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Nachtschwimmen Nachtschwimmen: Mit Geweih im Badeanzug zur Tanne

Von Holger Zimmer 16.11.2003, 19:50

Weißenfels/MZ. - Die Einzelrekorde früherer Jahre bleiben aber unangetastet, auch weil zum Beispiel Fünffachsieger Lars Gorzki fehlt. Eigentlich ist es das, was die Veranstalter wollen: Weniger Leistungsdruck und bessere Chancen sowie mehr Spaß für alle. Die Zielstellung trägt in diesem Jahr noch nicht ganz die erhofften Früchte. Mit 170 Aktiven kommen so wenige wie noch nie seit der Premiere 1992. Doch der Vorsitzende des Weißenfelser Schwimmvereins (WSV), Michael Lemke, betont, dass man 2004 auch mit einer Wertung für Paare mehr Breite erreichen wolle.

Ansätze gibt es aber schon diesmal. So zieht die Veranstaltung Melanie Reichel (15) und Marianne Ellmer (17) an, die die Behindertenschule in Hohenmölsen besuchen. Erstere betont, dass sie sonst nie schwimmen gehe. Am Ende kann sie sich über eine Urkunde freuen, die für sie 1 900 zurückgelegte Meter ausweist. Auch Elke Keck wächst über sich hinaus. Um Mitternacht hatte die 49-Jährige schon 8 000 Meter geschafft und erzählt, dass sie ab September, wenn die Halle öffne, versuche, einmal in der Woche zu schwimmen. Das aber klappe nicht immer. Doch gut sei die Bewegung bei Rücken- und Knieproblemen. 10 000 Meter wolle sie schaffen, "aber wenn ich merke, es geht nicht mehr, höre ich auf". Am Ende stehen sogar 15 000 Meter zu Buche, und sie bekennt, dass es Spaß gemacht habe. "Nur wer längere Pausen einlegt, hat Probleme."

Sie kann die Gratulation ihres Sohnes Jörg entgegennehmen. Der ist von Beginn an mit an der Spitze geschwommen. Bei 12 000 Metern stand seine Bestleistung bislang. Wenn er mehr bringe, sei er zufrieden, sagt er zu Beginn des neuen Tages. Immerhin schwimme er nur einmal wöchentlich seine 50 Bahnen (1,25 Kilometer). Es sei zwar schade, dass die Spitzenleute diesmal nicht dabei seien, doch ihm gehe es ohnehin nur darum, "die eigenen Grenzen" auszuloten. Am Ende hat der 25-Jährige 1 000 Meter Rückstand auf Karsten Weidling aus Uichteritz. Aber obwohl der Beste bei den Männern wegen Knieproblemen leicht humpelt, meint Jörg Keck: "Den Rückstand könnte ich nicht mehr aufholen. Immerhin hätte der Sieger noch mal ins Wasser steigen können." Seine Energie sei weg gewesen.

Almut Scheibert sorgt in einer der Schwimmpausen für ein Gaudi besonderer Art. Vier Staffeln müssen einen "lebenden" Tannenbaum mit Geschenken wie Flossen und Isolationsmatte sowie Hirsch-Heinrich-Geweih und Kerze schmücken und alles vom anderen Beckenrand holen. Während anderen das Stoff-Gehörn verloren geht, steckt es Carola Rex einfach in den Ausschnitt des Badeanzuges. Sie zündet als erste für ihr Team die Kerze an. Die ehemalige Weißenfelserin lebt heute in Halle-Neustadt und war zwischen 1996 und 1999 einmal Zweite und zweimal Dritte des Nachtschwimmens. Bis zum vergangenen Frühjahr habe sie in Schichten gearbeitet. "Deshalb konnte ich nicht ernsthaft trainieren."

Spaß gibt es bei der Staffel um Mitternacht. Die Masters des WSV können dabei zwar ihren eigenen Vorjahresrekord um 250 auf 3 400 Meter verbessern. Doch ein Team aus Halle-Neustadt ist noch um gut 100 Meter besser. Für die Weißenfelser ist das kein Beinbruch, wenngleich bei ihnen drei Sieger des Nachtschwimmens dabei sind: Holger Brückner (1992 / 1995), Michael Lemke (1993) und Heike Pydde (1999 bis 2001). Letztere nennt ebenfalls berufliche Gründe dafür, dass sie nicht mehr als Einzelstarterin antritt. Und die beiden männlichen Sieger erinnern sich, dass noch vor Jahren das Gewinnen wegen der vollen Bahnen schwerer war. Eine annähernd ähnlich gute Resonanz wünschen sie sich nun für 2004.