziehen“, sagt der Stadtrat, „aber eines ist klar: Wir werden offensiv damit umgehen und uns konsequent gegen die AfD stellen.“ Froh ist er, dass zumindest Die-Linke-Kandidatin Birke Bull-Bischoff über die Liste in den Bundestag gekommen ist.

AfD hat auch in Kretzschau gepunktet: Bürgermeisterin bekam von großer Unzufriedenheit in der Gemeinde nichts mit

„Was erhofft man sich davon, wenn man diese Partei wählt?“, sagt Anemone Just. Die Bürgermeisterin der Gemeinde Kretzschau (CDU) ist schon ein wenig überrascht, dass ihre Gemeinde in der Region mit ganz vorne liegt, was AfD-Wähler angeht. Zumal kein Flüchtling mehr in der Gemeinde lebt.

Immerhin haben 30,7 Prozent der Wahlberechtigten (ohne Briefwahl) in der Gemeinde Kretzschau die Rechtspopulisten gewählt, was einem Zuwachs von 25,2 Prozent entspricht. „Ich bin viel in der Gemeinde unterwegs und habe bisher nicht den Eindruck gewonnen, dass die Bevölkerung derart unzufrieden ist“, so Just. Sie frage sich allerdings angesichts des Wahlergebnisses selbstkritisch, was sie selbst in ihrer Arbeit falsch gemacht haben könnte.

AfD-Siegeszug auch in Osterfeld: Bürgermeister sieht viele als Protestwähler

Auch in Osterfeld hat die AfD kräftig zugelegt. Mit einem Plus von 20,7 Prozent im Vergleich zur Bundestagswahl vor vier Jahren haben 26,1 Prozent der wahlberechtigten Osterfelder AfD gewählt. „Ich glaube allerdings nicht, dass man jeden AfD-Wähler in die rechte Ecke stellen kann. Viele sind Protestwähler. Die Altparteien müssen lernen, auf die Sorgen und Ängste der Leute zu hören und wir sollten wieder in eine Basisdemokratie hineinkommen“, so der Bürgermeister der Kleinstadt Hans-Peter Binder (CDU). (mz)