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Otto Lange Otto Lange: Zeitzer Arzt im Visier der Nazis

Von Petrik Wittwika 14.12.2016, 15:30
Otto Lange war ein bedeutender Arzt in Zeitz, wo auch eine Straße nach ihm benannt ist.
Otto Lange war ein bedeutender Arzt in Zeitz, wo auch eine Straße nach ihm benannt ist. Petrik Wittwika

Zeitz - Der bekannte Zeitzer Arzt Otto Lange, an den jetzt wieder ein Gedenkstein erinnert, geriet in den 1930er Jahren ins Visier der Nationalsozialisten. Als am Abend des 1. Juni 1932 der „Jungvolkführer“ Werner Gerhardt von Helmut Fritz, einem gleichaltrigen Mitglied des Reichsbanners, am Wendischen Berg in einem Handgemenge niedergestochen worden war, wurde er ins städtische Krankenhaus eingeliefert und von Dr. Lange operiert. Entgegen des ärztlichen Rates erhielt Gerhardt von seinen Angehörigen immer wieder Lebensmittel zugesteckt, die den Heilungsprozess behinderten und letztendlich zu Komplikationen führten, an deren Folgen er einen Monat später verstarb.

Im Prozess gegen Helmut Fritz als Zeuge vorgeladen, bestätigte Lange, dass der 19 Jahre alte Werner Gerhardt nicht an der Stichverletzung, sondern an äußeren Einflüssen, wie der Nichteinhaltung seines strikten ärztlichen Verbotes, verstorben sei. Zum „Blutzeugen der Bewegung“ stilisiert, passte den Nationalsozialisten diese Aussage nicht in ihr Bild von einem Märtyrer. Als sie schließlich 1933 die Macht übernahmen, erkoren sie den systemkritischen Arzt nun endgültig zu ihrem Feind.

Gestapo hatte Arzt und seinen Sohn Wilhelm längst im Visier

Ohnehin hatte die Gestapo ihn und seinen 1916 geborenen Sohn Wilhelm längst im Visier. Dass im Keller von Langes Villa in der Geußnitzer Straße 18 geheime Pfadfindertreffen stattfanden, führte eines Abends zu einer Razzia, an der sich neben der Gestapo auch die Hitlerjugend beteiligte.

Ein Kesseltreiben ungeahnten Ausmaßes gegen Lange begann im Sommer 1933, das in der Denunziation durch einen Kollegen, den am Zeitzer Krankenhaus tätigen Assistenzarzt Werner Resch, seinen Höhepunkt fand. Zur Last gelegt wurden Lange angebliche Äußerungen, wonach er führende Nationalsozialisten in Thüringen als „Zuchthäusler“ betitelt hatte, sowie eine Reihe ärztlicher Verfehlungen, die sich allesamt als Lügen herausstellten, ihn aber zunächst in Untersuchungshaft brachten. Das in Halle am 31. August 1933 tagende Sondergericht führte rasch zu Langes Freispruch.

Sämtliche Behauptungen erwiesen sich als böswillig und haltlos

Sämtliche Behauptungen erwiesen sich als böswillig und haltlos. Dass die „Zeitzer Neuesten Nachrichten“ gleich einen Tag nach der Urteilsverkündung über den Ausgang des Prozesses berichteten und Dr. Langes „erwiesene Unschuld“ mit aller Deutlichkeit herausstellten, muss den Nationalsozialisten noch einmal bitter aufgestoßen sein.

Lange musste dennoch seinen Dienst als Chefarzt quittieren. Als Gynäkologe und Chirurg praktizierte der „Oberarzt im Ruhestand“ bis kurz vor Kriegsende in der Geußnitzer Straße 18. Reschs wohl insgeheim gehegter Wunsch, die Chefarztstelle einzunehmen, sollte sich nicht erfüllen, Arno Assor übernahm bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges die Leitung des Zeitzer Krankenhauses.

Eine Fingerverletzung, zugezogen während der komplizierten Operation seiner schwerkranken Ehefrau, führte zu einer Blutvergiftung, an deren Folge Dr. Otto Lange im Alter von erst 62 Jahren am 25. Januar 1945 auf tragische Weise im Zeitzer Krankenhaus, seiner jahrelangen Wirkungsstätte, verstarb. (mz)