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Nach Insolvenz Burgenlandkreis-Klinikum Nach Insolvenz Burgenlandkreis-Klinikum: Krankenhäuser buhlen um die Mitarbeiter

Von Angelika Andräs 02.10.2019, 05:00
Dr. Alexander Fischer sprach zum Medizinischen Sonnabend im Zeitzer Klinikum über Cannabis in der Schmerztherapie.
Dr. Alexander Fischer sprach zum Medizinischen Sonnabend im Zeitzer Klinikum über Cannabis in der Schmerztherapie. René Weimer

Zeitz - Nach der Insolvenz des Burgenlandkreis-Klinikums verstärken andere Krankenhäuser und Kliniken im Umkreis ihre Werbung: Sie wollen qualifizierte Pflegekräfte und nutzen die Unsicherheit aus. Doch eine Massenabwanderung von Pflegepersonal und Ärzten, aber auch Mitarbeitern im Servicebereich der Krankenhäuser in Zeitz und Naumburg wäre ein fatales Signal, meinen Patienten und Bürger, aber auch Mitarbeiter in Zeitz.

So war der Medizinische Sonnabend, der im Zeitzer Georgius-Agricola-Klinikum stattfand, für viele ein „wohltuendes Stück Normalität“ in dieser Zeit. „Das ist wichtig“, sagte ein Besucher, „wir machen uns alle Sorgen, wie es mit dem Klinikum weitergeht. Und wenn dann die Medizinischen Samstage oder in Naumburg der Treffpunkt Gesundheit, wo wir auch gern dabei sind, weiter stattfinden, gibt uns das Normalität. Und Hoffnung, dass auch alles andere weiter bestehen bleibt.“

Arbeit am Konzept

Das Burgenland-Klinikum ist als erstes Krankenhaus in Sachsen-Anhalt pleite. GmbH-Geschäftsführer Lars Frohn hatte vor zehn Tagen Insolvenz in Eigenverwaltung beim Amtsgericht Halle angemeldet (die MZ berichtete). Die finanzielle Situation hatte sich zuvor dramatisch zugespitzt, die Finanzlücke könnte laut Geschäftsführung bis zum Jahresende bei elf Millionen Euro liegen. Dennoch klingen die Meldungen von der Geschäftsleitung und Burgenlandkreis als alleiniger Gesellschafter verhalten optimistisch.

Derzeit werde intensiv am Sanierungskonzept gearbeitet, das es möglich machen soll, beide Standorte zukunftsfähig aufzustellen sowie wirtschaftlich betreiben zu können, heißt es immer wieder. Und das ist nicht nur für die Patienten wichtig, sondern auch für die Mitarbeiter, denn um die wird derzeit nicht nur geworben, sondern mit harten Bandagen gekämpft.

„Wir älteren Kollegen haben hier unseren Lebensmittelpunkt“

„Wenn Kliniken, die man locker mit unter einer Stunde Fahrzeit erreichen kann, jetzt werben und sogar noch Geld bieten, wenn man zu ihnen wechselt, dann kommt der Eine oder Andere durchaus ins Überlegen“, sagt eine Mitarbeiterin aus dem pflegerischen Bereich in Zeitz, die ihren Namen natürlich in der aktuellen Situation nicht in der Zeitung lesen will. „Wir älteren Kollegen haben hier unseren Lebensmittelpunkt, vielleicht ein Haus, Familie und Freunde. Wir wollen auf keinen Fall weggehen und setzten darauf, dass es für uns in Zeitz weitergeht.“

Aber jüngere Mitarbeiter kämen schon mal ins Grübeln, wenn ihnen ein „Kopfgeld“ in Höhe von 6.000, 8.000 oder sogar 10.000 Euro geboten wird, wenn sie anderswo arbeiten. „Es wird sogar Hilfe beim Umzug zugesagt, falls man nicht jeden Tag pendeln will oder erst einmal ein Zimmer in Krankenhausnähe angeboten“, erzählt eine andere Mitarbeiterin, „ich würde eigentlich gern in Zeitz bleiben, aber so ein Angebot ist auch verführerisch.“

„Und dann sind die Angebote vielleicht nicht mehr so gut!“

Und wenn, dann würde sie es lieber jetzt annehmen, als abzuwarten. Schließlich könne bei allen Versuchen, beide Kliniken zu erhalten, Zeitz dennoch auf der Strecke bleiben. „Und dann sind die Angebote vielleicht nicht mehr so gut!“ Sie weiß von zwei Kolleginnen, dass die eines der Angebote annehmen wollen. „Aber andererseits lässt man dann auch hier alles gerade in so einer Situation im Stich.“

Auch für die Ärzte ist es keine einfache Situation. Sollen sie vorsorglich kündigen, um im schlimmsten Fall lange Fristen zu umgehen? Wie Jörn Röhler, selbst Oberarzt im Zeitzer Klinikum und Mitglied der Tarifkommission Ärzte der Marburger Bundes bestätigt, hat der Marburger Bund gemeinsam mit der Geschäftsleitung ein Sonderkündigungsrecht für die ärztlichen Mitarbeiter als Zusatzvereinbarung zum Haustarifvertrag Ärzte vereinbart.

Umstrukturierung kritisch und konstruktiv begleiten

Die Regelung sei ab sofort gültig. „Sie ermöglicht den ärztlichen Kollegen eine höhere Flexibilität und gibt der Geschäftsleitung und den Sanierern die Möglichkeit, die vorgesehenen Strukturveränderungen in der nächsten Zeit vorzustellen“, so Röhler, „vorsorgliche Massenkündigungen ärztlicher Kollegen zum 31. Dezember 2019 dürften damit abgewendet sein.“

Allerdings wollen auch die ärztlichen Mitarbeiter den laufenden Prozess der Umstrukturierung kritisch und konstruktiv begleiten. „Die Sicherheit und Zukunftsfähigkeit des Standortes hängt in nicht unwesentlichem Maß von den geplanten Veränderungen ab“, so Röhler. (mz)